Depressionen vor Chef lieber geheim halten?
Wir haben uns im Freundeskreis vor kurzem über das Thema Depressionen im Job unterhalten und da meinte eine Freundin von mir, dass sie auf gar keinen Fall wollen würde, dass ihr Chef von ihren Depressionen erfahren würde, wenn sie welche hätte.
Denn Krankschreibungen für Depressionen würden die meisten Chefs abschrecken, weil man bei Depressionen automatisch an Menschen denkt, die den ganzen Tag motivationslos zu Hause sind und die meisten Chefs Angst hätten, Verlust zu machen wenn Arbeiter unvorhergesehen ausfallen würden. In ihren Augen ist die Diagnose "Depressionen" automatisch ein Grund, jemanden nicht einzustellen und sie meint auch, dass Depressive mehr Sanktionen durch den Chef zu befürchten hätten, eben weil man so wenig Verständnis für eine derartige Erkrankung hat.
Wie denkt ihr darüber? Findet ihr es richtig, die Diagnose "Depressionen" vor dem Chef und den Kollegen geheim zu halten? Oder würdet ihr auch im Beruf jemandem anvertrauen?
Ich denke schon, dass man das einem Chef sagen kann. Zumal dieser ja sonst auch nicht erfährt, warum man ständig krank geschrieben wird und bei Depressionen geht es nun mal auch nur bis zu einem gewissen Punkt. Ich würde schon versuchen offen damit umzugehen, dann kann der Chef auch damit planen und man selber hat nicht noch den Druck des Chefs im Nacken, weil man darüber nachdenkt, wie er reagieren könnte.
Vielleicht kann man ja auch mit Verständnis rechnen, weil die Erkrankung ja immer mehr publik wird und sicherlich auch in vielen Familien wird es Betroffene geben. Wenn man dem Chef wirklich ehrlich die Situation erklärt, wird es einem schon weiter helfen.
Ich verstehe nicht ganz, ob man dem Chef vor dem Arbeitsbeginn bei dem Unternehmen von den Depressionen erzählen soll, also quasi beim Bewerbungsgespräch oder ob man das eben im Laufe der Zeit beichtet. Vor allem wenn man seit einiger Zeit in einem Unternehmen arbeitet, dann kann man nicht einfach so gekündigt werden, dafür gibt es unter anderem auch das Kündigungsschutzgesetz. Das ist eines von vielen Gesetzen die verhindern, dass man „einfach so" gekündigt wird. Eine verhaltensbedingte Kündigung kann bei Depressionen nur nach der ersten Abmahnung in Kraft treten.
Ich selbst würde meinen Kollegen nun nichts von meiner Erkrankung erzählen, außer ich freunde mich mit einem Kollegen sehr gut an und es entsteht ein privater Kontakt. Dann kann man solche Dinge schon sagen, denn das erleichtert auch die Freundschaft und den Umgang miteinander, vor allem weil Depressive auch nicht immer so einfach sind. Ich mache eine schulische Ausbildung und einige Lehrer wissen, dass es einige Probleme gibt. Das ist kein Freifahrtschein und nicht eine Entschuldigung für alles, aber meine Lehrer vertrauen mir auch da ich eben Einser-Schülerin bin. Bei mir liegt es einfach daran, dass ich meine neue Schule mag und meinen Lehrern auch vertraue.
Depressionen lassen sich leider nur sehr schwer verstecken. Daher würde ich lieber sagen, dass man diese hat. Zwar kann das natürlich abschrecken, vor allem die ganzen intoleranten Menschen. Doch es gibt auch viele, die Verständnis für Menschen mit dieser Krankheit haben.
Allerdings sollte man dazu auch sagen, wie man sich deswegen behandeln lässt. Denn es ist einfach so, dass man als depressiver Mensch antriebs- und motivationslos ist. Da ist die Angst des Verlustes im Betrieb nicht unbegründet. Aber wenn man dazu erzählt, dass man sich darum kümmert, um seine Lebensqualität wieder zu verbessern, hört sich das besser an, als wenn man nur von seiner Krankheit informiert.
Heutzutage gibt es da ja so viele Möglichkeiten, sich wegen Depressionen behandeln zu lassen. Da muss man natürlich erst heraus finden, was einem persönlich hilft, aber es ist möglich. Daher sollte jeder mit dem Verdacht auf Depressionen zu seinem Arzt gehen und sich beraten lassen.
Als ich meine letzte Arbeitsstelle antrat, hatte ich bereits die Diagnose Depressionen. Erzählt habe ich das erst mal nicht. Allerdings legte ich Wert auf einen Arbeitsvertrag, den es in dieser Firma leider nicht immer gab. Den musste man einfordern. Im Arbeitsvertrag stand was von Vorerkrankungen drin. Zumindest in dem Entwurf, den man mir vorlegte.
Die Kolleginnen waren generell Thema für sich. Die sagten mir bereits beim Probearbeiten, dass ich ein schlechter Mensch sei, weil ich das falsche Sternzeichen habe. Ein Grund mehr, denen nicht noch mehr Futter zu geben.
