Corona-Familienbonus oder Personenbonus gerechter?

vom 03.06.2020, 20:36 Uhr

Kaum war der Corona-Familienbonus im Gespräch, so kamen gleich die Kritiker auf den Plan und fanden diesen unausgewogen und ungerecht. Schnell wurde ein Personenbonus diskutiert und eine Vielzahl an Leuten fanden diesen besser und gerechter. So dieser Bonus nun kommt, welche Variante würdet ihr denn favorisieren? Welche Argumente sprechen denn für oder gegen einen Familien- bzw. Personenbonus?

Benutzeravatar

» mikado* » Beiträge: 3037 » Talkpoints: 1.002,67 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Natürlich klingt es erst mal gerechter, wenn jeder Geld in die Hand gedrückt bekommt. Aber auf der anderen Seite stellt sich natürlich die Frage, ob es gerecht ist, dass ich weiter arbeiten konnte wie immer, während Eltern teilweise unbezahlten Urlaub nehmen mussten weil die Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder von Heute auf Morgen weg gebrochen sind.

Eigentlich bin ich der Meinung, dass Kinder Privatvergnügen sind und, dass jeder in der heutigen Zeit eine bewusste Wahl treffen kann. Aber es konnte ja nun wirklich niemand ahnen, dass KITAs und Schulen geschlossen werden. Damit kann man nicht rechnen wenn man eine Familie und seine Karriere plant.

Benutzeravatar

» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Seit wann geht es dabei um "Gerechtigkeit"? Ich dachte, durch derlei Boni soll die Kaufkraft der Endkonsumenten gefördert werden, um so die teilweise darniederliegende Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Mit Gerechtigkeit hat das für mich gar nichts zu tun, wenn mehr oder weniger nach dem Gießkannenprinzip den Leuten etwas Geld zugesteckt wird.

Nicht alle Familien haben unter der Krise derart gelitten, dass sie jetzt ein Trostpflaster brauchen, und nicht alle kinderlosen Menschen sind locker durchgesegelt. Ich finde es sowieso absurd: Einerseits soll Familie das Beste überhaupt sein, aber in der Praxis sind Kinder die absolute Hölle, sodass Eltern Schmerzensgeld vom Staat verdient haben?

Aber auch pauschal einen Pro-Kopf-Bonus auszuhusten würde meines Erachtens den Zweck verfehlen. So eine Maßnahme ist sauteuer und würde in einem Großteil der Bevölkerung schlicht verpuffen. Die Idee ist ja, dass die Leute das Geld möglichst sofort wieder unters Volk werfen, aber das hat ein Großteil der Bevölkerung gar nicht nötig, weil sie sich die üblichen Konsumgüter auch so leisten können und das Geld daher vielleicht lieber sparen. Ich hätte mir zwar auch nur zu gern ein paar Scheine in die Hand drücken lassen, aber rein logisch betrachtet wäre es wohl unverhältnismäßig hohe Geldverschwendung gewesen, wenn man sich das Endziel anschaut.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich bin weder für das Eine noch für das Andere. Ich kann schon nachvollziehen, dass manche Eltern nun wirklich Probleme mit der Kinderbetreuung hatten, aber wie hier erwähnt wurde ist man da eigentlich selber dran Schuld, wenn man das untereinander mit dem Ex oder dem Partner nicht hinbekommt. Da muss es ja immer eine Notfalllösung geben.

Ich finde es aber auch ein bisschen übertrieben nun pauschal jedem eine Summe X zu geben, da dies sicherlich auch nur bedingt hilft. Sagen wir mal jeder Mensch bekommt 500 €, das reißt ein großes Loch in die Kasse und letztendlich werden Leute, die nun durch die Krise große Verluste hatten das auch nur als Tropfen auf dem heißen Stein sehen und diejenigen, die es nicht hart getroffen hat, werden dann vielleicht auch erstmal abwarten und das Geld zurücklegen, weil man ja nicht weiß was kommt. Ich finde so etwas wirklich nett gedacht, aber letztendlich auch zu kurz gedacht.

