Bewusst Klischees bedienen und das auch im Werk erwähnen
Ein Bekannter von mir schreibt gern, so wie auch mein Freund, allerdings macht geht er in eine etwas andere Richtung. Mein Freund ist sehr ernst beim Schreiben, versucht immer etwas neues zu machen und greift nur ungern auf altbewehrtes zurück.
Mein Bekannter ist da ganz anders. Er nimmt jedes Klischee eines Genres, egal wie billig, und arbeitet es in seine Werke mit ein. Dann lässt er seine Protagonisten sogar erwähnen, wie klischeehaft das Ganze ist und lässt sie motzen oder lachen, je nach Handlung.
Was haltet ihr davon, Klischees quasi als Satire in seinem Werk unterzubringen und die Charaktere dann auch noch offen darauf hinweisen zu lassen? Würdet ihr sowas lesen, weil es witzig ist oder würde euch das eher abschrecken?
Kann sehr viel Spaß machen, sowohl als Schreiber, als auch als Leser. Problematisch wird es, wenn es inflationär geschieht. Ein Klischee zu nehmen und zu beleuchten kann ganz neue Seiten hervorzaubern, siehe so manche Schilderung bei Terry Pratchett, der auch gerne und oft sich Klischees vorknöpft und sie so lange auseinander nimmt, bis etwas komplett anderes rauskommt. Ein sehr gutes Beispiel bietet seine Beschreibung der Elfen in „Lord ans Ladies“:
„Elfen sind wundervoll. Sie bewirken Wunder.
Elfen sind erstaunlich. Sie geben Grund zum staunen.
Elfen sind bezaubernd. Sie weben ein Netz aus Zauber.
Elfen sind toll. Sie bringen einen um den Verstand.
Niemand hat je gesagt, dass Elfen nett sind.“
Indem er das Klischee genau beleuchtet holt er einen Aspekt raus, der einem bis dahin eher entgangen ist. Wes Craven machte dies bei Scream, er ließ die Leute nach den bekannten Klischees handeln, gab ihnen aber das Wissen um die Klischees, weshalb es trotz der Klischees spannend wurde. Dieser Dreh war so gut, das er sogar in der Parodie funktionierte, wenigstens im ersten teil von Scary Movie.
Schlimm wird es, wenn es zum Klischee-bashing verkommt. Es kann zuweilen witzig sein, wenn man ein Klischee nimmt welches in sich nicht nur alt, sondern auch ziemlich blödsinnig ist, wie die Meute an Leuten, die im alten Geisterhaus erst einmal beschließt „Lasst uns aufteilen und alles durchsuchen.“ (Ich bin der festen Überzeugung, wenn es irgendwo eine Gewerkschaft für Monster gibt, das die in ihren Verträgen eine Klausel haben: Gruppen müssen sich aufteilen. Immer.) Das kann man prima parodieren, sich drüber lustig machen oder wenigstens fragen „Sind wir hier bei Scooby-Doo oder was?“. Und selbst dort machen sie sich über das Klischee ja lustig)
Bei manchen anderen Klischees kann das aber nach hinten losgehen, besonders wenn der Autor selbst nicht ganz durchblickt worauf das betreffende Klischee beruht und voll in das Fettnäpfchen tritt. Oder seine Protagonisten zu einer Horde Unsymphaten werden lässt, weil sie sich in einer Tour über alles lustig machen, was als Klischee durchgehen kann. Kurzum: Verwenden ja, aber bisschen mit Vorsicht ran gehen, um nicht nachher unschön dazustehen.
Kerstin Gier und zum Teil auch Dora Heldt, bedienen sich in ihren Romanen gerne auch diverser Klischees. Ich nenne nur mal das Werk Die Mütter Mafia von Kerstin Gier, von dem es ja auch Fortsetzungen gibt. Kerstin Gier bedient in der Reihe durchaus sämtliche Klischees von der Übermutter bis zur naiven Studentin und den Nachbarn im Rentneralter, die den Blockwart spielen wollen. Sie macht das auf eine durchaus charmante Art und Weise.
Feuchtgebiete ist an sich ein grausiges Buch, von dem ich bis heute nicht weiß, warum es so viele Menschen so toll finden. Allerdings bedient auch das Buch diverse Klischees. Und wenn es nur das Klischee ist, dass Charlotte Roche da über Dinge schreibt, die jeder macht, aber keiner darüber reden mag.
Ich denke, man kann durchaus über diverse Klischees schreiben, durchaus auch in einem ironischen Stil. Es kommt immer darauf an, wie es gemacht ist. Ich habe vor kurzem ein Buch gelesen, welches eine Frau schrieb, die ihren Weg vom Hartz 4 Bezug auf eine südpazifische Insel beschrieb. Sie griff auch voll in die Kiste von Klischees. Aber sie hat das so dermaßen mies dargestellt, dass ich das Buch für mich unter brauner Mist verbucht habe.
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