Coronaregelungen nicht hinreichend bekannt
Ich wiederum bin heute erst über die Regelung gefallen, dass man zwar Maske tragen muss, wenn man beim Bäcker Semmeln holt, aber nicht, wenn man anderes Essen aus anderen Etablissements heraus trägt.
Sprich, wenn ich mir Sushi zum Mitnehmen bestelle, ist zwar der physische Vorgang der gleiche, aber ich bekomme keinen Ärger, wenn ich mit nacktem Gesicht anmarschiere, anders als beim Erwerb einer Leberkässemmel. Das verstehe, wer will. Außerdem habe ich naturgemäß keine Ahnung, welche Regelungen beispielsweise in einem Pflegeheim gelten oder durch welche Reifen man springen muss, wenn man mit kleinen Kindern daheim im Home Office sitzt.
Von daher fände ich es vermessen, von mir zu behaupten, wirklich über jede Regel und Bestimmung informiert zu sein. Zwar könnte ich den ganzen Kram nachlesen, aber wieso sollte ich? Und "alle Regeln" habe ich auch gar nicht den Ehrgeiz zu beherzigen, da nur ein Bruchteil davon auf mich zutrifft.
Klehmchen hat geschrieben:Naja aber die Regeln gelten ja trotzdem auch wenn sie von der Polizei nicht streng kontrolliert werden.
Naja, die Frage wäre dann, ob eine Regel, die zwar offiziell noch gilt, weil sie eben nicht aus dem Regelkatalog gestrichen wurde, aber die inoffiziell sogar von offizieller Seite relativiert worden war, noch unbedingt eingehalten werden muss. Wie gesagt, die Regeln haben sich zum Teil recht dynamisch verändert - zum Teil offiziell, zum Teil inoffiziell im alltäglichen Umgang damit. Zeitweise waren sich sogar die jeweiligen Publikationen nicht immer einig.
Je nachdem, wo man nachgelesen hat, hat es unterschiedliche Aussagen bzgl. einiger Nuancen der Regelungen gegeben. Es geht ja unter anderem eben um Details, wie z.B. die genau einzuhaltende Mindestdistanz zu einem Café, die man zurücklegen muss, bevor man den gekauften Takeaway-Kaffee trinken darf, und ob man das auf einer Parkbank sitzend tun darf oder nur im Gehen. Es ist ja nicht so, dass bei jeder Neuverkündung immer der komplette Regelkatalog mit allen Details veröffentlicht wurde, oder?
Also das ist doch ganz einfach. Wir leben in einem Staat in dem es Gesetze und Verordnungen gibt. Was da drin steht gilt und was nicht drin steht ist eben nicht geregelt und kann nicht bestraft werden bis eine entsprechende Verordnung oder Gesetz erlassen wird. Dabei ist es völlig unerheblich ob das einer kontrolliert oder nicht, deswegen ist es trotzdem geregelt.
Um es mal bildlich zu machen. Wenn es auf einer Straße ein Tempolimit von 100km/h gibt, dann darfst du nicht schneller fahren. Und das stellt auch keiner in Frage auch wenn nur auf einem Bruchteil der Straßen mal ein Blitzer steht.
Gleiches war doch auch bei der deutschen Bahn so. Natürlich hat da wochenlang niemand die Fahrkarten kontrolliert und man konnte Schwarz fahren. Aber erlaubt war das alles deswegen trotzdem nicht. Auch für diese Fahrten war grundsätzlich eine Beförderungsentgelt zu entrichten. Man kann das dann natürlich versuchen ohne Fahrkarte zu machen, aber wenn man dann mal irgendwo erwischt wird, dann kannst du da auch nicht sagen, der hat ja die letzten zehn Male nicht kontrolliert also dachte ich ich darf umsonst Bahn fahren.
Auch muss man doch nicht immer den kompletten Regelkatalog veröffentlichen. Warum soll man alle zwei Wochen auf das Neue jede einzelne Regelung reinschreiben, wenn es dafür schon Verordnungen gibt? Zumal ich mir in meinem Bundesland die Verordnungen immer recht genau durchgelesen habe und da stand dann tatsächlich zumindest für mein Bundesland immer auch alle gleichbleibenden Regeln wieder drin.