Ich habe 2 Kinder und finde es schon schlimm, dass einem nun vorgeworfen wird man wäre mit dem eigenen Nachwuchs automatisch überfordert und an allem selber Schuld. Bei uns ist das ganz klar aufgeteilt und wir haben nun nicht sonderlich finanziell leiden müssen, wenn aber beide auswärts arbeiten und an Zeiten gebunden sind, ist es nun mal nicht leicht machbar ohne Betreuung und das kann man ja auch anerkennen. Außerdem ist es auch nicht leicht, wenn man seine Arbeit verloren hat oder Schulden aufbauen musste. Viele Menschen haben es gerade sehr schwer.

Benutzeravatar

» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich finde das Geld für die Familien mit Kindern in Ordnung. Denn diese haben in den meisten Fällen sehr viel Stress gehabt, indem sie die Doppelbelastung von Kind und Beruf tragen mussten. Eigentlich war es sogar eine Dreifachbelastung, da auch die Schule ersetzt werden musste. Meine Kinder sind nun schon groß, aber ich weiß aus eigener Erfahrung, wie stressig Homeoffice mit kleinen Kindern ist. Diese Zeit wünsche ich mir nicht zurück.

Außerdem rechnet man damit, dass das Geld von Familien mit Kindern am ehesten in den Konsum geht, der ja angekurbelt werden soll. Daher finde ich diese Maßnahme sinnvoll. Auch andere würden sich natürlich über das Geld freuen, insbesondere arme Rentner. Aber allen etwas zu geben, kann man wahrscheinlich finanziell nicht stemmen. Irgendwer muss das Geld ja auch wieder zurückzahle und das sind nicht die jetzigen Rentner, sondern die Kinder, denen das Geld jetzt zugute kommt.

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ehrliche Antwort? Wieso sollen jetzt Eltern, die Kinder haben, dafür belohnt werden, dass sie ihrer Pflicht nachgekommen sind, verantwortungsvoll auf ihre Kids aufzupassen? Das die Schule nicht so funktionierte und die Kita, dass mag die eine Seite sein, aber zum Rest gehört eben auch das eigene Verantwortungsbewusstsein und die Entscheidung, sich bewusst für Kinder entschieden zu haben.

Kinder sind eben nicht nur ein schönes Accessoires, sondern auch „Arbeit“ und weniger „Zeit“ für sich und manchmal auch Stress im Alltag. Das hat man genau jetzt besonders gemerkt. Doch es war ja auch die Jahre zuvor so einfach, denn man kriegt ja die Kita hier, den Hort dort, die Grundschule da drüben und den Babysitter. Kaum ist Corona, dann wird geheult und förmlich von vielen Seiten im World Wide Web so getan, als wenn das gar nicht mehr alles geht, die Kinder tun einem ja so leid und in Wahrheit haben sich die meisten Eltern selbst bemitleidet.

Warum? Wenn ich morgens aufstehe, mein Kind das Frühstück mache und es in die Kita bis 16 Uhr geht. Dann habe ich 8 Stunden Ruhe, während ich arbeiten gehe. Im Sommer geht es dann noch mit Freunden raus, vielleicht muss ich auch länger arbeiten und das Kind wird vom Vater abgeholt. Doch die meisten Kids sind ja bis 20.00 Uhr wieder im Bett, sodass man die 4-Stunden ja gerade so ertragen kann, aber 24-Stunden a 7 Tage die Woche, da kommt auf einmal, Hilfe von den Eltern, wir können nicht mehr.

Das gilt nicht für alle, aber der O-Ton war in meiner Umgebung genau so! Auf einmal mussten sich meine faulen Bekannten, die Hartz IV kriegen, aber Kinder um Kinder machen um ihre Blagen kümmern, die sie nicht 8-10 Stunden pro Tag abschieben können. Dann hat man aber trotzdem gehört, Mama braucht jetzt mal Pause, wovon? Und die Finger wurden sich gerieben, auch im Umfeld meiner Arbeit, wo wir uns um Jugendliche eben auch kümmern, dass es einen Familienbonus geben soll.

Der Kinderbonus ist falsch! Vor allem in finanziellen Angelegenheiten. Sinnvoller hätte ich den gefunden, wenn es Eintrittskarten für die Kinder für Freizeitparks, Schwimmbäder usw sind. Die durchaus 2 Jahre Gültigkeit haben, weil wir ja alle nicht wissen, was durch Corona alles geht und was nicht. So kann sich kein Elternteil die Kohle unter den Nagel reißen!

