Braucht man für Telefonseelsorge keine Ausbildung?
Ich habe heute in der Zeitung gelesen, dass die Telefonseelsorge einen Mitarbeiter sucht. Auch Quereinsteiger wären erwünscht. Ich habe mich da gefragt, ob man dafür nicht eine Ausbildung braucht, wenn man Menschen beraten will, die Probleme haben. Denn es kann doch gefährlich sein, wenn man einen falschen Ratschlag gibt, wenn dieser gravierende Probleme hat.
Braucht man da wirklich keine Ausbildung? Wenn ja, warum nicht und wenn nein, welche Ausbildung braucht man, wenn man bei der Telefonseelsorge arbeiten möchte? Welche Voraussetzung braucht der Beruf eines Telefonseelsorgers?
Eine Ausbildung benötigst du dabei nicht, denn du erhältst eine mehrtägige Schulung dazu. Die Arbeit der Telefonseelsorge ist ja absolut anonym und somit ist dir die Person überhaupt in keiner Weise bekannt. Auch du als Gesprächspartner bist dabei absolut anonym. Du darfst ja auch überhaupt niemand über deine Arbeit in der Telefonseelsorge erzählen, denn selbst dieser Fakt muss total anonym bleiben. Das musst du vor dem Arbeitsbeginn auch in schriftlicher Form bestätigen.
Ich habe auch schon gehört, dass man dort keine Ausbildung haben muss und ich muss zugeben, dass ich das fahrlässig finde. Denn dort rufen ja auch Leute an, die wirklich Probleme haben und mit einer Schulung kann man auf diese Probleme nicht eingehen. Und ein falscher Rat bei einer depressiven Person und wenn man diese Depressionen nicht gleich erkennt, kann dabei sehr fatal enden. ich denke, dass man da wirklich nur ausgebildetes Personal beschäftigen sollte.
Was soll denn eine Schulung bringen und auch wenn man nicht sagen soll, wo man arbeitet, kann so was dennoch von ausgebildeten Leuten gemacht werden, die es in der Freizeit machen oder die schon im Ruhestand sind. Schon alleine die Tatsache, dass dort kein ausgebildeter Mensch sitzt, der mir helfen will, würde mich davon abhalten dort anzurufen. Wenn eine Schulung reicht, frage ich mich, warum es überhaupt Psychologen gibt, die ja auch jahrelang studieren müssen.
Wie schon geschrieben wurde, braucht man dafür tatsächlich keine Ausbildung. Ich hatte mich dafür mal interessiert und war auch zu einem Eignungsgespräch, in dem mir mitgeteilt wurde, dass die Vorbereitungsschulung fünf Tage dauern würde.
Ich finde es nicht fahrlässig, dass viele Leute, die das machen keine "richtige" Ausbildung in dem Bereich haben, denn es ist eine ehrenamtliche Tätigkeit und man ist ja auch nicht wirklich auf sich alleine gestellt. In der Telefonzentrale, in der ich hätte arbeiten können, ist z.B. auch immer ein Sozialpädagoge, den man bei Problemen und Fragen ansprechen kann.
Ich kann schon verstehen, warum man das bedenklich findet, wenn dort keine wirklichen Experten zum Gespräch zur Verfügung stehen. Aber wie sieht denn die Alternative aus? Klar, man könnte studierte und praxiserfahrene Psychologen einsetzen. Wie viele würden sich da wohl finden, die neben ihrem Beruf noch den Betrieb der Telefonseelsorge über den ganzen Tag aufrecht erhalten? Ich weiß ja nicht, wie sich die Telefonseelsorge genau finanziert - wenn nicht komplett aus Kirchengeldern - aber ob sie sich dutzende Psychologen leisten können, ist fraglich.
Wenn man erkennt, dass man Probleme hat und dazu bereit ist, mit jemanden darüber zu reden, kann man sich entweder an Freunde wenden oder gleich zum Psychologen oder in eine Klinik gehen. Freunde haben nicht mal dieses fünftätige Seminar hinter sich. Und für den Gang zum Psychologen sind viele nicht gleich bereit. Daher finde ich gut, dass es diesen Mittelweg gibt.
Das ersetzt mit Sicherheit keine jahrelange Therapie und im Notfall kann es auch brenzlig werden. Aber dann rät der Mitarbeiter am Telefon eben zur Therapie, macht Mut zu diesem Schritt. Und wenn es brenzlig wird, kann man an einen erfahrenen Mitarbeiter verweisen oder diesen zu Hilfe holen.
