Bezeichnung Hausfrau beleidigend, wenn man keine ist?

Meine Freundin lebt seit einigen Jahren mit ihrem Partner zusammen. Sie studiert und arbeitet parallel in mehreren Jobs, um sich finanzieren zu können. Ihr Partner arbeitet Vollzeit. Der Haushalt wird von beiden übernommen, je nachdem, wer mehr Zeit hat. Es ist nach meinem Verständnis eine gleichberechtigte Partnerschaft, die sich nicht nach dem traditionellen Rollenbild orientiert.

Neulich waren wohl seine Eltern zu Besuch, die noch sehr traditionell und konservativ geprägt sind und die der Ansicht sind, dass sich automatisch die Frau um den Haushalt zu kümmern hätte. Meine Freundin wurde dann auch gelobt, dass sie eine gute Hausfrau wäre, weil die Wohnung ja so schön sauber und ordentlich ausschauen würde und dass sie eben so gut kochen würde. Meine Freundin erzählte mir hinterher, dass sie diese Aussage ziemlich gekränkt hätte, aber sie hätte sich vor den Schwiegereltern nichts anmerken lassen.

Eine wirkliche Hausfrau ist sie ja nicht, wenn sie studiert und nebenher mehrere Jobs hat, um das Studium und die Wohnung überhaupt bezahlen zu können. Sie teilt die Kosten für die Wohnung und Lebensmittel gerecht mit ihrem Partner auf und hat dann noch Geld, sich selbst ab und an Luxus leisten zu können. Es ist also nicht so, dass sie auf seine Kosten lebt und der Haushalt wird auch aufgeteilt. Daher kann ich verstehen, dass sie nicht gerne als Hausfrau bezeichnet werden möchte, aber ist es nicht übertrieben, das direkt als Beleidigung aufzufassen? Empfindet ihr es als beleidigend, wenn man als Hausfrau bezeichnet wird, wenn man gar keine ist? Oder übertreibt meine Freundin total?

Warum sollte es beleidigend sein, als Hausfrau bezeichnet zu werden? Das ist doch nichts schlimmes oder etwas für das man sich schämen müsste. Ich könnte verstehen, dass man beleidigt ist, wenn man als Prostituierte bezeichnet würde. Das ist für mich etwas ganz anderes.

Ich denke, dass die Eltern des Partners deine Freundin einfach mal loben wollten und ihr eben eine Freude machen wollten. Deine Freundin hätte ja auch sagen können, dass sie nicht alleine diese Hausfrauenqualitäten besitzt, sondern dass ihr Partner eben auch ordentlich mit angefasst hat, damit die Wohnung in so einem Glanz erstrahlt. Wenn es sie so gestört hätte, hätte ich das an ihrer Stelle nicht so auf mir sitzen lassen und die Sache eben aufgeklärt.

Überspitzt formuliert würde ich mich spontan eher als Prostituierte bezeichnen lassen. Das ist wenigstens ehrlich verdientes Geld!

Aber Spaß beiseite: Natürlich ist nichts daran verwerflich, Hausfrau zu sein, und ich glaube auch nicht, dass die Dame die Tätigkeit oder Bezeichnung als Hausfrau an sich als ehrenrührig ansieht. Irgend jemand muss eben die Fenster putzen. Was sie vermutlich eher aufgeregt hat (und was mich selber auch maßlos aufregt) ist die nach wie vor vorherrschende Vorstellungen, dass Hygiene, Heim und Herd alleine die Domäne der Uterusbesitzerin in einer Beziehung sind und so "Bagatellen" wie Job(s) und Studium quasi nebenher laufen, damit die Dame des Hauses ein bisschen unter Leute kommt, wie es schon in Loriots "Jodeldiplom" persifliert wird.

Für mich und viele andere Frauen ist dieses Konzept nicht nur veraltet, sondern auch beleidigend, da hier ein engstirniges, diskriminierendes Frauenbild, welches eigentlich schon lange überholt sein sollte, perpetuiert wird. Ich wäre auch nicht begeistert, wenn die lieben Schwiegereltern meine anstehende Promotion achselzuckend abtun würden und kein Wort darüber verlieren, dass ich parallel noch Vollzeit berufstätig bin, aber sich am frisch geputzten Boden erfreuen, weil ich so beweisen kann, dass ich in der klassischen Frauendomäne keine Versagerin bin. Alles andere hat ja in meinem Köpfchen nichts zu suchen, sozusagen.

Wenn Menschen allgemein dieser Meinung sind, ist es mir zwar meistens egal, aber ich wäre auch gekränkt, wenn man mir derart offen vor den Latz knallen würde, dass ich eigentlich nur fürs Kochen und Putzen gut genug bin, weil ich das entsprechende Set an Genitalien habe.

Sie hat es sicherlich als Beleidigung aufgefasst, weil sie es letztendlich nicht alleine gemacht hat und eben etwas anderes macht und nicht nur die Bude putzt. Wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass das schlecht oder böse gemeint war. Ich denke, dass man einfach nur ein Kompliment über die Sauberkeit in der Wohnung loswerden wollte und dies unglücklich verpackt hat.

In der heutigen Zeit kann Hausfrau schon mal negativ ausgelegt werden, weil viele Frauen arbeiten gehen und nicht mehr zu Hause den Herd hüten. Wobei ich es nicht beleidigend finde, wenn jemand so etwas sagt. Es ist ja auch wertvolle Arbeit, die getan werden muss, die eine Hausfrau erledigt.

Ich kann es schon irgendwie verstehen, was deine Freundin meint und dass sie eben nicht darauf reduziert werden möchte, dass sie die Wohnung ordentlich und ein gutes Essen auf den Tisch gebracht hatte. Aber ich denke auch, dass das so nicht gemeint war und dass die Eltern ihres Freundes sie loben wollten. Das ist vielleicht etwas falsch rübergekommen, aber beleidigend ist diese Aussage für mich nicht.