Benötigt das deutsche Gesundheitssystem eine Reform?

Eine Bekannte von mir ist der Ansicht, dass das deutsche Gesundheitssystem im internationalen Vergleich eher mittelmäßige bis schlechte Ergebnisse erzielt und das, obwohl es so modern und teuer ist. Sie hält eine Reform für angebracht, wobei sie auf Nachfrage hin nicht konkretisieren konnte oder wollte, was genau reformiert werden soll(te).

Was haltet ihr von dieser Aussage? Meint ihr, dass das deutsche Gesundheitssystem noch zeitgemäß ist oder ist es dringend an der Zeit, eine Reform in Angriff zu nehmen? Wie könnte eine Reform aussehen und was konkret müsste eurer Ansicht nach verbessert werden? Was genau kann so bleiben, wie es ist?

Ich finde das es im Gesundheitssystem einige Dinge gibt, die durchaus erneuert oder überarbeitet werden müssten. Es ist doch erschreckend, wie man da teils im Stich gelassen wird, wenn man krank ist. Vieles wird dann nicht von der Krankenkasse übernommen und man kann sehen wo man bleibt. Aber ob das wirklich ausreichend ist, um das Gesundheitssystem einer Reform zu unterziehen, halte ich doch für fraglich.

Ich halte von pauschalen Aussagen nach dem Motto Hauptsache gejammert überhaupt nichts. Was wird denn von den Krankenkassen alles nicht übernommen? Ich hatte mit meiner Kasse noch nie Probleme. Für einiges ist eine Zuzahlung fällig, aber wenn man die Belastungsgrenze erreicht hat fällt die auch weg.

Und "mittelmäßige bis schlechte Ergebnisse" bei was denn genau? Es gibt doch wahrscheinlich tausende von Statistiken und man wird den Erfolg bei Blinddarmoperationen kaum mit dem bei Organtransplantationen vergleichen können. Und wenn man eine Reform fordert aber keine Ahnung hat was geändert werden soll sagt das doch schon alles. Keine Ahnung vom Thema, aber Hauptsache gemeckert.

Was zum Beispiel reformiert werden müsste ist das ganze Praxissystem. Es ist heute noch meistens so, dass man sich mit einer Praxis selbständig machen muss, mit allen finanziellen Verpflichtungen und bürokratischen Geschichten, die so eine Selbstständigkeit eben so mit sich bringt.

Eine Freundin berät eigentlich Ärzte, die sich selbständig machen wollen, hatte vor Kurzem aber einen Job bei einer Gemeinde, die ein Ärztehaus übernehmen wollte und sich für die Praxen dann praktisch Angestellte suchen wollte. Ich finde die Idee super, denn es gibt sicher deutlich mehr Leute, die sich vorstellen könnten für ein paar Jahre angestellt in einer Praxis auf dem Land zu arbeiten als eine Praxis zu übernehmen, mit der sie sich auf lange Zeit verpflichten.

Im internationalen Vergleich funktioniert unser System doch bestens. Was nicht heißt, dass man keine Reformen braucht. Da wäre das von Cloudy angesprochene Problem der Praxen. So eine Praxis kostet viel Geld, in einigen Regionen verdient man aber wenig. Dass junge Ärzte da Angst haben, sich auf ewig zu verschulden und abzurackern, das ist logisch. Da können von der Gemeinde angestellte Ärzte eine gute Alternative sein.

Telemedizin kann helfen, die Versorgung zu verbessern. Wenn eine Fachkraft den Patienten besucht, Blutwerte und Blutdruck prüft, ein EKG schreibt und die Lungenfunktion misst und das direkt an den Doc übermittelt, der dann im Videochat mit Unterstützung der Assistenz mit dem Patienten spricht, verbessert das die Versorgung auf dem Land und in Altenheimen.

Und natürlich sollte endlich das Problem der Krankenhäuser gelöst werden. Da weniger Häuser zu wollen und einen wirtschaftlichen Wettbewerb zu entfesseln, war ziemlich dämlich. Es gibt immer noch zu viele Betten und im Wettbewerb wird das System kaputt gespart und die Qualität sinkt. Die Kosten für Medikamente sind auch eine Überlegung wert.

Aber im direkten und persönlichen Vergleich bin ich froh, mich nicht mehr mit dem System in den USA, in den Niederlanden, in Irland oder in Großbritannien herumschlagen zu müssen. Da schätze ich unser System mit all seinen Macken dann doch sehr. Immerhin guckt man hier nicht in die Röhre, weil man arm ist, sondern man wird ebenso gut versorgt, wie alle anderen auch.