Beruf wegen möglicher Tierversuche bewusst ablehnen?
Eine Bekannte von mir möchte in ihrem Master gerne in den Bereich der Biochemie gehen, da sie dieser Zweig sehr interessiert. Allerdings ist es so, dass sie durch einen Professor nun stark verunsichert wurde. Dieser hatte angekündigt, dass einige Studenten möglicherweise einen Tierversuchs-Schein machen müssen, wenn sie in den Master kommen.
Das möchte meine Bekannte aber unter keinen Umständen. Natürlich gibt es auch Bereiche in der Biochemie in der keine Tierversuche notwendig sind, aber das kann man vorher schlecht absehen. Man kann sich nicht immer aussuchen, in welchen Bereich man kommt.
Würdet ihr euch bewusst gegen einen bestimmten Berufszweig entscheiden, weil ihr dort möglicherweise mit Tierversuchen konfrontiert werden könntet? Oder würde euch das nicht weiter stören? Würdet ihr dort arbeiten wollen, wenn es dort Tierversuche gäbe, ihr diese aber nicht durchführen müsstet?
Ich würde selbst keine Tierversuche machen wollen. Das liegt gar nicht mal an ethischen Bedenken, sondern eher daran, dass es mich ekeln würde, wenn ich so etwas durchführen müsste und das Tier vielleicht danach auseinandernehmen müsste. Das wäre mir zu viel und daher würde ich mich auch bewusst gegen eine solche Richtung entscheiden.
Also wenn mich das wirklich interessieren würde, würde mich das nicht davon abhalten, diesen Master zu machen und damit auch den Schein zu absolvieren. Ich musste im letzten Sommersemester in einem Blockkurs einige Tierchen unter dem Mikroskop begutachten, die leider teilweise zu Schaden gekommen sind. Es waren auch größere Krebse oder Schnecken dabei. Die Tiere wurden dann direkt in Alkohol konserviert, wodurch sie natürlich gestorben sind. Mir hat das überhaupt nichts ausgemacht.
Am Anfang tun einem die Tiere vielleicht noch Leid, weil man sieht wie sie zucken und sich gegen den Tod wehren. Aber irgendwann stumpft man da ab und es ist einem egal. Ich denke mal bei größeren Tieren, wie sie bei Tierversuchen vermutlich eher verbreitet sein werden, wird das ähnlich sein.
Allgemein würde ich schon ein Fach studieren, was mich interessiert, selbst wenn ich Tierversuche machen müsste. Immerhin ist das ja auch nur ein Teil des Studiums und wenn es sein muss, dann ist es eben so. Allerdings würde ich mir keinen Job aussuchen, der ausschließlich damit zu tun hat Tierversuche zu machen, weil ich generell keinem Tier Leid zufügen möchte.
Ich denke hier herrscht ein komplett falsches Bild von den Tierversuchen. Wenn ich das hier so lese, dann gehen wohl einige davon aus, dass man das einfach nach Lust und Laune macht. Das ist aber eine falsche Annahme, jeder Tierversuch braucht entsprechende Freigabe nach Abwägung aller Interessen. Dazu wird auch jedes mal eine Ethikkommission befragt und viele Tierversuche die geplant sind scheitern bereits daran. Welche am Ende stattfinden sind durch mehrere Instanzen gegangen und als einzige Lösung angesehen worden die auch zu vertreten ist. Das rückt alles in ein anderes Licht, weil man alleine von den Antworten hier meinen kann, dass man sich das einfach so morgens beim Frühstück überlegt "heute schneide ich eine Maus auf", dem ist nicht so.
Folglich ist das auch ein anderer Standpunkt für das eigene Gewissen. Es hat auch nichts mit Tierleid zu tun, denn die Tiere kennen nichts anderes die im Labor gehalten werden. Die waren noch nie draußen, wissen von draußen nichts und würde man sie aussetzen dann würden sie ebenfalls daran verrecken. Man tut ihnen also nichts gutes, wenn man sie ihrer Bestimmung am Ende auch nicht zuführt aus falsch verstandener Tierliebe und seinen eigenen moralischen Bedenken.
Ich hätte auch gesagt, dass einem das doch vorher klar sein musste mit so etwas konfrontiert zu werden. Immerhin handelt es sich hier um die Biochemie, was dachte deine Freundin denn was man da macht? Häkeln und Kuchen essen, mit Sicherheit nicht. Auch im weiteren Berufsleben wird sie damit rechnen müssen, dass sie sich damit auseinandersetzen muss und dort ebenfalls ggf. auch an den Tierversuchen mitwirkt. Sträubt sie sich dann auch so dagegen weil sie es nicht will, dann wird das auch im Arbeitszeugnis stehen und eine neue Stelle damit zu finden wird dann schon sportlich, gerade wenn das nicht bei einem solchen Arbeitszeugnis bleibt.
Ekelig finde ich das ganze nicht und ich hätte damit auch keine Probleme, da ich den Hintergrund eben kenne und weiß was für Verfahren alle abgelaufen sein müssen, damit ein Tierversuch überhaupt genehmigt wird. Auch dann ist man immer noch dazu angehalten, dass das Tier nicht unnötig lange leiden gelassen wird. Viele der Untersuchungen im medizinischen Bereich finden auch unter Sedierung am Tier statt. Das ist dann auch nichts weiter als das gleiche am Menschen und dort wird auch nicht geschrien hinterher, was das für ein Leid ist.
Ich finde den Einwurf von Sorae durchaus interessant und sicherlich auch berechtigt. Allgemein leben wir ja Gott sei Dank in einem Land, wo man davon ausgehen sollen könnte, dass Tiere nicht nach Lust und Laune mit irgendwelchen Testmitteln gequält werden können und dass das Bild, das man durch diverse öffentliche Kampagnen hat, sicherlich nicht immer zutreffend ist.
Dennoch - nur weil eine Ethikkommission entschlossen hat, dass der Tierversuch im speziellen Fall auszuführen ist, bedeutet das nicht, dass ich diese Vorstellung von Ethik teile. Und nur weil ein Tier nichts anderes als das Labor kennt, heißt das für mich nicht, dass ich ihm nicht trotzdem die Freiheit wünsche.
Und auch, wenn man gehalten ist, das Tier nicht unnötig zu quälen, bedeutet das in meinen Augen nicht, dass es nicht trotzdem Qualen erleidet. Soll heißen, dass Tierversuche mit meiner Einstellung zu tolerierbarem Verhalten schlicht nicht kompatibel sind, egal unter welchen strengen Voraussetzungen sie durchzuführen sind.
Ich will gar nicht von Sinn und Unsinn der Tierversuche sinnieren - für mich steht einfach nur fest, dass ich selbst im Leben nicht auf die Idee käme, einen Studiengang oder Beruf zu wählen, in dem ich auch nur ansatzweise Gefahr laufen würde, Tierversuche durchführen zu müssen.
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