"Boreout", wenn man durch zu wenig Stress unterfordert ist?

vom 13.02.2017, 13:49 Uhr

Ich würde schon sagen, dass ich ein sehr stressiges Leben habe, wobei ich aber genau das mag. Im Normalfall bin ich von morgens bis abends unterwegs und habe immer etwas zu tun. Natürlich sind einige Tage dann auch sehr anstrengend, aber ich merke, dass mir das auch gefällt und dass ich diesen Stress auch brauche, um mich wohl zu fühlen.

Wenn ich dann in den Ferien nicht zur Uni muss, alle Hausarbeiten abgegeben habe und weniger arbeite, fühle ich mich oft unterfordert. Natürlich ist es schön, mich auch mal zu entspannen, aber schon nach wenigen Tagen merke ich, dass es mir dann einfach schlecht geht. Ich bin antriebslos, müde und schlapp und kann mich dann zu kaum etwas aufraffen. Meine Motivation ist dann auch dahin. Von daher schaue ich, dass ich auch in den Ferien immer meine Tage strukturiere und mir auch genügend vornehme, dass so etwas eben nicht vorkommt.

Im Internet habe ich gelesen, dass diese Form von Unterforderung "Boreout" heißt, also das Gegenteil von Burnout. Ich kann mir schon vorstellen, dass ich so etwas tatsächlich in der Vergangenheit schon hatte. Von daher nehme ich mir lieber zu viel vor, als zu wenig. Hattet ihr auch schon einmal "Boreout"?

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Also ich mag ja generell diese neumodischen englischen Begriffe nicht. Aber zum Thema: Ich habe einen sehr stressfreien Job und auch ansonsten führe ich ein nahezu stressloses Leben. Dennoch bin ich nicht unterfordert, fühle mich auch nicht müde, antriebslos oder schlapp. Also von daher kenne ich das von dir geschilderte Phänomen nicht.

» Sternenbande » Beiträge: 1860 » Talkpoints: 70,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Das ist eine Erkrankung, die vor allem Langzeitarbeitslose und Rentner befällt. Dabei ist es wohl vor allem die Tatsache, dass die Phase der Langeweile nicht zeitlich begrenzt, sondern auf absehbare Zeit ein Dauerzustand ist. Im Urlaub befällt einen das normalerweise nicht, denn da ist das Nichtstun ja ganz klar auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt, in der Regel ist dieser recht kurz. Aber wenn das Fehlen von Aufgaben einem erhalten bleibt und womöglich noch unfreiwillig ist, dann kann das die von der beschriebenen Symptome auslösen. Manchmal kommen auch depressive Verstimmungen hinzu.

Ich selbst habe die Erfahrung, dass immer frei haben auch nicht der Hit ist im Sommer und Herbst gemacht. Aufgrund der Mutterschutzbestimmungen in meinem Job habe ich während der gesamten Schwangerschaft so ungefähr vier oder fünf Wochen arbeiten dürfen. Den Rest der Zeit saß ich untätig zu Hause, während alle meine Freunde und Kollegen arbeiten mussten. Wenigstens bekam ich mein volles Gehalt, so dass nicht auch noch Geldsorgen dazu kamen, aber nach einigen Wochen war es ausgesprochen unbefriedigend, keine richtige Aufgabe zu haben.

Darüber konnten auch Hobbys nicht hinweg trösten. Dabei war bei mir von vornherein klar, dass diese Phase begrenzt ist und spätestens mit der Geburt meines Kindes gewiss keine Langeweile mehr aufkommen würde. Trotzdem war ich zeitweise frustriert, reizbar und für nichts mehr zu begeistern. Daher kann ich mir gut vorstellen, dass jemand, der so gar keine Perspektive sieht, schon richtig krank werden kann.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Nur weil man mal ein paar Tage frei hatte oder vielleicht auch einige Wochen hat man bestimmt noch kein Boreout, das entwickelt sich genau wie ein Burnout über einen langen Zeitraum, der meist über Monate oder Jahre geht und sich ganz langsam einschleicht, zumal zu beidem auch nicht einfach nur ein wenig Antriebslosigkeit, Lustlosigkeit einhergeht, sondern in der Regel auch mit einer tiefen Depression und auch die entwickelt man nicht innerhalb von wenigen Tagen. Ich finde es mehr als nur gefährlich solche Begrifflichkeiten einfach so in den Raum zu werfen.

» StarChild » Beiträge: 1405 » Talkpoints: 36,05 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Was soll das denn für eine Krankheit sein? Ist das ansteckend? Wird das durch Viren übertragen oder wie infiziert man sich? Und wie erfolgt die Diagnose? Durch Röntgenbilder?

