Besuch bekommen, mit dem niemand rechnet?

Also wenn ich Besuch bekomme, dann kündigt sich dieser normalerweise an. Ich hasse nämlich Überraschungen jeder Art und ich habe mein Umfeld soweit „erzogen“, dass es sich vorher ankündigt, wenn jemand mal spontan vorbeikommen will und ich eben nicht überrumpelt werde.

Einmal habe ich jedoch einen ziemlichen Überraschungsbesuch bekommen und mit dem hätte ich echt nicht gerechnet. Ich war damals das Wochenende in meinem Elternhaus, als es an der Tür klingelte und als ich die Tür öffnete, sah ich meine Cousine. Das klingt im ersten Moment wahrscheinlich komisch, ist es aber nicht, wenn man die Hintergründe kennt.

Sie lebte zu dem Zeitpunkt schon mehrere Jahre im Ausland, über 1000 km von uns entfernt. Ich hatte sie schon viele Jahre nicht einmal zu Familienfeiern und dergleichen gesehen und auf einmal stand sie direkt vor mir ohne Ankündigung. Ich habe mich sehr gefreut, auch weil ich sie sehr vermisst habe. Habt ihr schon einmal Besuch bekommen, mit dem ihr echt nie im Leben gerechnet hättet? Um wen handelte es sich dabei?

Ich war mit etwa 16 Jahren das erste Mal ohne Eltern im Urlaub. Wir sind zu sechst mit dem Zug nach Italien gefahren, ins Ferienhaus der Eltern einer Freundin. Meine Mutter hat mich natürlich vorher ausgefragt, wo das ist, aber in so etwas war sie immer sehr geschickt. Ich nahm an, dass es nur darum ging, dass sie wissen wollte, wo ich bin, weil ich immerhin das erste Mal ohne elterliche Aufsicht im Ausland war.

Tja, weit gefehlt. Wir lagen da in der Sonne, haben geraucht und getrunken und plötzlich standen meine Eltern auf der Matte. Ich kann nicht behaupten, dass ich mich sehr gefreut habe. Geschweige denn meine Freunde. Hätte sie sich allerdings angekündigt, wäre es nicht weniger problematisch abgelaufen. Dann hätte ich ihr ja sagen müssen, dass sie nicht kommen soll. Wer will seine Mutter beim ersten elternlosen Urlaub dabei haben?

Ich habe zum Glück noch nie Besuch bekommen, mit dem ich überhaupt nicht gerechnet habe. Das finde ich aber auch gut so, da ich Überraschungen in dieser Hinsicht nicht leiden kann. Bei Besuch muss ich mich einfach darauf vorbereiten. Ich mag es nicht, wenn einfach jemand bei mir vorbeikommt, ohne sich vorher anzukündigen. Von daher wäre ich auch nicht unbedingt erfreut darüber, wenn das jemand bei mir machen würde, egal um wen es sich dabei überhaupt handelt.

Das ist aber auch nicht unbedingt so möglich bei mir. Viele Freunde kennen meine genaue Adresse nicht, genauso wie Verwandte. Die meisten wissen aber auch, dass ich sehr viel unterwegs bin und dass die Wahrscheinlichkeit, mich zu Hause anzutreffen, auch nicht immer die größte ist. Von daher kündigt sich Besuch in der Regel schon immer an, was ich auch gut so finde.

Das soll sich bei mir mal jemand trauen, einfach so vor der Tür zu stehen! Wir sind heute vernetzter denn je und können das Muster auf dem Milchschaum unserer Kaffeetasse binnen Sekundenbruchteilen mit der ganzen Welt teilen. Die meisten von uns tun das auch. Da wird es doch wohl nicht zuviel verlangt sein, mindestens 24 Stunden vorher anzukündigen, dass man gerade im Quadranten ist und gerne vorbeischauen möchte.

Jeder, der mich kennt, weiß, dass er keinen besonders herzlichen Empfang zu erwarten hat, wenn er unangekündigt vor der Tür steht und nicht gerade mit dem Auto liegen geblieben oder vom Freund vor die Tür gesetzt worden ist. Das hat auch gar nichts damit zu tun, ob ich die Person sonst mag oder ob ich mich unter veränderten Umständen riesig freuen würde, sie zu sehen.

Ich wäre einfach so perplex, dass ich meine Gastgeber-Rolle nur mit großen Startschwierigkeiten spielen könnte. Und je näher mir die Person steht, desto perplexer wäre ich, da es jedem Freund und Familienmitglied sonnenklar sein müsste: Die Gerbera ist weder spontan noch gesellig und muss sich auf Besuch vorbereiten wie auf eine Alien-Invasion. Deswegen ist glücklicherweise auch nie jemand so unvorsichtig und bringt meinen Feierabend oder mein Wochenende unangekündigt durcheinander.