Benutzeravatar

» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Hier gibt es ja doch für mich ziemlich komische Antworten und Ansichten. Kinder seien eine Plage und Arbeit und selbst gemachtes Leid und mit dem Bonus werden dann jetzt die Faulen und Reichen belohnt. Ist natürlich eine mögliche Sichtweise, aber höchstwahrscheinlich eher von Leuten, die selber keine Kinder haben.

Ja natürlich entscheidet man sich in der Regel mehr oder weniger bewusst für Kinder. Ja und natürlich weiß man, dass Kinder auch eine gewisse Form von Arbeit bedeuten. Das steht ja auch gar nicht außer Frage. Darum geht es ja auch bei diesem Bonus überhaupt nicht.

Aber es gibt ja nun einmal ein gewisses Rahmenkonstrukt in unserer Gesellschaft. Und dazu gehört eben auch, dass die Kinder die Beitragszahler von morgen sind und eben auch Kinderlosen später einmal beispielsweise Rente und Gesundheit finanzieren, da dies ja keine Versicherungen im eigentlichen Sinne sind. Und dazu gehört eben dann auch, dass eben auch deswegen Familien einen gewissen Bonus als Gegenzug bekommen. Und dieser Bonus heißt eben unter anderem Kindergarten und Schule. Der Staat garantiert gewisse Betreuungsmöglichkeiten um eben auch die Erwerbsfähigkeit der Eltern zu erhalten. Das ist sozusagen ein Agreement von dem die gesamte Gesellschaft etwas hat.

Bei dem Bonus jetzt geht es ja darum, dass es eben auch neben den "faulen" Eltern durchaus nicht wenige gab, die durch das Wegbrechen der Kinderbetreuung, plötzlich nicht mehr ihrer geregelten Arbeit nachgehen konnten, sondern Arbeitszeit verkürzen mussten, Urlaub für die Betreuung verbraten mussten oder gleich unbezahlt zu Hause blieben. Nicht jeder hatte ja Anspruch auf die Notbetreuung.

Und aus diesem Grund soll es ja den Bonus geben. Der Staat hat eben seinen Teil des Agreements nicht voll einhalten können. Und genau das ist dann ja eben der Unterschied zu Kurzarbeitern beispielsweise, wo der Arbeitgeber Probleme hatte. Zumal ja auch die massiv finanziell unterstützt wurden mit Kurzarbeitergeld.

Auch ist es doch quatsch zu behaupten hier würde mit der Gießkanne verteilt werden. Das ist es doch nur auf den ersten Blick. Das Ganze wird doch nächstes Jahr bei der Steuer verrechnet und wer wirklich gut verdient, der darf den Bonus den er jetzt bekommt, nächstes Jahr im Rahmen der Steuererklärung zurückzahlen. Der kommt also schon am Ende des Tages wirklich nur bei denen an, die ihn nötig haben.

Und jetzt mal ganz ehrlich. Wer sich mal anschaut, was Kinder so kosten, da sind jetzt ein einmaliger Bonus von 300 Euro nun wahrlich nicht so, dass jetzt plötzlich alle Familien in Saus und Braus leben können. Das ist ganz nett und hilft dem ein oder anderen wirklich, ist aber auch ganz schnell wieder alle.

Und was bringt denn eine Eintrittskarte für den Freizeitpark, wenn nicht alle Familien da hinfahren können, weil kein Park in der Nähe ist oder die Anreise zu teuer? Und wonach willst du jetzt gehen, welches Kind welche Karte bekommt, damit es auch irgendwo sinnvoll ist? Das mag zwar irgendwo nicht ganz doof gedacht sein, dass es dann direkter bei den Kindern ankommen könnte. Aber am Ende des Tages ein riesiger Verwaltungsaufwand und die meisten Gutscheine werden verfallen.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Den Beitrag von Klehmchen kann ich vollumfänglich so unterschreiben. Mich haben diese Aussagen über Schuldzuweisung & Co. auch sehr erstaunt. Ich möchte dabei jetzt mal den Teil der Familien ausklammern, die tatsächlich von Sozialhilfe leben und für die die Betreuung lediglich eine "nervige Sache" war. Aber die anderen Familien, die sich neben der Karriere für Kinder entschieden haben, haben das ja auch unter dem Gesichtspunkt gemacht, dass eine gewisse Betreuung sichergestellt werden kann.

