Beim Arzt wegen zuviel Übergewicht nicht behandelt werden?

vom 08.09.2016, 21:36 Uhr

Gestern habe ich einen Artikel gelesen, in dem es darum ging, dass eine übergewichtige Frau von einer Frauenärztin aufgrund ihres Übergewichtes abgewiesen wurde. Demnach hätte sie sich direkt nach dem Betreten der Praxis auf eine Waage stellen sollen, welche als Ergebnis einen Wert von über der 140 Kilogramm Marke anzeigte.

Der gynäkologische Behandlungsstuhl der Frauenarztpraxis sei vom Hersteller jedoch nur bis 140 Kilogramm Körpergewicht zugelassen und drohe daher unter ihrem Gewicht kaputtzugehen. Aus diesem Grund sei es der Frauenärztin somit nicht möglich sie zu behandeln. Sollte der Stuhl während der Behandlung etwa zusammenbrechen und die Patientin dauerhafte Schäden davontragen, gebe es zudem versicherungstechnische Probleme.

Die abgewiesene Patientin wiederum fühlt sich durch die Abweisung der Arztpraxis diskriminiert und abgelehnt. Ich persönlich muss sagen, dass ich in diesem Fall beide Parteien irgendwo verstehen kann. Die Arztpraxis ist eben nicht auf Menschen mit solchem extremen Übergewicht ausgelegt und kann deshalb nicht behandeln. Die Patientin muss allerdings trotz allem irgendwie ärztlich versorgt werden können.

Habt ihr auch schon von solchen Fällen gehört, in denen Patienten aufgrund von zuviel Übergewicht nicht von einem Arzt behandelt werden konnten? Wie denkt ihr darüber, könnt ihr da auch beide Seiten verstehen beziehungsweise deren Sichtweise nachvollziehen?

» Kami » Beiträge: 265 » Talkpoints: 0,23 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Klar sind beide Seiten verständlich. Dass sie von der Ärztin als Patientin abgelehnt wurde, kommt ja auch ihr zugute. Sie hat ja sicherlich kein Interesse daran, dass der Stuhl unter ihr zusammenbricht und sie sich verletzt. Allerdings ist es schon ein Schlag ins Gesicht, wenn man so etwas gesagt bekommt.

Für die Behandlung wird sich schon etwas finden. Es gibt sicherlich Stühle, die für mehr Gewicht ausgelegt sind. Vielleicht in einer Klinik. Ich finde, die Ärztin sollte das in die Hand nehmen und einen Ort finden.

Bisher habe ich nur von Fällen gehört, wo die Feuerwehr anrücken musste, um stark übergewichtige Patienten aus ihren Wohnungen zu holen. Diese waren nicht mehr in der Lage zu laufen und hatten ihr Leben schon seit längerem nur noch im Bett verbracht. Da musste dann mitunter schon ein Kran zum Einsatz kommen, um die Person durch das Fenster rauszubefördern.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich kann auf jeden Fall beide Seiten bei dieser Geschichte verstehen. Sicher ist es für die übergewichtige Frau ein riesiger Schock, wenn sie so etwas erfährt, dass sie aufgrund ihres Gewichts leider nicht in der Praxis behandelt werden kann. Das stelle ich mir schon richtig heftig vor.

Aber als Diskriminierung würde ich es nicht bezeichnen, denn es gab ja einen guten Grund mit dem Maximalgewicht, das der Stuhl aushält. Die Verantwortung kann in der Praxis einfach niemand übernehmen, wenn die Frau sich trotzdem auf den Stuhl setzt und wirklich etwas passiert. Darum verstehe ich es eben auch gut, dass die Behandlung von der Praxis abgelehnt wurde.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Bei dem oben genannten Beispiel verstehe ich das ja noch und ich kann auch beide Seiten verstehen. Dennoch finde ich, dass es viel heftigere Beispiele gibt. Ich kenne zum Beispiel auch Menschen, die wegen Übergewicht nicht vom Arzt behandelt werden, aber eher deswegen, weil die Beschwerden alle auf das Übergewicht geschoben werden.

So war der Sohn einer Bekannten von mir beim Hausarzt, weil er wohl Bluthochdruck hatte und viel zu jung dafür ist. Das lag - ich vermute es - am schulischen Stress und dem enormen Druck, den er da erfahren hat. Er war nämlich versetzungsgefährdet und es stand auch die Möglichkeit im Raum, dass er auf eine andere Schule kommt, was ihm sehr zugesetzt hat. Der Arzt sah also den Bluthochdruck und schob das direkt auf das Übergewicht und nichts anderes. Dann "verdonnerte" er den Schüler zum abnehmen und wollte ihn nicht weiter behandeln. Eine andere Ursache kam für ihn gar nicht in Frage und das finde ich dann schon traurig.

