Bringt bedingungsloses Grundeinkommen keinen Effekt?

vom 10.02.2019, 12:04 Uhr

In Finnland hat vor zwei Jahren ein Experiment zum bedingungslosen Grundeinkommen begonnen, wobei die Testphase nun abgeschlossen ist. Es hat sich dabei herausgestellt - auch wenn noch nicht alle Daten ausgewertet worden sind - dass das Grundeinkommen keine Wirkung auf dem Arbeitsmarkt zeigt. Die Profiteure fühlen sich dadurch gesundheitlich zwar besser und glücklicher, mehr aber auch nicht. Was haltet ihr von diesen Ergebnissen? Meint ihr, dass 2 Jahre ein zu kurzer Zeitraum sind? Oder findet ihr das angemessen? Meint ihr, dass es tatsächlich keinen Effekt auf dem Arbeitsmarkt gibt? Oder zieht hier jemand zu schnell voreilige Schlüsse?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Was für einen Effekt hat man sich denn überhaupt versprochen? Aus dem Artikel geht ja leider nicht hervor was da genau die Fragestellung war, also im Bezug auf den Arbeitsmarkt.

Ich kann mir aber auch nicht vorstellen warum man mit diesem Grundeinkommen plötzlich besser oder schneller einen Job finden sollte. Entweder es gibt einen passenden Job für mich oder nicht, das hängt doch nicht davon ab wie viel ich aktuell verdiene. Und man wird ja durch das Grundeinkommen auch nicht gerade motiviert schlechte Jobs anzunehmen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich verstehe auch nicht, welchen Effekt man sich versprochen hatte. Was sollte sich ändern, außer dass das Eingeständnis da ist, dass es Vollbeschäftigung nicht mehr geben kann. Es kommt einfach die Zeit, zu der es eben nicht für alle Menschen "bezahlte" Arbeit geben kann. Und für den Fall muss die Gesellschaft vorbereitet sein. Es muss aufhören, hier die "Schuld" bei den Arbeitslosen zu suchen, auch wenn es sicher Menschen gibt, welche sich selbst dem Arbeitsmarkt entziehen. Aber das wird wohl eine Minderheit sein.

Grundeinkommen soll schlicht dafür sorgen, dass ein Sorgenfreies "einfaches" Leben möglich ist. Es muss nicht heißen, dass das die Kluft zwischen Arm und Reich aufhebt. Natürlich werden Menschen mit Grundeinkommen nicht so leben können, wie Menschen mit Einkommen und mehrfach in den Urlaub fliegen können. Aber die Sorge nach der Miete, der Krankenversorgung und der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sollte aufgehoben sein.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ich habe auch gelesen, dass die Bezieher des Grundeinkommens zwar persönlich davon profitiert haben (und wer würde das nicht?) aber dass der gesellschaftliche Effekt offensichtlich verschwindend gering war. Es war in jedem Fall in meinen Augen ein interessantes und auch notwendiges Experiment, weil ich auch der Meinung bin, dass sich am Arbeitsmarkt einiges ändern muss, weil sich die Anforderungen einfach verändert haben.

Wenn ich 500 oder 1000 Euro monatlich einfach so zugesteckt bekommen würde, würde ich wohl meine Arbeitszeit auch auf Teilzeit hinunterschrauben und mir ein stressfreieres Leben machen. Das heißt aber umgekehrt nicht, dass mein Arbeitgeber dafür jemand Neuen einstellen würde, der die Arbeit macht, die bei mir liegenbleibt. Ebensowenig würde ich mich selbstständig machen und am Ende selbst Arbeitsplätze schaffen, da dafür die Kohle auch nicht ausreicht. Ich glaube nicht, dass das bedingungslose Grundeinkommen wirklich etwas bewirken kann, außer dass die Leute, die lieber bescheidener und stressfreier leben, besser mit Teilzeit oder auf geringfügiger Basis zurechtkommen.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Wenn man auch nur Arbeitslose holt, kann man auch kein anderes Ergebnis erwarten. Da hätte man auch versuchen können, mit Übergewichtigen ab 150 Kilo für einen Marathon zu trainieren. Ich denke, das Ergebnis war beabsichtigt.

Hätte man es ernst gemeint, hätte man Studenten oder Auszubildende über einen längeren Zeitraum von 5 oder 10 Jahren holen sollen. Hier wäre interessant gewesen, wie schnell diese sich selbstständig gemacht hätten. Wenn in 2 Jahren Schluss ist und man nur 1.000 Euro im Monat hat, wird doch keiner mit Handicap schneller in Arbeit kommen oder sein eigener Chef werden. Wie hoch sind eigentlich die Lebenshaltungskosten in Finnland?

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich sehe das so wie Juri und finde, dass die Studienteilnehmer falsch selektiert worden sind. Wenn man überspitzt gesagt Langzeit-Arbeitslose rekrutiert für so eine Studie, kann es auch sein, dass diese bereits innerlich aufgegeben haben und keine Motivation mehr haben, einen Job zu finden. Das können gesundheitliche oder persönliche Gründe sein. Wenn das meine Studie gewesen wäre, hätte ich eine gemischte Gruppe gewählt, die nicht nur aus Arbeitslosen besteht, sondern auch aus Azubis von mir aus, Studenten oder auch normalen Arbeitnehmern.

