Beruflich ganz andere Wege gehen als in Ausbildung gedacht?
Macht ihr heute das, was ihr euch in der Ausbildung oder im Studium vorgestellt habt oder hat es euch in ganz andere Bereiche und Tätigkeitsformen verschlagen? Im Studium hatte ich immer die Idee, später entweder an der Uni zu arbeiten oder im höheren Management, in einer „wichtigen“ Position. Beides war dann doch nichts und heute bin ich ganz froh damit, Einzelselbstständiger zu sein.
Das mit der Uni hatte lange Zeit nicht geklappt, ich habe dann zwar promoviert, aber ohne Anstellung an der Uni, sondern „nebenbei“ zum normalen Arbeiten. Inzwischen habe ich eine Teilzeitstelle an der Uni, habe aber gemerkt, dass die Forschung ganz anders läuft als gedacht und dass es tatsächlich recht langweilig ist, weil ich keine tollen glorreichen Aufgaben habe, sondern so Kleinkram, wie beispielsweise Informationen von Webseiten aus dem Internet zusammentragen und die zur Datenauswertung in eine Excel-Tabelle eintragen.
Und das mache ich dann den ganzen Tag. Es ist ziemlich öde. Der einzige Grund, warum ich diese Tätigkeit dann doch behalten habe, besteht darin, dass ich dort auch wenig Stress habe und dass die Stelle sicher ist, denn die Uni wird einem nicht kündigen. Man ist dort erstaunlich unproduktiv und verbringt den ganzen Tag mit einer Aufgabe, für die man in der freien Wirtschaft vielleicht 1-2 Stunden zur Verfügung hätte. Da der Müßiggang aber ganz gut bezahlt wird, werde ich das erstmal behalten.
Mein Plan B, dass ich gern eine höhere Position hätte, hat auch nicht so geklappt. Ich hatte schon Stellen, wo ich in der Hierarchie etwas weiter oben stand, aber ich habe gemerkt, dass ich zum einen innerhalb der Organisation mich an ganz viele Vorgaben halten musste, die ich teilweise sinnlos fand und mich schwer damit tat und dass andererseits diejenigen, die hätten auf mich hören müssen, genau das nicht getan haben. Beispielsweise hatte ich mal eine Sekretärin, aber anstatt mich zu unterstützen hat die eher mir gesagt wie ich was machen soll und mich oft angemeckert, obwohl ich doch deren Vorgesetzte war.
Darüber habe ich dann lange Zeit nachgedacht, warum das wohl so ist, dass die mich gar nicht ernst nehmen und kam dann zu dem Schluss, dass mir offenbar so eine natürliche Autorität fehlt. Ich wirke auf andere oft eher lieb und nett, vielleicht auch etwas schüchtern und ich strahle eben keine Autorität aus und wenn ich da an dominante Menschen gerate, buttern die mich unter, auch wenn die gemäß der Hierarchie im Unternehmen eigentlich unter mir stehen. Die Freiheit und Anerkennung, die ich mir von solchen Positionen erhofft habe, kam dann auch nie.
Mit meiner selbstständigen Tätigkeit bin ich hingegen sehr zufrieden, weil ich da machen kann, was ich will, mir meine Arbeit und Zeit frei einteilen kann und mich an keinerlei Vorgaben von anderen halten muss. Im Studium hätte ich aber nie gedacht, dass ich mal selbstständig sein werde, das hatte ich gar nicht auf dem Schirm.
Macht ihr heute das, was ihr in Ausbildung oder Studium wolltet? Man hat ja oft bestimmte Idee, in welchen Unternehmen oder auf welchen Positionen man arbeiten will. Oder habt ihr auch was ganz anderes für euch entdeckt?
Ich hatte schon andere Pläne als das was ich heute mache. Ich habe mich irgendwann einfach dem Realismus gestellt, dass mein eigentlicher Wunsch viel Zeit gekostet hätte und ich mich nicht so gut um die Kinder hätte kümmern können, die ich aber unbedingt haben wollte.
So habe ich meinen Kindern zu Liebe schon relativ früh meine Pläne umgestellt und kann mir nun so meine Zeit selber einteilen und dementsprechend dann auch mehr oder weniger verdienen, wie ich es schaffe und möchte. Angewiesen sind wir auf mein Geld nicht, aber ich möchte eben auch etwas machen und so hat man immer etwas, was man auch zurücklegen kann.