Diese Betreuung war nun in Corona-Zeiten ja nur noch für einen sehr kleinen Teil der Gesellschaft sichergestellt, nämlich für die mit systemrelevanten Berufen. Man konnte seine Kinder für einen gewissen Zeitrahmen ja nicht einmal durch private Tagesmütter / Babysitter oder Nachbarn betreuen lassen bzw. durch die eigene Verwandschaft / Eltern, weil auch hier ein Kontakt nicht erlaubt bzw. empfohlen wurde. Die einzige Möglichkeit war, dass ein Elternteil zu Hause bleibt. Bei wie vielen Eltern ist das im Alltag noch Normalität? In vielen Haushalten gehen beide Eltern arbeiten, oft sogar beide mindestens 30 Stunden - zumindest in meinem Umfeld. Und das definitiv nicht, weil sie so viel Spaß an der Arbeit haben, sondern weil es finanziell nicht anders geht.

Ich persönlich hatte Gott sei Dank kein Betreuungsproblem, da meine Tochter mit ihren 13 Jahren schon sehr selbstständig ist und ohne Probleme auch alleine klar gekommen ist. In meinem Bekanntenkreis mussten allerdings viele Mütter & Väter ihren ganzen Jahresurlaub jetzt in den letzten Monaten verbraten, weil sie keine anderen Möglichkeiten hatten ihre Kinder zu betreuen. Viele wissen jetzt zum Beispiel auch gar nicht, was sie jetzt in den Sommerferien mit ihren Kindern anstellen sollen, weil der reguläre Urlaub weg ist. Sie nehmen jetzt also unbezahlten Urlaub. Andere können keinen unbezahlten Urlaub nehmen und müssen jetzt kostenpflichtige Fremdbetreuungsangebote nutzen. Ganz abgesehen von den verständnislosen Arbeitgebern. Teilweise bekommen sie zu hören: Wenn Sie Ihren Job behalten wollen, dann kümmern Sie sich um Betreuung.

In meinem Bekanntenkreis jedenfalls haben tatsächlich nur sehr wenige gejammert, dass die 24/7-Betreuung ihrer Kinder eine Last sei was die Betreuung an sich betrifft. Sorgen und Probleme gab es nur in Bezug auf Job bzw. das Geld.

Vielleicht hätte man, ähnlich wie bei der Corona-Soforthilfe, auch sofort prüfen können, welche Familien tatsächlich einen Betreuungsausfall verkraften mussten und somit früher oder später auch einen finanziellen Ausfall hatten, aber offensichtlich wäre da der Verwaltungsaufwand so enorm, dass es mehr Sinn macht zunächst einfach alle Familien mit dem Bonus zu berücksichtigen. Wie schon erwähnt wurde wird der Bonus ja auch in der Steuererklärung 2020 berücksichtigt. In meinen Augen gibt es also nicht wirklich einen Grund da jetzt auf die Barrikaden zu gehen.

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich hab selbst keine Kinder und sehe da vielleicht die Lage zu streng, aber ich denke mir, wenn Leute nur dann ein geregeltes Leben führen können, weil die Kinder den halben Tag fremdbetreut werden, dann machen die auch irgendwie was falsch. Ich habe Zeitungsbeiträge gelesen, in denen Eltern stöhnten, wie schrecklich es ist, die eigenen Kinder den ganzen Tag aufgeladen zu haben. Meine Güte, wer das nicht verkraftet, soll halt keine Kinder machen.

Bezüglich der Boni hätte ich es auch schön gefunden, wenn den jeder bekommt und nicht nur Leute mit Kindern. Ich hatte auch Ausfälle gehabt, ich war beispielsweise im Nebenjob als Honorarkraft tätig und während Corona wurde die Einrichtung geschlossen. Die Soforthilfen gibts nicht für nebenberuflich Selbstständige (jedenfalls nicht in Sachsen). Wer ersetzt mir denn das? Mir sind dadurch ca. 3-4000 Euro entgangen. Da wäre es echt nett gewesen, wenn jeder so einen Bonus bekommt, besser als nichts. Ich finde das schon unfair, wenn dann nur bestimmte Personengruppen bedacht werden.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Zitronengras hat geschrieben:Bezüglich der Boni hätte ich es auch schön gefunden, wenn den jeder bekommt und nicht nur Leute mit Kindern. Ich hatte auch Ausfälle gehabt, ich war beispielsweise im Nebenjob als Honorarkraft tätig und während Corona wurde die Einrichtung geschlossen.

