Das Gefühl haben, den Partner ins Pflegeheim abzuschieben?

vom 19.01.2016, 22:57 Uhr

Ich berichte heute mal ausnahmslos von mir persönlich und nicht, was im Freundeskreis passiert. Ich muss zudem sagen, dass es mir nicht leicht fällt darüber zu schreiben, weil es immerhin meinen Vater betroffen hat. Er ist verstorben. Doch zuvor waren vier Wochen voller Kampf, Ungewissheit, falschen Arztaussagen und mehr. Daher fange ich einfach mal klein an.

Vier Wochen vor dem Tod meines Vaters haben wir erfahren, dass er im Hals in Tumor hat. Dieser konnte nicht operabel entfernt werden, weil die Halsschlagader zu gefährlich an den Tumor lag. Zwei Wochen lang haben die Ärzte philosophiert was sie tun können und was nicht. Dann auf einmal kommt heraus, dass auf dem CT auch noch zwei weitere Tumore in der Lunge und im Magenbereich zu sehen waren. Aber alles angeblich halb so schlimm und die Bestrahlung fing an.

Er war gerade einmal zwei Wochen aus dem Krankenhaus heraus, die Bestrahlung lief in vollen Gange und abends war es dann der Kampf, der seinen Tod bedeutete. Sein Blutdruck stieg auf einmal wie bescheuert, sodass wir den Krankenwagen rufen mussten. Diese haben sofort aus seinem Hals etwas rausgesaugt ( er hat dort so eine Kanüle zum Atmen gehabt) und während der Saugarbeit war er noch voll da, sprach mit den Notärzten oder zeigte zumindest, was Sache ist. Doch dann verdrehten sich seine Augen und er zuckte nur noch. Er starb nach fünfzehn Minuten Reanimation dann.

Den Tag werde ich nicht vergessen. Nun haben wir davor natürlich auch mit unserer Mutter gesprochen, weil mein Vater zu schwer für unsere Mutter war. Hinzu kommt, dass meine Mutter eher auf dem Gewichtszustand eines 12 Jährigen Kindes war usw. Doch sie sagte nach seinem Ableben, dass sie ihn niemals ins Pflegeheim bringen konnte, weil sie das Gefühl nicht losgeworden wäre, dass er sich abgeschoben fühlen würde. Das hätte sie mit ihrem Gewissen nach mehr als 50 Jahren Ehe nicht vereinbaren können.

Gleichwohl hat sie gesagt, dass wenn er jetzt beim Noteinsatz wieder im Krankenhaus gekommen wäre, das sie überlegt hätte, ob er danach sofort in die Pflege gehen soll? Doch sie fand es gut, dass dem nicht so gekommen ist, weil sie das Gefühl von Abschieben nicht mehr losgeworden wäre.

Nun würde ich gerne mal von Euch wissen, ob ihr dieses Gefühl von meiner Mutter nachempfinden könnt. Hättet Ihr auch das Gefühl gehabt, dass ihr Euren Partner abschiebt, obwohl ihr eigentlich gesundheitlich nicht könnt und der soziale Dienst auch nicht sonderlich hilfreich war? Wie denkt ihr darüber?

Benutzeravatar

» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich hätte erst einmal überlegt, ob eine ambulante Pflege möglich gewesen wäre. Wenn wirklich gar nichts mehr geht und ich selbst überfordert gewesen wäre, hätte ich wohl oder übel dem Pflegeheim zugestimmt.

Ich finde nicht, dass es ein Abschieben ist, wenn man seinen Partner ins Pflegeheim gibt, wenn man mit dessen Pflege und Versorgung maßlos überfordert ist. Ich würde es erst dann als Abschieben bezeichnen, wenn man den Partner auch nicht mehr besuchen geht und dann quasi so tut als würde er nicht existieren. Wenn man den Partner also dann trotzdem jeden Tag besuchen fahren würde, wäre das für mich kein Abschieben.

Benutzeravatar

» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^