» Sternenbande » Beiträge: 1860 » Talkpoints: 70,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich habe es auch nicht so mit wichtig klingenden Anglizismen, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass permanente Unterforderung mindestens auf das Gemüt schlägt, und sich schlimmstenfalls auch in behandlungsbedürftigen psychischen Symptomen wie Depressionen äußern kann. Anscheinend gibt es aber auch zahlreiche Mediziner und Forscher, die den Begriff als "Modeleiden" abtun.

Wer nun recht hat, kann ich als Laie natürlich nicht beurteilen, aber es gibt schließlich viele psychische Krankheiten wie z.B. Essstörungen oder ADHS, welche jahrzehntelang als Modeerscheinungen belächelt wurden, mittlerweile aber als ernst zu nehmende Erkrankungen gelten. Das Problem bei psychischen Erkrankungen aller Art ist ja nach wie vor, dass auf Röntgenbildern nichts zu erkennen ist, und für die schlichten Gemüter unter uns bekanntlich nur das real ist, was man auch anfassen kann bzw. wogegen Tabletten helfen. :roll:

Ich war auch schon chronisch unterfordert im Job, da man in meiner Branche zwar durchaus auch geistig gefordert sein kann, aber wenn man in die falsche Schiene rutscht, kann man auch an derart simple Tätigkeiten geraten, dass man sich schier zu Tode langweilt. Außerdem hatte ich oft schlicht zu wenig zu tun, um meine Zeit zu füllen und auch keine Aussicht auf mehr oder anspruchsvollere Aufgaben, da dies systembedingt nicht vorgesehen war und meine KollegInnen durch die Bank ganz zufrieden damit waren, täglich mehrere Stunden Zeitung zu lesen und online Tetris zu spielen.

Von daher kann ich mir schon vorstellen, dass man einen Knacks bekommen kann, wenn man sein ganzes Berufsleben irgendwelchen sinnfreien Mist machen muss und diesen auch noch so langsam wie möglich, damit der Arbeitstag irgendwie ausgefüllt wird und niemand merkt, dass man die Abteilung eigentlich auf drei Leute reduzieren könnte. Ich hatte noch das Glück, rechtzeitig das Weite suchen zu können, aber wenn man auf einen durchgehenden Verdienst angewiesen ist, kann sich schon Hoffnungslosigkeit breitmachen.

» Gerbera » Beiträge: 11313 » Talkpoints: 47,96 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Gerbera hat geschrieben:Von daher kann ich mir schon vorstellen, dass man einen Knacks bekommen kann, wenn man sein ganzes Berufsleben irgendwelchen sinnfreien Mist machen muss und diesen auch noch so langsam wie möglich, damit der Arbeitstag irgendwie ausgefüllt wird und niemand merkt, dass man die Abteilung eigentlich auf drei Leute reduzieren könnte. Ich hatte noch das Glück, rechtzeitig das Weite suchen zu können, aber wenn man auf einen durchgehenden Verdienst angewiesen ist, kann sich schon Hoffnungslosigkeit breitmachen.

So war es bei meinem Ex Partner ebenfalls, dass dieser nur Hirnlose stupide Aufgaben bekommen hatte die gerade mal eine Stunde seines Arbeitstages gefüllt haben. Denn Rest saß er auf Stube und musste dort nichts machen, durfte aber auch nichts machen. Da war nichts mit Computer spielen, Game Boy auspacken oder Zeitung, man saß dort und hat die Wand angeschaut und auf einen neuen Befehl gewartet. Das ganze ging nicht nur eine Woche so sondern fast 2 Jahre und fragt mal nicht was in der Zeit gelaufen ist. Chronisch Müde, unzufrieden und einfach Sachen packen und gehen ist da nicht wenn es einem nicht gefällt.

Ich hatte auch schon Stellen die mich gar nicht gefordert haben aber da es sich um überschaubare Zeiträume gehandelt hatte die vorher schon klar waren, kam ich damit auch zurecht. Aber ich hätte diese Jobs auch keine Minute länger machen wollen. Darunter auch Aufgaben am Band, dass man dort Stundenlang nur Joghurtbecher angeschaut hat wie sich diese befüllen und zwei Knöpfe gedrückt. Anspruchsvoll ist etwas anderes und obwohl das eine einfache und nicht fordernde Aufgabe war, war ich nach jedem Arbeitstag auch vor Langweile komplett platt und habe in meiner Freizeit auch nicht wirklich mehr etwas mit mir anfangen können.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



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