Sorry aber du hast halt einfach mal Pech gehabt. Die Hilfe für Familien ist doch etwas ganz anderes. Hier wird immer gleich drauf gehauen, ohne den Sinn dahinter zu verstehen. Den Familienbonus gibt es ja eben nicht, weil der Arbeitgeber jemanden rausgeschmissen hat. Welchen Sinn sollten an der Stelle denn auch 300 Euro machen? Dafür ist der ganz einfach nicht gedacht. Er ist ein Ausgleich dafür, dass der Staat beziehungsweise in der Ausführung die verschiedenen Einrichtungen ihren Betreuungsauftrag nicht erfüllen konnten. Nicht weil sie nicht wollten oder zu wenig Kinder kamen oder irgendetwas, sondern weil es für viele schlicht durch den Staat verboten wurde.

Und genau da liegt eben der Unterschied. Man kann eben nicht gleichzeitig Vollzeit arbeiten gehen und zu Hause Kinder betreuen. Das ist unmöglich, ganz einfach. Und das weiß ja auch jeder. Genau deswegen gibt es ja Kinderkrippe und -garten und später Schule mit Hort. Es sind durch die Gesellschaft Möglichkeiten geschaffen worden um Arbeit und Kinder gleichzeitig zu ermöglichen. Darauf fußt unser gesamtes gesellschaftliches Konstrukt. Das ist keine Idee, die wir uns gestern erst ausgedacht haben und es ist eben ein Konstrukt auf was sich Eltern staatlich garantiert verlassen können. Wenn man also Kinder bekommt, dann weiß man in Deutschland, dass man einen Betreuungsanspruch hat um Kinder und Arbeit unter einen Hut zu bekommen.

Und genau das ist eben für viele Familien über Nacht weggebrochen. Das kann man keiner Familie vorwerfen. Hier hat der Staat seinen Teil des Agreements nicht erfüllt. Und nicht in jeder Familie kann dann problemlos ein Elternteil sagen, ach egal, ich kündige jetzt einfach und kümmer mich um die Kinder. Klar geht das zeitlich, aber dann reicht das Geld an vielen Stellen eben nicht mehr. Dadurch haben eben viele alternative Möglichkeiten in Anspruch genommen. Gehaltseinbußen auf Grund verkürzter Arbeit, Stress weil man im Wechsel Vollzeit arbeitet und gleichzeitig neben der Arbeit die Aufgaben der Schule übernimmt mit Lernen und Hausaufgaben. Das lief und läuft ja parallel weiter.

Wenn dagegen dein Arbeitgeber jetzt meint er braucht dich nicht mehr, ist das natürlich genauso bitter. Aber es ist in erster Linie ein Problem zwischen dir und deinem Arbeitgeber. Der Staat kommt erst dann zum Tragen, wenn er dadurch mehr Arbeitslosengeld bezahlen muss. Er hat aber primär keine richtige Verpflichtung sich um dein Arbeitsverhältnis zu kümmern. Und nichts desto trotz hat er es für Millionen Arbeitnehmer in Form des Kurzarbeitergeldes trotzdem getan oder in Form von anderweitigen Soforthilfen.

Natürlich gibt es viele Leute, die nichts bekommen haben. Es entpuppt sich da einfach wieder die typisch deutsche Neiddebatte. Kaum bekommt irgendwer ein paar Taler, meckern alle anderen herum wie unfair das doch ist. Das kaum eine Familie große Sprünge machen kann mit 300 Euro pro Kind (einmalig!) ist dabei schon völlig nebensächlich. Die Einbußen dürften bei den meisten viel höher gewesen sein. Das viele Familien sogar nur einen Bruchteil davon bekommen, weil das nächstes Jahr über die Steuer wieder einkassiert wird interessiert auch keinen. So werden mein Frau und ich beispielsweise nächstes Jahr jeden einzelnen Euro wieder abdrücken dürfen und haben überhaupt nichts von dem Bonus. Deswegen freue ich mich aber trotzdem für die, die etwas davon haben.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^