Beten in christlicher Einrichtung verweigern?

Ich arbeite gerade in einem christlichen Altenheim. An sich ist da auch klar, dass man betet, den Glauben weitergibt und so weiter. Nun arbeite ich in der Stationsküche und habe auch recht viel mit den Menschen zu tun. Bei meiner Bewerbung habe ich gleich gesagt, dass ich jeder Glaubensrichtung gegenüber offen bin, aber selber an keinen Gott glaube, das hat man auch so hingenommen. Nun wird vor dem Essen gebetet. Beim ersten Mal sollte ich das Gebet sprechen und dabei habe ich mich so unwohl gefühlt, dass es eine Kollegin mitbekommen hat. Seit dem macht sie das sehr gerne für mich.

Ich habe mich nun nicht grundsätzlich verweigert, ich habe das auch so gesagt, dass ich es machen würde, aber es für mich komisch ist, weil ich so eben nicht empfinde. Meine Kollegen stört das nicht und sie machen das dann auch gerne für mich. Würdet ihr euch beim gemeinsamen Gebet verweigern oder würdet ihr es einfach so machen? Zu dem was verlangt wurde. Ein Gebet sprechen und dann eben am Ende das Vater unser sprechen. Ich habe ja auch nichts gegen Christen, aber wenn man das selber nicht so sieht, dann geht es mir zumindest so, fühlt man sich unwohl.

Ich finde es, ehrlich gesagt, total daneben, dich zunächst mit dem Wissen, dass du nicht religiös bist einzustellen und dann zu verlangen, dass du ein Gebet sprichst. Das finde ich total paradox. Ich wäre in der Situation total aufgeschmissen, weil ich gerade mal den ersten Satz vom Vater Unser kenne und außerdem würde ich mich auch weigern.

Ich habe bereits in Stille neben Betenden verharrt. In Kenia ist das oft üblich, dass man sich vor der Begrüßung und beim Verabschieden in einen Kreis stellt und betet. Ich habe nicht mal "Amen" danach gesagt. Still sein kriege ich ja hin, aber alles andere wäre irgendwie eine Lüge. Wenn man nicht an Gott glaubt, soll man auch nicht so tun. Das fände ich auch respektlos.

Ich glaube, dass mir das gar nicht so viel ausmachen würde. Ich finde die Tatsache, dass sich erwachsene Menschen im 21. Jahrhundert hinsetzen und mit ihrem unsichtbaren Freund sprechen so extrem lächerlich, dass ich Gebete überhaupt nicht ernst nehmen kann. Und mir fällt es schwer mich ernsthaft zu empören, wenn ich eigentlich laut los lachen möchte. Wie ernsthaft ich beim Vorlesen dann allerdings wäre ist eine andere Frage.

Meiner Meinung nach sollte man sich schon anpassen, denn wenn man sich in einer christlichen Beruf befindet oder dort sein möchte, dann sollte man Rücksicht auf den Glauben der anderen nehmen. Ein Gebet verweigern fände ich nun wirklich unhöflich, wenn man natürlich keins auswendig kennt und keins aufsagen kann, dann ist das natürlich nicht so schlimm. Aber wenn man sich trotzig hinsetzt und behauptet, dass man das nicht kann und möchte, das finde ich schon irgendwie falsch. Immerhin weiß man doch, dass man sich in einer religiösen Einrichtung befindet.

Dann hat man meiner Meinung nach nämlich den Arbeitsplatz verfehlt, da es eben auch nicht christliche Einrichtungen gibt. Es gibt so viele christliche oder andere religiöse Einrichtungen, die unreligiöse Menschen gar nicht erst annehmen und ihnen gar nicht die Chance für einen Beruf geben. Das finde ich auch nicht unbedingt schön und tolerant, allerdings frage ich mich immer wieso Atheisten jedem auf die Nase binden müssen, dass sie eben ungläubig sind. Ich bin übrigens Agnostikerin und ich wurde auch ohne jegliche Religion großgezogen, sprich ich wurde nicht getauft. Ich bin absolut neutral und ich verstehe das Verhalten anderer nicht immer.