Es kann ja auch sein, dass ein Arbeitnehmer beispielsweise sich erst durch das Grundeinkommen traut, von Vollzeit auf Teilzeit zu gehen und dann ein Studium aufzunehmen und sich eben beruflich neu zu orientieren oder weiterzuentwickeln. Diesen Effekt würde man aber erst nach Jahren sehen, wenn das Studium abgeschlossen ist. Ich halte 2 Jahre als Studienzeitraum für viel zu kurz für "meine" Studiengruppe. Ich hätte einen längeren Zeitraum gewählt.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Ich verstehe auch überhaupt nicht die Negativinterpretation. Alle Arbeitslose suchen nach Arbeit. Was soll sich daran auch ändern, wenn man statt 560 Euro Arbeitslosengeld 560 Euro Grundeinkommen bekommt? Die Gesundheit, die Schulnoten und der Lebenslauf bleiben gleich. Fortbildung ist dadurch nicht bezahlbarer. Es wird auch nicht einfacher sich selbständig zu machen. Welche Bank gibt einem da schon Kredit, wenn man 560 Euro im Monat hat?

Das Grundeinkommen dürfte eher für Schüler und Studenten wirken. Auch Alleinstehende mit Kindern wären hier etwas ungebundener. Das Grundeinkommen wird nicht von heute auf morgen alle Probleme lösen können. Aber sollte dies überhaupt der Zweck sein?

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Naja wenn man das bedingungslose Grundeinkommen wie oft geschehen als Allheilmittel gegen Armut und Arbeitslosigkeit anpreisen will, dann muss man dass eben an Arbeitslosen testen. Es wird doch oft genug argumentiert, dass es für Arbeitslose damit einfacher wird eine Arbeit zu finden oder anzunehmen auch wenn diese vielleicht nicht so gut vergütet wird oder es eine Gefahr gibt mit einer Selbstständigkeit zu scheitern.

So etwas an Menschen zu testen, die von Haus eine wesentlich höhere Wahrscheinlichkeit haben einen Job zu finden oder ein Unternehmen zu gründen, verzerrt das Bild ja nur genauso.

Die Studie hat ja bisher eher gezeigt, dass man zumindest auch mit einer Unterstützung, die in keinerlei Art und Weise angerechnet wird, besser einen Job findet. Das muss ich zugeben, überrascht mich doch ein wenig. Ich hätte schon vermutet, dass dann Menschen auch eher eine schlechter bezahlte Arbeit annehmen, wenn sie dann eben statt 1000 Euro 1500 Euro im Monat haben. Hier wäre jetzt für mich schon interessant zu wissen woran das lag. Gibt es in Finnland nur gut bezahlte Arbeit oder finden die Menschen da eh recht schnell gut bezahlte Arbeit?

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ich habe vor kurzem etwas mehr über diese Studie gelesen. Dort wurde dann gesagt, dass etwa 25 Prozent der Studienteilnehmer Finnisch gar nicht als Muttersprache hatten und somit gar nicht verstanden haben, worum es in dieser Studie überhaupt geht. Die haben den Sinn dieser Studie nicht verstanden und auch nicht, was genau untersucht werden soll und warum das Geld überhaupt fließt. Das sind in meinen Augen ebenfalls völlig falsche Voraussetzungen für so eine Studie und da hätte mehr Aufklärung stattfinden müssen. Ich meine, wenn die Ausländer das Geld für normales ALG halten oder was auch immer und sie den Sinn dahinter nicht kapieren, kann daraus auch eine Tatenlosigkeit resultieren.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Gerade wenn man in Vollzeit arbeitet und ob der vielen Stunden, die es die Freizeit kostet, nicht glücklich ist, hat das bedingungslose Grundeinkommen schon einen positiven Effekt. Gesetzt dem Fall ich bekäme einfach so eintausend Euro monatlich, würde ich das Geld doch dafür einsetzen, weniger Stunden zu arbeiten. Meine derzeitige Stelle gibt das her und ich hätte einfach mehr Freizeit. 30 Wochenstunden empfinde ich schon als sehr angenehm. Mit einem Arbeitstag von täglich sechs Stunden würde ich geradezu aufblühen.

Dann kann ich mir gut vorstellen, dass ich seltener erkranke, speziell an Krankheiten, die mit meinem Arbeitsplatz und auch mit meiner langen Arbeitszeit verbunden sind. Und davon würden doch mehrere Parteien profitieren. Das wäre natürlich in erster Linie ich und dann eben der Dienstherr. Menschen die weiterhin in Vollzeit arbeiten, können das Geld ja für Dinge ausgeben, die ihnen helfen sich gut zu erholen und ihre Arbeitskraft voll zu erhalten. Private Kuren würden mir da einfallen oder schöne Erholungsurlaube.

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» Quasselfee » Beiträge: 2143 » Talkpoints: 30,45 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


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