Ich sprach auch mit seiner Mutter, also meiner Bekannten, darüber, die auch übergewichtig ist. Sie meinte zu mir, das wäre vollkommen normal, dass viele Ärzte eben im Übergewicht die Ursache für alles sehen würden und deswegen jede Behandlung verweigern würden, bis der Patient abgenommen hat. Übergewichtige Patienten würden gar nicht ernst genommen werden und das finde ich schon traurig.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



@Täubchen: Wenn man in jungen Jahren aber schon übergewichtig ist und die Eltern das scheinbar auch nicht gut vorleben, ist das sicherlich kein gutes Zeichen und zieht auch Nachfolgeerkrankungen nach sich. Da sollte man als Arzt durchaus ein Auge drauf haben, weswegen man sich hier nicht über scheinbar gemeine Ärzte aufregen muss. Es ist eigentlich unverantwortlich von Eltern das seinem Kind so vorzuleben und ihnen so zu schaden.

Auf das Beispiel bezogen kann ich es schon verstehen, wenn man als Arzt den Stuhl nicht kaputt machen möchte. Viele Ärzte stellen sich ja mittlerweile schon auf dicke Patienten ein, aber solche Gegenstände haben eben auch alle Belastungsgrenzen. Dass einem das nicht angenehm ist, wenn man wegen dem Gewicht abgelehnt wird, dürfte aber klar sein, aber was will man als Arzt denn machen?

Ich finde es durchaus in Ordnung, wenn man als Arzt dem Patienten erst mal eine Gewichtsreduktion ans Herz legt. Immerhin ist es für den Patienten besser und eigenes Wohlbefinden hin oder her man muss ja auch mal auf lange Sicht sehen was 140 Kilo mit einem machen. Das ist nicht eben wenig und wenn man deswegen abgelehnt wird, finde ich es auch nicht unverschämt, damit muss man bei dem Gewicht rechnen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich bin mal in einer Fachabteilung operiert worden und meinte dann scherzhaft, dass der Operationstisch ja schon ziemlich schmal ist, weil ich den fast komplett ausgefüllt habe. Eine Ärztin meinte dann, dass noch keiner runter gefallen sei, dass es aber tatsächlich öfters vorkommt, dass sie Patienten in der Chirurgie im Hauptgebäude operieren müssen, weil es nur dort Operationstische gibt, die für mehr als 160 Kilogramm zugelassen sind.

Ganz ehrlich, ich kann es nicht verstehen, wenn extrem dicke Menschen in solchen Situationen herum jammern und sich diskriminiert fühlen, obwohl das auf Youtube ja sehr populär geworden ist. Denen muss doch klar sein, dass ihr Zustand nicht normal ist und, dass sich die Welt nicht nach den Extremen einrichtet sondern nach dem Durchschnitt. 140 Kilo ist ja nun auch kein völlig unrealistisches Gewicht, das kann man doch mit ein bisschen Disziplin erreichen und halten.

Die Geschichte mit dem Bluthochdruck ist übrigens ein schlechtes Beispiel, da dieser in vielen Fällen tatsächlich durch Übergewicht beeinflusst wird. Deshalb macht es auf jeden Fall Sinn wenn ein Patient erst mal abnimmt bevor man ihn auf ein Medikament einstellt. Und wenn ein Patient nicht abnehmen will, obwohl das dringend nötig wäre, würde ich als Arzt auch keinen Sinn in einer weiteren Behandlung sehen. Ein bisschen Mitarbeit und gesundheitsförderndes Verhalten kann man doch erwarten.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ramones hat geschrieben:@Täubchen: Wenn man in jungen Jahren aber schon übergewichtig ist und die Eltern das scheinbar auch nicht gut vorleben, ist das sicherlich kein gutes Zeichen und zieht auch Nachfolgeerkrankungen nach sich. Da sollte man als Arzt durchaus ein Auge drauf haben, weswegen man sich hier nicht über scheinbar gemeine Ärzte aufregen muss. Es ist eigentlich unverantwortlich von Eltern das seinem Kind so vorzuleben und ihnen so zu schaden.

Erstens hast du den Jungen doch gar nicht gesehen und weißt ja gar nicht wie stark übergewichtig er ist. Ich kenne ihn von Geburt an und habe ihn aufwachsen sehen. Meiner Meinung nach ist er überhaupt nicht übergewichtig und selbst dem kleinsten Spatzenhirn sollte durchaus bewusst sein, dass der BMI als Maß aller Dinge eine absolute Lachnummer und gar nicht wissenschaftlich belegbar ist. Dort geht man von Durchschnittswerten aus wie der Körper aufgebaut sein soll. Wenn aber jemand wie dieser Junge ein sehr stämmiges Skelett geerbt hat, dann wird er nie so wenig wiegen wie ein zierliches, schlankes Reh. Nach meinem Empfinden ist sein kleiner Bruder viel dicker und übergewichtiger, aber da sagen die Ärzte komischerweise, das wäre normal.