Und Gerbera hat es ja auch auf den Punkt gebracht. Kaum jemand wird alle Regeln kennen und kaum braucht das auch. Warum sollte ich beispielsweise als Kinderloser mich mit Regeln zur Kitaversorgung beschäftigen oder als junger Mensch ohne jeglichen Kontakt mit einem Altenheim mit den Regeln im Altenheim. Das kann man machen, ändert aber wenig beim eigenen Verhalten, weil es nicht auf einen zu trifft.
Aber gerade wenn alle paar Wochen neue Regeln kommen, dann kann man sich doch das durchlesen, was auf einen zutrifft. Dann weiß man auch Bescheid. Zumal wir doch in Deutschland eigentlich alle wissen, dass es da so eine Auslegung vor Gericht gibt, dass Unwissenheit nicht vor Strafe schützt. Dann muss man sich eben belesen oder damit leben, dass man womöglich eben gegen Regeln verstößt und wenn man Pech hat ein Bußgeld bekommt.
Klehmchen hat geschrieben:oder damit leben, dass man womöglich eben gegen Regeln verstößt und wenn man Pech hat ein Bußgeld bekommt.
Was ich beispielsweise beim Thema Sitzen auf Parkbänken allein gemacht hatte, da es sogar von offizieller Seite zugegeben worden war, dass Teile der Verordnung übers Ziel hinausgeschossen waren. Mit einem Bußgeld wäre also beim Sitzen auf einer Parkbank allein nicht mehr zu rechnen gewesen, obwohl diese Regel meines Wissens nicht offiziell aus dem Regelkatalog entfernt worden war. Am Ende hatte sich sogar die Polizei selbst darüber beklagt, dass die Regeln zum Teil widersprüchlich und nicht zielführend waren.
Ich habe ein wenig den Eindruck, dass du mich jetzt für einen Anarchisten hältst, der Regeln partout nicht einhalten will? Du würdest wahrscheinlich überrascht sein, wie brav ich mich an die allermeisten Regeln halte, bis auf solche Ausnahmen eben wie das erwähnte Sitzen auf Parkbänken.
Ein bekanntes Beispiel für eine unklare Aussage ist die bayerische Regel, dass man sich nicht auf eine Bank setzen darf, auch nicht alleine. Das galt solange, bis der bayerische Innenminister, der die Regeln anscheinend auch nicht kannte, sich auf eine Bank setzte und damit die Regel außer Kraft setzte, aber nicht per Rechtsverordnung sondern per Vorbild, siehe folgender Artikel.
Aus dem Artikel wird auch klar, dass die Polizei die Regeln auch nicht so ganz klar sind. Man kann zwar sagen, dass es sich nur um Details handle, aber die Verunsicherung gerade bei alten Leute ist da. Manche haben sich zum Beispiel nicht getraut, beim Spazierengehen eine Pause einzulegen. Man weiß, dass die bayerische Polizei streng kontrolliert (hat). Man muss zwar zuerst einmal nur eine Ermahnung hinnehmen, aber alleine das kann ja für manche Leute unangenehm sein.
Der Polizeieinsatz vor der Alten Pinakothek vom 7.4. ist auch interessant . Man landet also in Bayern im Gefängnis, wenn man auf einer Wiese liegt und liest. Na ja, er hat sich widersetzt und kam deswegen in Gewahrsam, aber die Polizei hat doch einen gewissen Ermessensspielraum, den sie walten lassen kann.
lascar hat geschrieben:Ich habe ein wenig den Eindruck, dass du mich jetzt für einen Anarchisten hältst, der Regeln partout nicht einhalten will? Du würdest wahrscheinlich überrascht sein, wie brav ich mich an die allermeisten Regeln halte, bis auf solche Ausnahmen eben wie das erwähnte Sitzen auf Parkbänken.
Nein gar nicht. Darum ging es mir doch auch nie. Auch ich halte einige Regeln für unsinnig und an alles gehalten habe ich mich auch nicht. Mir ging es nur darum, dass jeder alle Regeln ohne großen Aufwand nachlesen könnte, wenn er es denn wollte. Ob man sich dann auch daran hält, ist doch jedem selbst überlassen. Genauso wie dann ja auch jeder mit den Konsequenzen seines Handelns leben muss.
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