Es ist bestimmt schon passiert, dass sich die Mitarbeiter der Telefonseelsorge hilflos einen Selbstmord mitanhören mussten. Aber hätte da ein Psychologe am Telefon wirklich mehr helfen können? In dem Fall war es wohl schon beschlossene Sache und niemand hätte es demjenigen ausreden können. Ich denke, diese unausgebildeten Mitarbeiter sind sehr viel besser als nichts.
Wobei es auch Telefonnummern gibt, durch die man an Fachleute gerät. Es gibt sehr viele psychiatrische Notdienste. Zum Teil sind das Vereine, aber auch psychiatrische Kliniken. Ob gerade bei letzteren die Anonymität bewahrt bleibt, weiß ich nicht. Aber die Telefonseelsorge ist nur eine einzige Telefonnummer in einem Meer aus Möglichkeiten.
Nun darf man allerdings auch nicht so einfach unterschlagen, dass dort auch nicht jede Person so einfach genommen wird. Die dortigen Bewerber arbeiten beispielsweise im Hauptberuf als Lehrer, Psychologen, Anwälte oder auch Sozialarbeiter. Dadurch ist auch ein gewisses fundierte Wissen schon garantiert. Leute ohne jegliche Berufsausbildung oder mit langjähriger psychischer Krankheit werden dort auf keinen Fall tätig sein. Das wird dort im Vorfeld schon streng geregelt.
Diamante hat geschrieben:Schon alleine die Tatsache, dass dort kein ausgebildeter Mensch sitzt, der mir helfen will, würde mich davon abhalten dort anzurufen. Wenn eine Schulung reicht, frage ich mich, warum es überhaupt Psychologen gibt, die ja auch jahrelang studieren müssen.
Du warst anscheinend noch nicht in einer Krisensituation gewesen, in der du dich für die Telefonseelsorge entschieden hast, denn ich habe mich viermal in solchen Fällen für die Telefonseelsorge entschieden und ich hatte gute Gespräche gehabt, die mir auch weiter geholfen habe. Ich fand es unheimlich erfrischend und auch beruhigend, dass ich mit jemanden über meine Probleme sprechen konnte, der mich gar nicht kennt und alles eher objektiv betrachtet.
Man muss nicht immer ein ausgebildeter Psychologe sein um anderen Menschen zu helfen. Du konntest bestimmt deinem Partner, deinen Kindern, deiner Schwester oder deinem Bruder auch schon einmal helfen, obwohl du vielleicht gar keinen pädagogischen oder sozialen Beruf erlernt hast. Soweit ich mich erinnere, bist du ja auch ein wenig älter und du hast viel Lebenserfahrung. Es kann aber auch sein, dass ich diesen Fakt verwechsle, denn es gibt ja auch einige User hier.
Vor allem bei der Telefonseelsorge für Jugendliche finde ich das sehr toll, da habe ich schon einmal mit einer Frau gesprochen, die meine Mutter sein könnte vom Alter her. Wichtig ist doch auch zu wissen, dass die andere Person am Ende der Leitung diesen Seelsorgerjob ehrenamtlich und freiwillig macht, weswegen da auch einfach ein Interesse für die Probleme anderer vorhanden sein wird. Das würde ich nicht unterschätzen, denn gute Absichten müssen nicht immer nur ein schlechtes Ende haben, sie können durchaus etwas bewirken.
Ich finde es einigermaßen lächerlich, wie sich hier alle aufregen, dass man keine Ausbildung dafür braucht. Man bekommt eine Schulung und das sollte schon mal einiges bringen, meiner Meinung nach. Dort werden dann sicherlich auch keine Menschen sitzen, die keine Empathie zeigen können und ihr fragt ja auch immer wieder hier wildfremde Menschen nach ihrem Rat und hier hat sicherlich auch keiner eine Ausbildung in dem Bereich.
Solche Menschen, die da anrufen brauchen sicherlich einen Rat, aber auch einfach jemanden der zuhört und dort gibt es auch durchaus Fachpersonal, an das man dann in bestimmten Fällen auch sicherlich weitergeleitet wird. Ich habe so eine Stellenanzeige auch schon gesehen und dort wurde auch nach Fachpersonal gefragt, ebenso wie nach normalen Menschen. Jeder der ein bisschen emphatisch ist, kann sicherlich auch einen Rat geben und wenn sich dann daraufhin jemand umbringt, hätte er es auch so getan.
Ramones hat geschrieben:und wenn sich dann daraufhin jemand umbringt, hätte er es auch so getan.
Genau! Selbst bei einer suizidgefährdeten Person, die zu einem professionellen und erfahrenen Psychiater geht, kann es zu einem Selbstmord kommen. Einige Personen nehmen professionelle Hilfe in Anspruch und trotzdem sind sie damit nicht zufrieden - oder sie haben sich schon längst umentschieden und möchten den anderen Weg gehen, also sich umbringen.
