Brexit auch wegen Merkels Flüchtlingspolitik?
Ich finde es immer wieder faszinierend, wie man alles so hin drehen kann, dass es zum eigenen Weltbild passt und das Feindbild, das man im Kopf hat, bestätigt. Ich weiß zwar, wie subjektive Wahrnehmung funktioniert und wie die Denkabläufe sind, aber es ist trotzdem interessant wenn man so etwas bei einer realen Person so gut beobachten kann, wie aus dem Lehrbuch.
In der Realität hat der rechte Rand in Großbritannien durchaus einen rassistischen Wahlkampf geführt und versucht Flüchtlinge als Feindbild zu instrumentalisieren. Natürlich werden damit Leute mit entsprechender Gesinnung und simplen Denkstrukturen erreicht worden sein. Die gibt es ja in jeder Bevölkerung.
Das viel größere Feindbild waren allerdings die bösen EU Ausländer, die völlig legal ins Land kommen und auf den britischen Arbeitsmarkt drängen und den Einheimischen die Jobs weg nehmen. Das hat mit der bösen Angela Merkel überhaupt nichts zu tun, es ist schlicht und einfach geltendes EU Recht, dass man als EU Bürger in den Mitgliedsländern keine Arbeitserlaubnis braucht.
In Italien ist man der Ansicht, dass Merkel schuld ist.So dankbar, wie es also hier einem suggeriert werden soll, sind die Südländer wohl doch nicht. Übrigens ist auch der General-Anzeiger einer Ansicht, dass die Flüchtlingspolitik von Merkel ein Grund war. Leider erfahre ich nirgendwo, welche Rolle die Flüchtlingspolitik auch in den Augen der Briten gespielt hat.
@Cloudy den letzteren Absatz finde ich eigentlich super interessant. Das wusste ich zum Beispiel nicht, aber empfinde es so, als wenn die Briten doch selber Schuld dann für diesen Zustand sind.
Bei meiner Zeit in den USA musste mein Arbeitgeber glaubhaft machen, dass kein geeigneter Amerikaner für den Job in Frage kommt, ehe ich die Arbeit aufnehmen durfte. Bei Selbstständigkeit hätte ich zunächst Amerikaner einstellen müssen, wenn sie dafür in Frage kommen, ehe ich aus Deutschland jetzt welche einstelle oder Ausländer im Allgemeinen.
Deswegen finde ich den Teil interessant, weil hätten das die Briten nicht ähnlich handhaben können? Falls ja, sind sie doch selber Schuld, dass viele Firmen EU-Ausländer nutzen, wenn diese besser qualifiziert sind, anstelle von manch einem Briten.
Doch das hätte wohl den Brexit trotzdem mit sich gebracht, weil die verbohrten Leute es dann trotzdem nach dem Motto "die klauen uns die Arbeit" gehandhabt hätten.
@Juri ich lese das auch. Die FDP wirft Merkel die Schuld zu. Lindner sagt, die Türkei-Deals sind ein Teil dessen. In Italien wirft man Merkel den Buhmann zu, viele Deutsche auch. Die Schweiz titelt auch bereits, dass Merkel mit ihrer freizügigen Politik dafür mitverantwortlich ist.
Was stimmt, weiß ich nicht. Wollte nur schreiben, dass ich es eben auch lese, was viele mediale Instrumente sagen und Politiker. Es ist somit nicht so, dass ich deinen Ansatz nicht nachvollziehen kann, denn du teilst diesen ja offenbar auch mit anderen Politikern sowie Ländern, die ähnlich sagen, dass Merkels Politik Europa dazu geführt hat, dass der Brexit erst möglich war. Ob's stimmt? Das wissen wohl nur die Briten.
Um ehrlich zu sein, habe ich mir auch schon genau die selbe Frage gestellt. Ich meine sogar, in einem Bericht gelesen zu haben, dass sogar tatsächlich das der Grund ist. Viele Briten (genau wie viele Deutsche) wollen keine Flüchtlinge in ihr Land lassen. Da die Briten, sich an die Gesetze der Europäischen Union halten müssen, wollen die knappe Mehrheit der Briten aus der Europäischen Union austreten. Ich bin mir dennoch nicht sicher, ob Angela Merkel schuld ist, allerdings schließe ich mich die Vermutung an.
Wenn man mal seine paranoide Hass-Brille absetzen würde, könnte man auch verstehen, dass negative Stimmen schlicht ein Zeichen von Neid bedeuten können oder einfach einen gezielten Angriff darstellen. Die Leute, die sich negativ äußern, egal ob Medien oder Politiker, verfolgen genauso eine eigene Agenda. Für Populisten ist es das tägliche Brot, die Ängste der Bürger zu ihrem eigenen Nutzen auszuspielen. Leider funktioniert das sehr gut, wie man hier ja auch beobachten kann. Offensichtlich sind viele Leute dumm genug um nicht zu verstehen, dass sie nur ausgenutzt werden.
Allein die Formulierung "Merkels Flüchtlingspolitik" ist so unglaublich dumm, weil sie von völligem Unverständnis der Mechanismen einer Demokratie zeugt.
Fakt ist, dass Deutschland als stärkste Wirtschaftsmacht in der EU logischerweise auch eine Führungsrolle übernimmt. Wer an der Spitze steht und welche Politik derjenige macht, spielt da überhaupt keine Rolle. Das kann man in jeder Demokratie beobachten. Die Opposition ist erst einmal rein aus Prinzip gegen alles, was die Regierung macht, auch wenn sie als Regierung exakt das Selbe tun würde.