Ich finde es aber auch nicht schlimm, dass ich nun etwas anderes mache. Wahrscheinlich hätte ich mich das auch gar nicht getraut, aber nun habe ich es gewagt und bin sehr zufrieden mit dem Ausgang. Darauf kommt es ja auch an, dass man am Ende glücklich ist.
Ja, ich würde schon sagen dass ich meinen beruflichen Weg immer wieder geändert habe. Ich habe auch angefangen zu studieren, BWL. Mir hat mein Studium im Großen und Ganzen schon sehr viel Spaß gemacht, allerdings kam dann meine Schwangerschaft dazwischen und ich wurde aufgrund nicht bestandener Prüfungen exmatrikuliert. Somit musste ich mir zwangsläufig etwas anderes suchen und habe eine Ausbildung als Steuerfachangestellte gemacht. Diese Ausbildung wäre und war allerdings dann auch mehr eine "Notlösung" als ein berufliches Ziel.
Mir war dann schon während der Ausbildung bzw. auch kurz danach klar, dass ich den erlernten Beruf nicht mein ganzes Leben lang machen wollen würde. Mir war das Steuerthema doch etwas zu trocken. Ich habe mir deshalb auch gleich nach der Ausbildung einen Job in der freien Marktwirtschaft gesucht und habe dort dann auch in der Rechnungskontrolle eine Zeit lang gearbeitet. Der Job hätte mir dann auch ganz gut gefallen, allerdings war ich dort nur befristet angestellt und musste mir dann letztendlich doch wieder etwas Neues suchen.
Danach war ich erstmal ziemlich "verloren" und niedergeschlagen und wusste so gar nicht mehr wohin mich mein beruflicher Weg führt. Ich habe dann zwei Jobs angenommen, die mich zwar auch im kaufmännischen Bereich waren, mich aber ziemlich unterfordert haben.
Eigentlich hätte ich mich dann gerne im sozialen bzw. psychologischen Bereich eingebracht, sprich zum Beispiel eine Umschulung zur Kinderpflegerin gemacht. Ja und dann hab ich in die Zeitung geschaut und gesehen dass die Kriminalpolizei eine Schreibkraft sucht. Da eine meiner Stärken schon immer das 10-Finger-Schreiben war und ist ich auch in Freizeit immer schon ein großes Interesse an Kriminalfällen (Krimi- und Profilingserien etc.) hatte, war das für mich der Wink mit dem Zaunpfahl. Das hat dann tatsächlich geklappt und inzwischen darf ich schon ein gutes Jahr in diesem Bereich arbeiten. Es ist jetzt vielleicht immer noch nicht der Job der mich tatsächlich voll fordert und meiner Qualifikation entspricht, aber er erfüllt mich, er macht mir sehr viel Spaß, weil neben der Tätigkeit selbst halt auch das Drumherum einfach mega gut passt.
Hätte mich jemand vor 15 oder 10 Jahren gefragt, ob ich mir vorstellen könnte mal für die Kriminalpolizei zu arbeiten, dann hätte ich ihm / ihr vermutlich ein "Nein" zur Antwort gegeben. Würde mich jetzt jemand fragen, ob ich mir vorstellen könnte in 10 oder 20 Jahren immer noch für die Kriminalpolizei zu arbeiten, dann würde ich das tatsächlich bejahen. Derzeit habe ich mal wieder einen befristeten Vertrag und ich hoffe / bete, dass dieser bald in einen unbefristeten Vertrag umgewandelt wird.
Grundsätzlich habe ich im Laufe meiner Berufsjahre allerdings inzwischen gelernt, dass es eigentlich nur sehr selten einen "geraden Weg" im Berufsleben gibt. Ich habe zum Beispiel auch mehrere Verwandte und Freundinnen die sich im Alter zwischen 30 und 40 Jahren nochmal komplett neu orientiert haben. Eine Freundin wurde von der Bürokauffrau zur Kinderpflegerin und eine andere von der Verwaltungsbeamtin zur Hebamme.
Ich bin mir sicher, dass jede geschlossene Tür neue Türen öffnen kann und dass man sich dem auch grundsätzlich nicht stur verschließen sollte. Einer meiner Lieblingsmottos ist "Auch aus Steinen die einem in den Weg gelegt werden kann man schönes bauen".
