Brötchen, Schrippen, Semmeln, Wecken - alles dasselbe?

vom 27.03.2022, 21:30 Uhr

Bei uns in NRW, wo ich aufwuchs, kauften wir sonntags immer Brötchen. Die waren länglich, sehr knusprig und hatten einen einzelnen Einschnitt. In München waren es Semmeln, die wir zum Frühstück aßen. Sie sahen aber anders aus. Sie waren rund, etwas blasser, kreuzförmig eingeschnitten und schmeckten etwas anders als die Brötchen, die ich aus meiner Kindheit kannte. Aber vielleicht lag das auch am Bäcker. Wenn ich meinen Sohn in Berlin besuche, kaufe ich in der Bäckerei Schrippen. Die sind ähnlich wie die Brötchen aus meiner Kindheit.

Gibt es außer der Bezeichnung noch andere Unterschiede zwischen diesen kleinen Weizengebäcken? Semmeln sind rund. Ich weiß gar nicht, ob es auch runde Brötchen oder Schrippen gibt. Ich finde, dass Semmeln auch im Allgemeinen nicht so knusprig sind wie die Brötchen aus meiner Kindheit, was aber wahrscheinlich auch an den unterschiedlichen Bäckern liegt. Was gibt es bei euch? Schmeckt ihr einen Unterschied zwischen den Brötchen in unterschiedlichen Regionen oder ist die Diversität innerhalb einer Region größer als zwischen den Regionen, vorausgesetzt man vergleicht gute Bäcker?

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Bis vor wenigen Jahrzehnten war der größte Unterschied, dass jeder Bäcker sein eigenes Rezept für Brötchen hatte und die sich je nach Anbieter stark unterschieden haben. In Zeiten der Backmischungen und der kurzen Gehzeiten ist das anders geworden. Brötchen sind eher langweilig und gleichförmig geworden.

Auch die Form hat wenig damit zu tun, in welchem Bundesland du unterwegs bist. Ich bin in einem dörflichen Stadtteil des Ruhrgebiets in Nordrhein-Westfalen aufgewachsen. Dort gab es drei alteingesessene Bäcker, die ihren Betrieb mindestens in der dritten Generation führten, der älteste war von Anno Fünfzehnhundert schlag mich tot.

Susannes Eltern backten große goldgelbe Brötchen mit Längsschlitz, die Kruste war glänzend und in großen Teilen eher elastisch statt knusprig. Bei Matthias Familie entstanden deutlich rustikaler, gräuliche Rosenbrötchen, die ganz ohne Schnitt auskommen. Diese runden, rauen und schweren Brötchen haben eine zart splitternde Kruste. Und bei Oliver gab es die moderne Form der österreichischen Kaiserbrötchen, also die mit dem sternförmig geschwungenen Einschnitt statt der ursprünglichen speziellen Einschlagtechnik.

Alle drei Betriebe lagen weniger als einen Kilometer auseinander und sind heute längst Geschichte. Die Großbäckereien, die heute von den aufgebackenen Teiglingen der Discounter verdrängt werden, haben damals gewonnen. Aber auch die stellen doch sehr unterschiedliche Brötchen her. Brinker aus Herne hat mit dem Brinkchen im Ruhrgebiet eher knusprige Brötchen mit luftig weichem Innenleben. Bolten aus Duisburg hat extrem dunkel knusprige Brötchen mit eher trockenem Innenleben. Agethen aus Oberhausen verkauft Rosenbrötchen, die luftiger sind als die damals von Matthias. Kamps aus Düsseldorf hat nichtssagende dröge Luftnummern. Und heute wie damals hat jeder seinen Lieblingsbäcker. Aber ursprünglich waren beim Brötchen die regionalen Unterschiede geringer als die zwischen den Bäckereien. Diese Vielfalt ist leider verloren gegangen.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich glaube, dass es sehr große regionale Unterschiede in der Bezeichnung von Brötchen gibt. Ich persönlich bezeichne alle Backwaren, die so gesehen ein "kleines Brot" sind und zum Frühstück aufgeschnitten und belegt werden können, in erster Linie als Brötchen.

Den Begriff "Semmeln" kenne ich vor allem aus dem Süddeutschen und Österreichischen und setze ihn im Wesentlichen mit dem Wort "Brötchen" gleich, wobei ich die runden, kreuz- oder sonnenförmig eingeritzten Kaisersemmeln da nochmal extra mit dieser Bezeichnung versehen würde.

Als "Weck" bezeichne ich eigentlich nur süßliche, aus Brioche- oder Quark-Öl-Teig hergestellte Backwaren, beispielsweise Rosinen- und Schokobrötchen oder die bekannten Figuren wie Weckmänner und Weckhäschen zu besonderen Anlässen. Von "Schrippen" habe ich persönlich noch nie gehört.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8472 » Talkpoints: 838,29 » Auszeichnung für 8000 Beiträge



Ich verstehe die Frage ehrlich gesagt nicht, weil du die Ausgangssituation so darstellst, als würde es genau eine Sorte Brötchen/Schrippen/Semmeln etc. geben. Zumindest in meinem Leben war das aber noch nie der Fall, egal wo ich gelebt habe.

Beim Bäcker meines Vertrauens kann ich die länglichen, knusprigen Brötchen bekommen, die in den meisten Hotels und Restaurants der Standard zum Frühstück sind. Aber selbstverständlich gibt es auch runde, etwas weichere Brötchen und eckige mit Vollkornmehl und Körnern, und geknotete mit Lauge oder Mohn und so weiter.

Ich habe auch noch nie die Erfahrung gemacht, dass der Geschmack etwas damit zu tun hat wie genau das Backwerk von der lokalen Bevölkerung bezeichnet wird. Die großen Unterschiede bestehen doch inzwischen darin, dass du auf der einen Seite ganz viel Industrieware hast, die deutschlandweit verkauft wird, und auf der anderen Seite ein paar Handwerksbetriebe, die gegen die Massenware ankämpfen indem sie etwas eigenständiges produzieren.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



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