Darf man Patienten auch mal nervig finden?
In der Pflege kommt man sowohl täglich als auch im Laufe seines Lebens mit sehr vielen verschiedenen Menschen in Berührung. Dass einem bei dieser Anzahl an Menschen nicht immer alle sympathisch sein können, ist ja eigentlich fast schon klar. Ich kenne niemanden, der mit jedem Menschen gut auskommt. Natürlich versucht man sich immer so einzuteilen bei der Übergabe auf Station, dass jeder die Patienten bekommt, mit denen er gut kann oder zumindest kein Problem hat und nicht unbedingt die, die man nervig findet.
Dabei geht es nicht mal gegen den Patienten persönlich, wenn man jemanden nervig findet. Manchmal passt es einfach vom menschlichen her nicht und man ist nicht auf einer Wellenlänge, sodass man mit der anderen Person nicht so ganz zurecht kommt und bestimmte Eigenarten nervig findet.
Jedoch habe ich das Gefühl, dass man teilweise nicht sagen darf, dass es auch Patienten gibt, die man nervig findet. Es wird von der Gesellschaft scheinbar nicht toleriert, dass auch Pflegekräfte nur Menschen sind und nicht jeden mögen. Wenn man dann sagt, dass man einen Patienten auf Station nervig findet, wird man gleich gesteinigt. Dabei heißt es ja nicht mal, dass man sich dem Patienten gegenüber unfair verhält. Auch wenn mich ein Patient tierisch nervt, würde ich mir das nie anmerken lassen und bin zu ihm genau so freundlich wie zu jedem anderen auch. Schließlich sind wir auch nur Menschen.
Wie denkt ihr darüber? Darf man Patienten auch mal nervig finden oder ist es für euch ein Tabu? Ich setze voraus, dass man es dem Patienten nicht zeigt und auch nicht schlecht über ihn redet.
Ja darf man natürlich! Mein Vater ist selbst pflegebedürftig und kann mitunter auch echt stur, dickköpfig und einfach anstrengend sein (manchmal auch auf eine nette Art, aber immer noch anstrengend). Das nervt einen auch als Angehörigen. Ich habe dann auch immer so meine Bedenken, wenn er im Krankenhaus oder in der Kurzzeitpflege ist. Allerdings höre ich da immer, dass er ganz lieb ist und seine Anwandlungen findet man dort oft eher drollig und putzig.
Natürlich darf man Patienten nervig finden, aber diese sollten das nicht merken. So muss man sich einfach auch professionell verhalten, wenn man mit ihnen arbeiten muss, weil man keine Alternative hat. Es gibt da durchaus auch Pfleger, die dann schimpfen und sich vor dem Patienten beschweren, weil der ja scheinbar eh nichts mitbekommt. So etwas geht gar nicht, aber wenn man einfach nur andere Patienten lieber hat und sich um diese dann kümmert und das mit den Kollegen organisiert bekommt ist das kein Problem.
Ich habe in der Stationsküche gearbeitet und durchaus auch mal bei Kleinigkeiten in der Pflege geholfen. Da gab es Patienten, bei denen sich keiner mehr reingetraut hat für den Tag da ging ich dann freiwillig rein um die Wogen etwas zu glätten und meistens hat das auch gut funktioniert. Ich denke, dass man da einfach zusammenhalten muss, es aber auch keinen gibt, der immer jeden Tag gut drauf und freundlich ist.
Wenn man mit jemanden nicht klarkommt, dann ist das so und das kann man dann auch nicht ändern. Ich finde schon, dass man das sagen darf. Wobei "Mir ist der Aufwand zu groß, das schaffe ich nicht." keine Ausrede sein sollte, aber sonst finde ich muss man sagen was man empfindet, das merkt die Person dann ja auch, die es betrifft und es tut beiden Seiten nicht gut.
Natürlich darf man. Jeder, der selber schon mal im Krankenhaus lag, wird doch auch die Erfahrung gemacht habe, dass es andere Patienten gibt, die ihm auf die Nerven gehen, warum sollte das dann bei den Pflegekräften anders sein?