Auch mein Berufsweg verlief nicht linear nach irgendeinem Masterplan. Zwar bin ich letzten Endes in dem Beruf gelandet, den ich tatsächlich schon früh in meiner Kindheit als „Traumjob“ im Kopf hatte, aber es gab durchaus eine Phase in meinem Leben kurz nach dem Abitur und vor der Bewerbung für ein Studium, wo ich gezögert und etwas völlig anderes in Betracht gezogen habe. Die Entscheidung für den „Plan A“ fiel damals weniger aus tiefer Überzeugung als aus dem Wissen heraus, dass ich mich vielleicht irgendwann darüber geärgert hätte, es nicht versucht zu haben.
Während des Studiums habe ich mich dann recht früh auf eine bestimmte Spezialisierung eingeschossen, die sehr analytisch und menschenfern war. Damals habe ich mir das als das angenehmste und stressfreieste Feld in meinem Bereich vorgestellt. Als ich dann aber tatsächlich erste Einsätze in dieser Fachrichtung hatte, musste ich feststellen, dass ich mir kaum etwas langweiligeres und unerfüllenderes vorstellen konnte. Ironisch ist außerdem die Tatsache, dass ich eigentlich nie mit Kindern arbeiten wollte, und jetzt doch auf ein Gebiet mit viel Kontakt zu jungen Menschen umgeschwenkt habe. Ich bin damit allerdings derzeit voll und ganz zufrieden und glaube, dass ich damit eindeutig die bessere Wahl getroffen habe.
Zwischenzeitlich hatte ich auch mal die Vorstellung, in die Forschung zu gehen, aber diesen Zahn hat mir die Arbeit an meiner Promotion ein für allemal gezogen. Dabei wurde mir einfach bewusst, dass ich ein völlig unrealistisches und idealisiertes Bild davon hatte, wohingegen der Alltag in diesem Bereich zu 90% von Druck, Frust und ungewürdigtem Arbeitsaufwand geprägt ist. Die 10% Ruhm und Ehre, die mit etwas Glück dabei herauskommen, sind es mir persönlich die Plackerei eben nicht wert.
Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich heute etwas komplett anderes mache als ich im Studium geplant hatte, aber meine ursprünglichen Karrierepläne haben die Konfrontation mit der Realität auch nicht überlebt.
Ich habe festgestellt, dass die Arbeit in einem großen, internationalen, Konzern absolut nicht mein Ding ist. Die Arbeit selber war toll, das Team auch, aber die ganzen Strukturen haben Kreativität eher verhindert als gefördert.
Der Frust wurde immer größer und als ich mich dann spontan bei einem kleineren Unternehmen beworben haben und nicht von XY aus der Personalabteilung zum Gespräch empfangen wurde sondern vom Inhaber persönlich wusste ich, dass das eher meine Welt ist.
Meine Ausbildung samt Abitur war vor 30 Jahren und die Wende hat damals die Pläne von mehreren Ausbildungsjahrgängen durchkreuzt. Niemand von uns hat den damals geplanten Weg eingeschlagen. Heute ist unser Jahrgang sehr durchwachsen mit mehreren Selbstständigen bis hin zu Leuten, die dann etwas anderes studiert haben und auch einfachen Angestellten.
Die Zeit nach der Wende habe ich dann genutzt, um mich in verschiedenen Branchen umzusehen, was mir am meisten Spaß macht. Diese Pläne haben dann gesundheitliche Pläne durchkreuzt und so musste wieder umgeplant werden. Wir waren damals einer ersten Ausbildungsgänge, wo die Wirtschaft gejammert hat, dass IT-Fachleute fehlen. Nachdem wir dann der Wirtschaft zur Verfügung standen, war der Boom schon wieder vorbei.
Nach der Familiengründung bzw. schön während der Elternzeit gab es erste Pläne bezüglich einer Selbständigkeit, die dann zusätzlich noch freiberufliche Tätigkeiten mit sich brachte. Vor knapp drei Jahren kam die Gelegenheit ein Ladengeschäft zu übernehmen. Mit Kauf von Grundstück und Gebäude. Das in Wohnnähe, keine Sorgen mehr, ob man nach dem beendeten Kurs beim Bildungsträger noch gebraucht wird oder einen neuen Auftraggeber suchen muss.
Die freiberuflichen Tätigkeiten habe ich zum Teil behalten und auch die erste Selbstständigkeit läuft als Nebengewerbe noch weiter, weil da auch regelmäßig Aufträge reinkommen. Und wenn ich bedenke, dass ich bei Plan A täglich in ein Büro müsste, dann lebe ich heute wesentlich entspannter und sorgloser.
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