Bücher lesen, die bewusst negative Stimmung verursachen?

Während meines Studiums hatte ich einmal ein Seminar zum Autor Thomas Bernhard gehabt, wobei meine Dozentin damals selbst sagte, dass sie die Bücher des Autors immer wieder in negative Stimmung versetzten. Anfangs konnte ihr das niemand so recht glauben, doch als wir dann mehrere Bücher des Autors gelesen hatten, kam ein richtiger Unmut im Seminar auf. Viele meiner Kommilitonen meinten, durch die Bücher richtig depressiv zu werden und direkt schlechte Laune zu bekommen, wobei ich das nur bestätigen kann.

Ich schätze Thomas Bernhard als Autor wirklich sehr und ich finde, dass die Bücher auch wirklich gut geschrieben sind, aber in meiner Freizeit würde ich sie vermutlich nicht lesen wollen. Es geht eben immer wieder um die Tragik, die Vereinsamung des Menschen und das Dilemma, das letztendlich doch alles zum Tod führt. Die Bücher, oder zumindest die, die ich gelesen habe, sind wirklich so dramatisch und negativ geschrieben, dass man danach einfach automatisch richtig deprimiert ist.

Das ist ja jedoch nicht nur bei den Büchern von Thomas Bernhard so. Ich hatte früher ganz gerne Bücher gelesen, in denen es um irgendwelche krebskranken Leute ging, die ihre letzten Monate vor sich hatten. Diese Bücher haben mir immer gut gefallen, aber ich habe irgendwann gemerkt, dass sie mich in erster Linie nur traurig machen, so dass ich so etwas nun nicht mehr lese. Würdet ihr in eurer Freizeit Bücher lesen, die euch bewusst in negative Stimmung versetzen?

Früher als Jugendliche habe ich mal einige solcher Bücher gelesen, die ziemlich hoffnungslos geschrieben waren und die mich auch immer traurig machten. Aber das wollte ich einfach nicht mehr. Ich finde es schön, wenn mich ein Buch aus dem Alltag heraus holt, aber ich möchte dann nicht in einem Jammertal landen. Also verzichte ich nun auch darauf, solche Bücher zu lesen, bei denen ich schon vorher weiß, dass meine Stimmung bei der Lektüre ins Negative kippen wird.

Ich lese viele eher negative Bücher, in denen Menschen ihr Leiden beschreiben und natürlich denkt man darüber nach, aber letztendlich bin ich deswegen nun nicht den ganzen Tag mies drauf oder traurig. Das ist ja auch nicht mein Leben, ich musste das nicht durchstehen und so kann ich auch nach so einem Buch ganz normal weiter leben. Ich finde solche Bücher einfach interessant.

Auch wenn ich im wirklichen Leben eher abgestumpft und phlegmatisch daher komme, können Bücher dennoch meine Stimmung in einer Art beeinflussen, wie es keinem anderen Medium und nur sehr wenigen real existierenden Menschen gelingt. Deswegen bin ich mittlerweile aktiv vorsichtig bei der Auswahl meiner Lektüre, da ich von meiner Veranlagung her allein schon kein besonders munteres und optimistisches Kerlchen bin.

Deshalb wäre es geradezu schlecht für meine geistige Gesundheit, wenn ich mich tatsächlich auf allzu deprimierende, miesepetrige und negative Machwerke einlassen würde, seien sie auch noch so gut geschrieben. Mir ist schmerzhaft bewusst, dass Leiden und Tod zu jedem Leben dazu gehören und dass niemand entkommen kann, aber diese Erkenntnisse muss ich mir definitiv nicht von einem Schriftsteller auch noch ins Hirn pusten lassen.

Dazu kommt meiner Erfahrung noch, dass betont negativ gehaltene Erzählungen oder Romane vor Larmoyanz und Wehleidigkeit nur so strotzen, während ich ganz gerne etwas Action und Temperament in Handlung und Figuren spüren möchte, wenn ich ein Buch lese. Die Inhalte können dann trotzdem noch ernst, tiefgründig oder kritisch sein, aber ein Buch, bei dem ich das Gefühl habe, 500 Seiten lang aus dem Fenster auf einen leeren Parkplatz im November zu starren, ist für mich Verschwendung wichtiger und begrenzter Lebenszeit.

Würdet ihr in eurer Freizeit Bücher lesen, die euch bewusst in negative Stimmung versetzen?

Nein, das würde ich nicht mehr, das Leben ist mir Jammertal genug. Wenn man erstmal einige Tage mehr auf dieser Erde verbracht hat, hat man genug Leid und Elend gesehen und erlebt, dass ich mir das nicht auch noch in Buchform ins Gedächtnis rufen muss. Als ich noch ganz jung war, sah das aber anders aus, möglicherweise kann man sich mit diesen schweren Themen da aber noch so gar nicht identifizieren und lebt im Gefühl, dass all die schlimmen Dinge weit von einem selbst weg sind, während noch ein langes, glorreiches Leben vor einem liegen mag.

Irgendwann weiß man es natürlich besser und nimmt eben zur Wahrung der eigenen Stabilität von allem allzu schwermütig daher kommenden Abstand. Meiner Meinung nach sind solche Lektüren nur zwei Arten von Leuten vorbehalten: Den ganz optimistischen und frei von Ängsten lebenden Zeitgenossen und jenen, die so depressiv sind, dass sie schon gar nichts mehr schocken kann. Wir alle zwischen diesen Polen Schwankenden, haben wohl keine gute Zeit mit solchen Werken.

Schwer zu sagen. Ich kann mit diesen typischen Frauenbüchern, die man gerne unter "Schicksale" zusammenfasst, rein gar nichts anfangen und verstehe auch nicht, was die Leserinnen so toll daran finden über die Leiden von anderen Menschen zu lesen. Vielleicht fällt das in die Kategorie Voyeurismus oder "anderen geht es viel schlechter als mir", auch "inspiration porn" genannt?

Andererseits sind aber auch banale Liebesromane oder seichte Komödien nicht mein Ding und phantastische Literatur oder Thriller können schon ganz schön düster sein. Aber so etwas führt bei mir eigentlich nicht zu negativen Stimmungen, da wäre so ein typischer Liebesroman, der kein Klischee auslässt schon besser geeignet, da würde ich mich sicher früher oder später über den dummen weiblichen Charakter aufregen.