Ich denke nicht, dass man mir meine Depressionen wirklich anmerkte. Ich nahm allerdings auch Antidepressiva, die damals auch noch zeitweise wirkten. Noch dazu waren die Rahmenbedingungen in meinem Leben Thema für sich. Meine Mutter, die gerade die Diagnose Krebs bekommen hat, als ich da erst wenige Monate gearbeitet hatte. Die meine gesamte freie Zeit für sich beanspruchte und wenn sie es nicht tat, dann nahm mein Vater - ohne Rücksicht darauf wie es mir damit geht. Und ich bekam ständig gesagt, was ich alles nicht mache. Das war im Betrieb bekannt.
Meinem Chef gegenüber habe ich die Depressionen irgendwann erwähnt. Mit offenen Karten musste ich spielen, als ich so Rückenschmerzen hatte, das ich kaum noch stehen konnte. Ich traute mich damals nicht irgendwelche Schmerzmittel zu nehmen, weil ich nicht wusste, wie die sich mit meinem Antidepressiva vertragen.
Die Kommentare waren der Hit. Von ein wenig traurig ist jeder Mal und ich soll mich nicht so anstellen und so weiter bis hin zu ungläubigen Blicken und Kolleginnen forderten dann mehr Nachweise ein, wie zum Beispiel welche Medikamente ich nehme.
Generell hat man das zum Teil weidlich ausgenutzt. In dem Betrieb war es normal, dass einzelne Kolleginnen gemobbt wurden. Ich war durchaus ein willkommenes Opfer. Ich wusste quasi nie, was mich erwartete. Gleichzeitig war ich aber auch die, die immer gefragt wurde, wenn Not am Mann war. Ich habe zeitweise sechs Tage gearbeitet und habe mir dann noch Vorwürfe machen lassen müssen, wenn ich mal frei bekommen hatte.
Schlussendlich endete die Beschäftigung in dem Betrieb für mich in der Psychiatrie. Mir wurde noch während ich im Krankenhaus war gekündigt. Weder fristgemäß noch in irgendeiner Form angemessen.
Ich bin damals mit einer anderen Diagnose aus dem Krankenhaus entlassen worden. Meine ehemaligen Arbeitskolleginnen wissen das nicht. Der Betrieb ist in einer anderen Stadt und falls ich dort mal bin, mache ich einen großen Bogen um den Betrieb. Um eben auch nicht Rede und Antwort stehen zu müssen.
Ich denke, ich würde in Zukunft je nach Erkrankung entscheiden, ob der Arbeitgeber das wissen muss. Ich denke, in manchen Punkten wäre es damals sinnvoller gewesen, wenn ich mit manchen Dingen offener umgegangen wäre. Da ich mich zum Ende der Beschäftigung dort regelmäßig selbst verletzt habe, um überhaupt arbeiten gehen zu können, wäre ich für den Betrieb eh nicht mehr tragbar gewesen.
Heute müsste ich mit offenen Karten spielen, was zumindest einen Teil meiner Diagnosen betrifft. Unter anderem auch, weil ich zu lange aus dem Berufsleben raus bin. Und auch, weil man Narben sehen könnte, die sich auf Dauer auch nicht verdecken lassen.
Ich war in meinem Berufsleben, trotz psychischer Erkrankungen, die aber erst recht spät überhaupt festgehalten wurden, nie rein wegen der Erkrankungen krank geschrieben. In einem Fall war ich in der Kündigungsfrist krank geschrieben, weil es nach der Kündigung richtig Probleme mit dem Vorgesetzten (nicht dem Chef) gab. Heute würde ich das anders machen.
Man muss dem Chef überhaupt nicht sagen, warum man krank ist. Es geht ihm schlichtweg nichts an. Man gibt die Krankmeldung ab und wenn er fragt, warum man krank ist, kann man alles sagen, muss aber nicht die Wahrheit sagen. Deswegen steht auch auf der Krankmeldung nicht drauf, warum man krank ist. Einzig auf dem Wisch, der zur Krankenkasse geht steht drauf, was man hat.
Dem Chef gehen weder Fiberattacken, noch Darmprobleme und auch keine Depressionen was an. Wenn er es selber merkt kann er den Arbeitnehmer drum ansprechen. Dieser muss aber nicht die Wahrheit sagen.
So einfach ist die Frage gar nicht zu beantworten, wie ich finde. Wenn man sich um eine Stelle bewirbt, würde ich - wenn ich Depressionen hätte - diese nicht angeben. Man wird dann sofort abgestempelt und erst gar nicht eingestellt. Depressionen sind zwar eine Krankheit und weit verbreitet, aber richtig anerkannt als Krankheit sind sie nicht unbedingt bei jedem.
Wie eine Userin schon berichtete, sind die Kollegen oft nicht gerade mitfühlend und freuen sich, ein Opfer gefunden zu haben, das sie mobben können. So lange man die Krankheit verheimlichen kann, würde ich es auch vorschlagen. Wenn man dann aufgrund dieser Krankheit krank geschrieben wird, muss man nicht unbedingt einer neugierigen Kollegin die Wahrheit sagen, die dann eventuell ausgeschlachtet wird.