Ich bewundere Pflegekräfte auf jeden Fall für ihre Geduld, weil ich schon Situationen mitbekommen habe, in denen ich Patienten klar und deutlich gesagt hätte, dass ein Krankenhaus kein fünf Sterne Hotel mit 24 Stunden Zimmerservice ist, während die Krankenpflegerin, die von dem Stress unmittelbar betroffen war, wesentlich diplomatischer reagiert hat.
Selbstverständlich darf man vieles und auch in der Pflege. Wer möchte einem denn verbieten, einen Patienten nervig zu finden? Das kann niemand, weil die meisten das ja für sich im Kopf denken oder auch maximal der Arbeitskollegin sagen sowie zu Hause jemanden erzählen. Das ist auch vollkommen legitim und ist wahrscheinlich sogar Teil des Jobs in der Pflege sowie im Krankenhaus bei Ärzten & Co.
Solange das „nervig finden“ keinen Einfluss darauf hat, dass die Hilfe für den jeweiligen Patienten weiterhin gewährleistet ist und der Pfleger sowie die Krankenschwester oder wer auch immer ihre Arbeiten richtig verrichten, auch wenn die Patienten wirklich nervig werden können, ist das für mich jedenfalls vollkommen legitim. Dazu gehört eben auch, den Patienten nicht fertig zu machen oder eben ihm zu zeigen, dass er „Schei*e“ ist.
Ich kenne sowohl eine Krankenschwester als auch mehrere Pfleger und kann daher nur meinen Hut ziehen vor diesem Beruf. Das ist kein Zuckerschlecken. Täglich mit dem Tod konfrontiert, mit schwer kranken Menschen, die nicht mehr lange zu leben haben. Menschen, die durch Demenz wirklich unerträglich sein können und dessen Verhalten schlimmer sein kann, als bei einem Kind.
Dann wiederum Patienten, die einfach nur abwesend sind, obwohl sie körperlich da sind. Nicht zu vergessen für resolute Rentner, die frech sind und sich gar nichts sagen lassen. Andere wiederum, die alles ausnutzen und die Pflegekräfte bewusster einspannen usw.
Ich kenne wirklich so manche Story, weil ich dann immer der Kummerkasten bin. Das ist wirklich harter Tobak, womit die Leute tagein und tagaus konfrontiert werden und da ist das „nervig finden“ vollkommen Okay. Niemand lässt es eben an den Patienten aus und das ist die Hauptsache.
Ich denke auch, dass man sich einfach nicht davon freisprechen kann, Menschen nervig zu finden. Ob nun Pfleger oder nicht, spielt keine Rolle. Man findet häufig auch Verwandte nervig, selbst wenn man eben mit ihnen verwandt ist.
Nur weil man beruflich gerne Kontakt mit Mitmenschen hat, heißt das doch nicht, dass man diese Menschen nicht auch mal nervig finden darf. Dabei spielt es für mich keine Rolle, ob man beruflich Patienten oder Senioren pflegen muss oder ob man Kundenkontakt hat. Manche Zeitgenossen sind nun einmal anstrengend und nervig und wenn sie dann noch unausgeglichen sind und schlechte Laune haben wegen Schmerzen beispielsweise oder was auch immer, dann ist das eben so. Aber dann sollte man so professionell sein, das ausklammern und sich nichts anmerken lassen.
Manche Berufsgruppen haben in der Öffentlichkeit anscheinend immer noch das Image von Heiligen, die selber unbegrenzt leidensfähig sind und nur aus der Güte ihres Herzens heraus für jeden immer ein Lächeln, einen kühlen Umschlag und gute Worte übrig haben. Ich selber finde, dass für manche Berufe durchaus mehr, sagen wir, charakterliche Eignung vonnöten ist als für andere, aber dass auch niemand vergessen sollte, dass alle Leute in Dienstleistungsberufen auch nur Menschen sind.