Und seit wann ist Italien Teil Großbritanniens? Der General Anzeiger gilt sicher auch als typisch britische Zeitung. Was ist eigentlich so schwer daran zu verstehen? Der Brexit hat eine sehr lange Vorgeschichte, die zu deinem Leidwesen so gar nichts mit Flüchtlingen zu tun hat.
Das ganze hat relativ kurz nach dem Zweiten Weltkrieg angefangen. Europa rückte wirtschaftlich zusammen, besonders Deutschland und Frankreich kamen sich näher. Großbritannien durfte aber nicht mitspielen, Frankreich wollte nicht.
Als Großbritannien dann endlich durfte, war es für die Briten nur eine wirtschaftliche Frage, deshalb gab es die ganzen Sonderregelungen. Einen europäischen Traum hatten die Briten nie. Dann kam die Osterweiterung der EU. Während andere Länder zu Beginn den Arbeitszuzug von der begrenzten, tat Großbritannien das nicht.
Die billigen Arbeitskräfte wurden dringend gebraucht. Spätestens ab der Finanzkrise fanden die Briten das nicht mehr witzig. Die einfachen Jobs sind fest in osteuropäischer und irischer Hand. Unqualifizierte Briten finden schlecht Arbeit. Dazu kommt das schwächelnde Gesundheitssystem, wo viele Briten die Schuld bei den Einwanderern sehen.
Der Denkprozess entspricht also durchaus deinem, Juri. Nur spielen Flüchtlinge keine Rolle, es sind Einwanderer aus der EU, die den Sündenbock geben. Gleichzeitig ist der britische Mindestlohn massiv angehoben worden. Darin sehen viele Briten eine Gefahr, dass jetzt noch mehr Einwanderer kommen und ihnen die Jobs wegnehmen.
Dazu glaubt man, aufgrund der EU die eigenen Gesetze aufgeben zu müssen und die Selbstbestimmung zu verlieren. Außerdem erhält Großbritannien in der EU nicht die Stellung, die das großartige Empire angeblich verdient.
Also hielten die Fans des Brexit folgende Möhre hin. Selbstbestimmung und die angestammte Position in der Welt, keine EU-Arbeitnehmer mehr (für Juri keine Flüchtlinge mehr), die Abgaben an die EU gehen ins Gesundheitssystem (für Juri ALG 2) und schon war der Brexit da.
Dass die Zahlen nicht ansatzweise korrekt angegeben worden sind, dass die Folgen nicht berücksichtigt worden sind, dass hat niemand den britischen Juris erzählt. Das wollten die auch gar nicht hören, da sind sie genau wie Juri und Merkel und die Flüchtlinge.
Es sind seltsam fremde Gedanken, wenn man deine Ausführungen über den Brexit liest. Frau Merkel hat nun wirklich nichts mit dem Austritt der Briten aus der EU zu tun. Was willst du ihr noch alles andichten?
Jeder Brite hat eine eigene Meinung. Sie interessiert überhaupt nicht die Flüchtlingspolitik, sie haben genug andere Sorgen. Statt Frau Merkel die Mitschuld am Brexit zu geben, ist eine Stammtischparole und dumm. Denke mal nach, warum sie dem Brexit zugestimmt haben könnten.
Meine Meinung ist, dass die EU die Mitgliedsstaaten zu sehr gängelt. Da laufend irgendwelche blöden Vorschriften kommen, hat sich der Groll darüber mittlerweile so gestaut, dass sie dieser Bevormundung entkommen wollten. Und was hat damit Frau Merkel zu tun?
Die möglichen Folgen sind bei dieser Diskussion uninteressant. Außerdem bin ich nicht gegen die EU und wenn hier in Deutschland Hartz IV gestrichen würde, stünden nur sämtliche Araber dumm da, die sich hier einen schönen Lenz machen wollten. Mir würde das nicht passieren.
In Großbritannien mag zwar der Osteuropäer bisher massiv aufgetreten sein, aber die Aussicht auf weitere Zuzügler, deren Ruf ihnen seit den Ereignissen in der Silvesternacht vorauseilt, wird die Briten sicher nicht mehr für die EU eingenommen haben. Gerade bei den Zweiflern dürfte es enorme Ängste ausgelöst haben, dass auf einmal von Flüchtlingsumverteilung unter Androhung von horrenden Strafen die Rede war.
Nur war dein Lieblingsthema leider nicht Teil der Diskussionen und komischerweise auch nicht der Kampagnen. Du forderst, dass andere über den Tellerrand schauen, selbst machst du dir die Mühe aber nicht. Deshalb verstehst du auch nicht ansatzweise, welche Probleme die Briten bewegen.
Genauso wie du nochmals betonst, dass du angeblich nicht für die Abschaffung von Hartz IV bist, aber dich freuen würdest, wenn irgendwelche ominösen Araber dumm aus der Wäsche gucken. Du wärest schließlich nicht betroffen. Arbeitslose über 50, Alleinerziehende und andere Gruppen sind dann eben Kollateralschäden.
Natürlich war auch die Flüchtlingspolitik von Merkel Teil der Diskussion in Großbritannien. Merkel ist nur von den Deutschen gewählt und wollte in der Flüchtlingsfrage für die komplette EU entscheiden. Dumm war nur, dass die anderen 27 EU-Staaten nicht so dämlich wie wir waren und keine weiteren Flüchtlinge aufnehmen wollen. Nach dem Brexit wird auch niemand mehr eine weitere Umverteilung fordern. Damit ist Merkel faktisch auch mit ihrer Flüchtlingspolitik gescheitert. Diese Ansicht wird sowohl innerhalb der EU als auch innerhalb von Deutschland von vielen geteilt.
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