Ist man schon länger - Jahre im Betrieb tätig - kann man ein Vertrauensverhältnis aufgebaut haben, das es erlaubt, offen mit seiner Krankheit umzugehen.
Es kommt ja auch nicht gerade selten vor, dass Mitarbeiter erst depressiv werden, nachdem sie Jahre für einen narzisstischen Chef gearbeitet haben. Solch ein Mensch kann durch seine Art schon dafür sorgen, dass Mitarbeiter depressiv werden.
Ich glaube, es kommt auf die Situation und das Umfeld an, ob ich offen damit umgehe oder das Ganze lieber verschweige. Jedenfalls in Bezug auf den Chef. Kollegen würde ich nie erzählen, dass ich Depressionen habe. Wozu auch? Auf Getratsche kann ich echt verzichten und von kollegialen Freundschaften halte ich eh nichts.
Ich bin derzeit mit meinen Medikamenten recht gut eingestellt und habe wenige und kurze Ausfallzeiten, so dass ich davon absehe, den Chef darüber zu informieren. Das würde ich lediglich dann machen, wenn ich den Chef erstens für vertrauenswürdig halte und zweitens einen Grund hätte, die Erkrankung zu erwähnen - etwa viele und schwere depressive Phasen, für die ich das Gefühl hätte, mich rechtfertigen zu müssen (was halt auch in erster Linie mit dem Verhältnis zum Chef zusammen hängt).
Ich habe bisher einem Chef davon berichtet, weil ich einfach ein derart schlimmes Tief hatte, dass ich es nicht einmal mehr geschafft habe, mich bei ihm abzumelden und zum Arzt zu gehen. Da ging einfach gar nichts mehr. Jeder andere Chef hätte mir dafür wahrscheinlich einen Einlauf verpasst, aber er schrieb mir eine Mail, dass er davon ausgeht, dass irgendetwas nicht stimmt, weil er mich ganz anders kennen gelernt hat. Da lag es dann für mich nahe, mit offenen Karten zu spielen, als ich mich wieder einigermaßen berappelt hatte. Da stieß ich auf viel Verständnis und habe es auch nicht bereut.
Wenn man eine solche Diagnose erhält vom Facharzt sollte man auch einige Fragen dem Arzt dazu stellen. Stelle ich mit meiner Erkrankung eine reale Gefahr bei der Arbeit dar? Diese Frage ist nun einmal der konkrete Punkt. Bin ich eine Gefahr für andere oder auch für mich selbst darf ich meine Arbeit einfach nicht mehr ausüben.
Ich muss dann reagieren und es dem Chef mitteilen. Besteht keinerlei Gefahr muss ich natürlich nichts sagen. Bei einer eventuellen Krankschreibung erfährt der Chef ja nicht den Grund der Arbeitsunfähigkeit. Damit begehe ich auch keinen Fehler und verstoße auch gegen keine Richtlinien.
Ich muss sagen, dass ich deine Freundin gut verstehen kann und ebenso handeln würde. Ich denke auch, dass Depressionen eher schlecht angesehen sind und als Schwäche angesehen werden. Wenn es um die Einstellung neuer Mitarbeiter geht, wird ein Unternehmen wohl eher einen Bewerber auswählen, der weitgehend frei von Problemen und Altlasten ist.
Es mag auch Ausnahmen geben, in denen einem Bewerber mit (überstandenen) Depressionen seine Offenheit hoch angerechnet wird. Ich würde aber immer davon ausgehen, dass so etwas nur in Einzelfällen vorkommt und die meisten Chefs einem solchen Bewerber eher keine Chance geben werden, sofern sie von den Depressionen frühzeitig Kenntnis erlangen.
Grundsätzlich würde ich weder als Bewerber etwas von vorhandenen Depressionen erwähnen, noch würde ich später von mir aus etwas zu diesem Thema sagen, wenn das Arbeitsverhältnis bereits über einen gewissen Zeitraum besteht. Ich denke auch, dass das weitgehend Privatsache ist und man diese Dinge mit sich selbst ausmachen sollte. Hilfe sollte man sich auch eher außerhalb seines Arbeitsumfeldes suchen.
Es mag sicher Fälle geben, in denen eventuell vorhandene Depressionen auch am Arbeitsplatz zu einem Thema werden können. Gerade wenn Narben aus eventuellem selbstverletztendem Verhalten vorhanden sind, die sich am Arbeitsplatz nicht immer konsequent verstecken lassen, wird man sicher damit rechnen müssen, darauf auch angesprochen zu werden.
In solchen Fällen finde ich es durchaus sinnvoll, offen und ehrlich mit der Situation umzugehen und keine wirren Märchen zu erfinden. Die kommen dann nämlich auch nicht gut an und legen den Verdacht nahe, dass der Arbeitnehmer schlechter mit seiner Situation zurechtkommt als er vielleicht nach außen hin signalisiert.
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