Den Partner durch Streit besser kennenlernen können?

Jeder streitet sich ja mal mit dem Partner, egal ob es sich um Kleinigkeiten oder wirklich wichtige Themen handelt. Es ist ja auch wichtig, sich hin und wieder mal in der Beziehung zu streiten - immerhin spricht man dann ja offen aus, was einen belastet, macht seinem Ärger Luft und zeigt dem Partner, was einen nervt, so dass man gemeinsam zu einer Lösung kommen kann.

Ich habe mal gehört, dass Streitigkeiten auch deshalb wichtig sind, da man den Partner so besonders gut kennenlernen kann. Gerade in der Anfangsphase wären Streitereien daher sehr hilfreich, da man sich noch nicht so gut kennen würde. Durch einen Streit kann man aber direkt erkennen, welche Werte der Partner vertritt und wie er dafür einsteht. Zudem merkt man dann, wie dieser mit dem Streit an sich umgeht und kann dann besser abschätzen, ob man tatsächlich zusammenfasst. Wie seht ihr das?

Ich denke am Anfang zu streiten ist schon wirklich ungewöhnlich. Da ist man doch noch verliebt und da sollten andere Dinge im Vordergrund stehen und nicht gestritten werden. Natürlich macht man mit einem Streit seine Ansichten deutlich, aber man kann sich ja auch einfach so unterhalten und nachfragen. So richtig verstehe ich nicht, warum man sich streiten sollte um das herauszufinden, wenn man doch auch normal miteinander reden kann und immer nur schlucken und seine Meinung nicht sagen kann ich eh nicht verstehen.

Mir erschließt sich nicht, warum man ausgerechnet primär durch Streit den Partner besser kennenlernen soll. Sicherlich sagt das Streitverhalten einiges aus, aber das ist doch nur ein kleiner Bruchteil, den man so über die Persönlichkeit erfährt. Ich finde, dass man durch viele Alltagssituationen schnell merkt, wie ein Mensch tickt und ob beispielsweise die Worte immer mit dem Verhalten zusammenpassen. Ich merke in dieser Hinsicht mittlerweile ziemlich schnell, ob jemand unaufrichtig ist und vorgibt etwas zu sein, was er oder sie nicht ist.

Ich denke, dass man den Partner mit der Zeit einfach besser kennenlernt und nicht unbedingt alleine durch Streit. Das gehört sicherlich dazu und lässt sich nicht vermeiden, aber ich denke, dass es viele Situationen und Möglichkeiten gibt, um den Partner besser kennenzulernen. Wie zum Beispiel auch, bei Krankheit oder es Krisen. Oder eben auch bei Problemen und Sorgen. Aber natürlich auch in glücklichen Zeiten. Da hat man sicherlich viel gemeinsame Zeit, in der man sich einfach immer besser kennen und auch einschätzen lernt.

Streit ist vielleicht das falsche Wort. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass man den Partner besser kennenlernen kann, wenn es die ersten Meinungsverschiedenheiten gerade am Anfang einer Beziehung gibt. Bei Frischverliebten kommt es ja verständlicherweise oft vor, dass man am neuen Herzensschätzelein alles toll findet und als liebenswerte Eigenheiten ansieht, was sich, sobald der Lack ein bisschen ab ist, als zutiefst nervtötende Macken entpuppt.

Rein rational gesehen ist es natürlich besser, wenn die rosarote Brille eher früher als später abgenommen wird und die "Ja, Schatz"-Phase in eine solide, gleichberechtigte Beziehung mündet. Und Meinungsverschiedenheiten beschleunigen diesen Prozess. Aber so romantisch veranlagt bin ich dann doch, dass ich keine Lust hätte, mit meinem nagelneuen Partner Streit anzufangen, um herauszufinden, wo seine wunden Punkte liegen und wie er sich unter Stress gebärdet.