Besuche im Hospiz strenger und anders als in Klinik?

Von einer Bekannten der Bruder hat Krebs im Endstadium und befindet sich daher in einem Hospiz. Sie erzählte, dass dort die Besuche doch viel strenger ablaufen würden, als in einer Klinik oder einem Krankenhaus. Man könnte nicht einfach den Patienten besuchen, sondern müsste sich zuerst anmelden und dann auch genau angeben, wer man ist und wohl auch in welchem Verhältnis man zu dem Patienten steht.

Ich finde das durchaus sinnvoll und wichtig. Sonst würde ja vielleicht jeder einfach dort hinein marschieren. Es geht den Patienten sicherlich auch nicht täglich gleich und da muss man natürlich auch Rücksicht nehmen.

Habt ihr schon mal jemandem in einem Hospiz besucht? Sind die Regeln für Besucher da wirklich viel strenger? Gibt es da noch andere Dinge, die auf einen Besucher zukommen? Werden die Besuchszeiten dort vielleicht genauer eingehalten?

Ich kenne mich mit Hospizen nicht aus, aber es gibt definitiv keine allgemeingültigen Besuchsregeln für Kliniken. Selbst bei uns an der Uniklinik gibt es keine allgemeingültigen Regeln, obwohl die verschiedenen Stationen in den verschiedenen Häusern ja alle zusammen gehören.

In einem Haus habe ich es erlebt, dass es überhaupt keine Besuchsregeln gibt. Solange deine Besucher nicht im Weg sind und den Ablauf irgendwie stören sagt niemand etwas, du kannst selbst spät Abends noch mit deinem Besuch im Aufenthaltsraum sitzen und Pizza auf die Station bestellen. In einem anderen Haus gibt es hingegen Besuchszeiten und die Vorgabe, dass sich jeder Besucher an der Rezeption anmelden muss.

Fand ich erst mal etwas irritierend, aber es macht schon Sinn in einer orthopädischen Klinik, weil da viele Patienten relativ oft nicht in ihrem Zimmer sind sondern in anderen Abteilungen Termine und Untersuchungen haben oder dem ärztlichen Rat nachkommen und sich bewegen. Da ist es schon gut wenn das Personal ein Auge auf die Leute hat, die ein und aus gehen, denn man hört ja immer wieder von Diebstählen in Krankenzimmern.

Ich könnte mir gut vorstellen, dass das der eigentlich Grund ist, warum dieses Hospiz Besucherregeln eingeführt hat. Diese Patienten wären wahrscheinlich die perfekten Opfer für potentielle Diebe, weil viele wahrscheinlich unter Medikamenten stehen und nicht mehr alles mitbekommen, was um sie herum passiert. Und wenn man dort als Besucher regelmäßig ein und aus geht wird man sich sicher irgendwann nicht mehr groß anmelden müssen weil man bekannt ist.

Mein Vater liegt seit seit 14 Tagen aufgrund seiner Krebserkrankung in einem Hospiz. Verwandte dürfen dort umsonst schlafen, ich war 3 Tage dort und bin erst gestern Abend nach Hause gekommen.

Es ist dort natürlich schon so, dass man nicht so ohne Weiteres hereinkommt und erst mal klingeln muss und natürlich müssen die wissen, zu wem man will und wer man ist. Aber großartig anmelden muss man sich nicht. Klar ist das eine Einrichtung mit einem sehr sensiblen Hintergrund und die Menschen brauchen ihre Ruhe, es kommt aber ganz sicher auch auf den Zustand des betreffenden Patienten an.

Besuchszeiten gibt es dort nicht, so wie es dort allgemein im Gegensatz zu Krankenhäusern wenig Regeln und Tabus gibt. Ein Mal habe ich es erst abends um elf dorthin geschafft, das spielt dort angesichts des Hintergrunds keine Rolle, wenn es für den Patienten in Ordnung geht; mein Vater ist ohnehin immer die halbe Nacht auf. Priorität hat, was den Bewohner in seiner letzten Zeit glücklich macht.

Ansonsten waren Hospize auch etwas Neues für mich und ich hab mir das ganz anders vorgestellt. Die Menschen erhalten dort ein Verwöhn-Programm wie im Urlaub, bis auf die Anwesenheit von Pflegern und Versorgung mit Medikamenten hat es sehr wenig mit Kliniken gemein. Mir kommt es eher wie ein Hotel oder eine gehobene Kureinrichtung vor.

Große, gut ausgestattete, modern möblierte Zimmer mit großer Terrasse zum Rauchen (mein Vater raucht den ganzen Tag Cannabis ohne Rezept, geht völlig in Ordnung für die), kostenloses W-Lan ist ja sowieso Standard heutzutage. Es gibt Essen, Naschkram und Kuchen rund um die Uhr, man muss nur klingeln, ansonsten ist die Küche sowieso rund um die Uhr offen und die Leute, auch Besucher, brauchen sich nur zu bedienen. Selbst Bier und Rum bietet der Kühlschrank. Mein Vater bezieht Grundsicherung und lebte die letzten Jahre dauerpleite und in Armut, wenigstens hat er dieses Problem in seiner letzten Zeit nicht mehr.

Ich bin noch immer völlig von den Socken, dass so etwas als Kassenleistung existiert. Allerdings hat mein Vater auch das Glück, einen Platz in einem der besten Hospize der Umgebung bekommen zu haben. Ich hoffe er hat noch viel Zeit um das auszukosten. Für mich sind die Tage dort quasi wie Kurzurlaube, den ganzen Tag entspannen, mit meinem Vater auf der Terrasse in der Sonne sitzen, quatschen, Bierchen trinken und es sich gutgehen lassen.

Dennoch ist der Tod dort allgegenwärtig und das Kondolenzbuch im Foyer hat jedes Mal wenn ich komme neue Einträge, obwohl dort nur etwa ein dutzend Menschen untergebracht sind. Der Tag, an dem ich dort meinen Eintrag hinterlasse und meinen letzten Besuch dort mache, wird natürlich kommen. Muss man verdrängen und die Zeit genießen. Aber auch danach sind Angehörige dort weiter willkommen, wenn sie vielleicht mal reden wollen oder so etwas, denn im Grunde ist das dort eine große Gemeinschaft mit betont familiären Charakter.

Erst war ich skeptisch, es hatte den Beigeschmack, aufgegeben und zum Sterben abgeschoben zu werden. Auch hätte ich ihn lieber zuhause zusammen mit dem Pflegedienst versorgt und gepflegt. Das habe ich nach meinem ersten Besuch dort sofort anders gesehen, denn diese Versorgung kann man zuhause nicht umsetzen, allein schon finanziell. Zumindest in diesem Hospiz sind Patienten und Angehörige so gut versorgt, wie es nur menschenmöglich ist und ich bin sehr dankbar, dass es so etwas gibt.