Sprich, wenn eine Schalterkraft oder eine Bedienung im Café prinzipiell brüsk und kurz angebunden ist, ist das in meinen Augen eher ok, als wenn jemand wirklich tagein tagaus mit Menschen in verletzlichen Zuständen oder Ausnahmesituationen zu tun hat, und diese dann anpampt oder mit genervtem Augenrollen abtut, und zwar nicht alle heiligen Zeiten mal, sondern prinzipiell und durch die Bank.
Das geht nicht, finde ich, denn ich würde mir als potenzielle Patientin oder pflegebedürftige Person schon wünschen, dass man auch ein bisschen nett zu mir ist und sich wenigstens nicht anmerken lässt, wie "nervig" man mich findet, wenn ich mal alt und tattrig bin oder mit gebrochenem Bein im Krankenhaus liege und Hilfe beim aufs Klo gehen brauche. Es ist natürlich unmöglich, immer den Engel mit Schwesternhaube zu geben, aber ein Grundmaß an Selbstbeherrschung fände ich in dieser Branche schon ganz angemessen.
Also auf jeden Fall wird es immer auch Patienten geben, die man nervig findet. Daran finde ich auch erst einmal überhaupt nichts schlimmes. Es dürfte wohl niemanden geben, der immer und überall mit jedem bestens zurecht kommt. Die Frage ist ja nur in wie fern man sich so ein Gefühl auch anmerken lassen darf. Hier sollte man schon versuchen möglichst immer eine gewisse professionelle Distanz zu wahren. Aber einige Situationen wird es wohl dann doch mal geben, wo man das dann nicht schafft. Und solange so etwas dann auch bei Einzelfällen bleibt, denke ich sollte man auch Pflegepersonal solche kleinen Aussetzer zugestehen. Zumal es ja manchmal wirklich nicht unberechtigt ist.
Was natürlich gar nicht geht in meinen Augen ist ein nörgelnde und meckernde Grundeinstellung, wo dann wegen jeder Kleinigkeit sofort los gebrabbelt wird. Da sollte man dann einfach auch von sich aus erkennen, dass man einfach den falschen Beruf gewählt hat. Da wird man dann ja auch selber nicht glücklich.
Natürlich findet man den ein oder anderen Menschen und Patienten mal unsympathisch oder nervig. Aber ich denke, dass man da einfach professionell sein muss und sich das eben nicht anmerken lassen darf. Es spricht ja nicht gerade für eine Pflegekraft, wenn diese maulend zum Patienten kommt und man ihr den Unmut schon deutlich vom Gesicht ablesen kann. Es ist ja nicht immer möglich, dass man sich aussuchen kann, um wen man sich gerade kümmern möchte und um wen lieber nicht. Es ist doch menschlich, dass man nicht jeden leiden kann. Die Frage ist eben nur, wie man dann damit umgeht. Ich denke, dass es kein gutes Licht auf eine Pflegekraft wirft, wenn sich diese dann deutlich anmerken lässt, was sie von einem Patienten hält.
Ich finde es auch total normal, dass man einfach nicht mit jedem Menschen gleich gut zurecht kommt und dass man auch im Job manchmal die Menschen nervig findet, mit denen man arbeiten muss. Natürlich gilt das für mich auch für Pflegekräfte, die Patienten zu betreuen haben. Das ist doch klar, dass auch die Pflegekräfte nur Menschen sind und keine Maschinen, die einfach immer ihr Programm abspulen.
Darum weiß ich gar nicht, was daran so ein Tabu sein soll, dass man Patienten nervig findet. Mir kann keiner erzählen, dass es demjenigen im Umgang mit Menschen allgemein und eben auch mit Patienten immer so gehen würde, dass er niemanden nervig findet. Natürlich ist es wichtig, dass man auch zu den nervigen Patienten höflich und freundlich bleibt, aber dann finde ich es völlig in Ordnung, auch einen Patienten mal nervig zu finden.
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