Vielleicht sollte man erst mal klären, welche Leistungen die Telefonseelsorge überhaupt anbietet und dann kann man darüber spekulieren, welche Ausbildung dazu nötig ist.
Hier wurde nun von mehreren Postern geäußert, dass man nicht verstehen kann, warum Psychotherapeuten eine Ausbildung brauchen und die Mitarbeiter der Telefonseelsorge nicht. Beziehungsweise warum Psychotherapeuten jahrelang studieren müssen und für die Mitarbeit bei der Telefonseelsorge eine Schulung ausreicht. Psychotherapeuten und Mitarbeiter machen grundverschiedene Jobs. Psychotherapeuten begleiten Patienten über einen längeren Zeitraum. Mitarbeiter der Telefonseelsorge sind an sich "nur" Ansprechpartner in Krisensituationen.
Ein weiterer Unterschied dürfte sein, dass ein Psychotherapeut seinen Patienten bei einer Suizidankündigung stationär unterbringen lässt und dazu auch verpflichtet ist und die Mitarbeiter der Telefonseelsorge den Schritt eben nicht machen müssen. Genau genommen dürfen sie den Schritt nicht gehen und können ihn nicht gehen. Es sei denn, der Anrufer sagt klar, dass man doch bitte die Polizei benachrichtigen soll.
Die Mitarbeiter der Telefonseelsorge werden geschult, Menschen zu beruhigen, eventuell auch andere Wege aufzuzeigen. Sie sind aber nicht dafür da, einen Menschen quasi zu heilen. Die Telefonseelsorge ist Ansprechpartner für Menschen, die eben in Not sind. Psychotherapeuten arbeiten zumindest ambulant recht selten mit Menschen, die sich in einer akuten Notlage befinden. Zumindest wird man nur schwer einen Psychotherapeuten finden, der einen sofort behandelt, wenn man gerade akut in einer Notlage ist.
Die Telefonseelsorge arbeitet kostenlos für die Anrufer. Die Kosten werden über Spenden gedeckt. Außerdem ist die Telefonseelsorge ein Angebot der beiden christlichen Kirchen in Deutschland. Die Telefonleitungen werden von der Telekom kostenfrei zur Verfügung gestellt. Die meisten Mitarbeiter arbeiten ehrenamtlich und bekommen maximal eine Aufwandsentschädigung. Außerdem bietet die Telefonseelsorge auch in vielen Orten Deutschland ein ambulantes Büro an, in dem man auch regelmäßige Termine bekommen kann. An meinem Wohnort ist einer der Mitarbeiter Pfarrer.
Da auch viele Pfarrer, eben nicht nur über die Telefonseelsorge, seelsorgerisch tätig sind - da fragt auch keiner nach der Ausbildung oder? Wobei eben auch Pfarrer eben kein Psychologiestudium machen, sondern eben extra Kurse besuchen und ähnliches. Manche werden sicherlich für den Bereich Seelsorge auch noch mal zusätzlich ausgebildet. Aber eben nicht im Rahmen eines Psychologiestudiums.
In vielen Städten bieten die örtlichen Psychiatrien auch eine Art Notfalltelefon an. Hier spricht man in der Regel mit ausgebildetem Personal. ABER auch hier wird man durchaus auch auf Menschen treffen, die eben kein Psychologiestudium haben. Die Psychiatrie an meinem Wohnort hat kein solches Angebot. Allerdings werden hier im Rahmen von ambulanten und stationären Behandlungen auch Gespräche angeboten, die nicht von Psychologen oder Psychiatern geführt werden.
Einen Großteil der Gespräche werden durch Krankenpflegepersonal geführt, die in der Regel noch nicht mal die Fachweiterbildung Psychiatrie haben, sondern eben reine Krankenpfleger sind. Auch hier kräht da kein Hahn danach, warum keiner mit einem Psychologiestudium die Gespräche führt.
Manche Foren, die sich auf psychische Erkrankungen spezialisiert haben, bieten oftmals auch Notfallrufnummern an. Ich kenne das zum Beispiel aus einem Borderline-Forum. In dem Fall ist es sogar so, dass hier Betroffene für Betroffene arbeiten. Sprich auch ich könnte mich dort zur Verfügung stellen. Ich würde geschult werden und hätte die Möglichkeit von Supervision.
Wobei die Betreiber der Seite sicherlich ihre Mitarbeiter vorher prüfen. Ich persönlich würde die Tätigkeit eh nicht machen wollen, weil ich mich dem nicht gewachsen fühle. Allerdings denke ich, dass es durchaus Betroffene gibt, die ein guter Ansprechpartner sein können. Vielleicht auch bessere Ansprechpartner als Menschen ohne die Erkrankung.
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