Zweitens kennst du die Eltern doch gar nicht. Da unsere Eltern befreundet sind, kenne ich auch seine Mutter sehr gut und bin praktisch mit ihr aufgewachsen. Sie ist schon immer mollig gewesen und ich habe all die Jahre das auf und ab mit dem Gewicht mitbekommen. Soweit ich weiß hat sie auch massive Probleme mit der Schilddrüse. Sie kocht immer gesund und lebt vorbildlich und macht auch Sport und so und du verurteilst sie direkt, weil man das Resultat nicht optisch sehen kann oder wie? Ich hatte eine Sportlehrerin, die mollig war, die aber sportlich sehr aktiv war und wo wir alle kaum mithalten konnten. Willst du die auch verurteilen wegen der Optik oder was?

@Cloudy: Dass Bluthochdruck von Übergewicht kommen kann, leugnet ja auch keiner und bei starkem Übergewicht glaube ich das auch, dass es eben derartige Folgen nach sich ziehen kann. Aber ich weigere mich einfach zu glauben, dass schon sehr leichtes Übergewicht (laut BMI) direkt Schuld sein soll und der Arzt nur auf den BMI basierend das vermeintliche Übergewicht feststellen will und keine Faktoren wie Körperfettanteil etc. mit zur Rate zieht. Das ist in meinen Augen gerade bei leichtem Übergewicht und stämmigen Knochenbau eine viel zu ungenaue Diagnose und auf mich wirkt das dann tatsächlich so, als wäre der Arzt zu faul, sich genauer mit dem Patienten zu beschäftigen. Wenn nur der BMI wichtig dabei wäre, dann müssten ja auch alle Sportler viel zu fett sein und dringend abnehmen.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Die "schweren Knochen", die ja so populär sind, gibt es so gar nicht. Es gibt bei Skeletten bei gleicher Größe eine Abweichung von maximal zwei oder drei Kilogramm, das ist nichts, mit dem sich Übergewicht erklären lässt.

Die Kritik am BMI ist auch nicht sonderlich relevant, weil man bei eigentlich gesunden Menschen mit durchschnittlicher Aktivität auch recht gut weiß, wie hoch der Anteil an Fett, Wasser und Muskeln in etwa ist. Eine individuelle Abweichung von ein paar Prozent macht den Kohl nicht fett.

Wir waren ja nun beide nicht bei der Untersuchung dabei, von daher wissen wir nicht, wie das genau abgelaufen ist. Aber generell finde ich es eben nur vernünftig, wenn ein Arzt erst mal an den Ursachen arbeiten möchte und nicht direkt den Rezepteblock zückt um die Symptome zu behandeln. Er wird ja sicher nicht gesagt haben, nimm ab und alles ist gut sondern wird weitere Untersuchungen vorgeschlagen haben sobald das Gewicht runter ist.

Ich habe es schon mehr als einmal erlebt, dass Dicke bei dem Thema extrem empfindlich und kindisch reagieren. Ich finde das schon paradox, weil alle immer natürliche Heilmethoden wollen und auf die Pharmaindustrie schimpfen, aber wenn man dann etwas für die natürliche Heilung tun muss und Verzicht üben soll oder auf einige Bequemlichkeiten verzichten soll sind die Ärzte plötzlich so böse.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Im oben genannten Fall finde ich den Grund für die Nichtbehandlung noch verständlich und nachvollziehbar. Ich habe selbst einige Kilos zuviel (wenn auch nicht so viel, wie in dem Fall oben) und fände die Ablehnung verständlich. Allerdings erwarte ich, dass man auch in dem Fall höflich und diskret mit mir umginge.Wenn also die Waage direkt im Eingangsbereich für alle sichtbar stünde und alles lautstark und gut hörbar für alle Patienten erörtert würde, fände ich es sehr diskriminierend und abwertend.

Ich habe selbst jedoch auch einen Fall erlebt, wo ich wegen meines Übergewichtes nicht behandelt werden sollte. Ich hatte eine schwere Grippe erwischt, wo ich mich wirklich mal wegen hohen Fiebers und Schmerzen in allen Knochen und Gelenken kaum in die Praxis schleppen konnte. Weil ich so auch nicht zur Arbeit konnte, ging ich zum Arzt. Ich war aufgrund eines Umzuges zum ersten Mal dort.

Die Ärztin sah mich nur aus drei Metern Entfernung an, diagnostizierte eine normale Grippe. Medikamente oder eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wollte sie nicht ausfüllen. Ich sollte erst mal abnehmen, dann hätte ich auch keine Grippe mehr.

Mir fiel nicht viel dazu ein, zumal mein damaliger Zustand mich auch kaum klar denken ließ. Ich hab es irgendwie noch geschafft, den gelben Schein zu bekommen, denn brachte ich dringend, weil ich auch die halbstündige Fahrt über die Autobahn ja schon kaum lebend überstanden hätte, weil ich einfach nicht fahrtüchtig war.

Ich sprach mit jemand anderem aus dem Dorf über diese Ärztin und erfuhr, dass sie dafür bekannt ist, Patienten sehr abwertend zu behandeln und gerade bei Patienten mit Übergewicht die Behandlung mehr oder weniger immer abzulehnen. Wir erklärten es uns damit, dass sie wohl denkt, dass wir zu viele Kosten verursachen und ihr Budget pro Patient wohl überschritten wird, sie also weniger verdient. Beliebt war die Ärztin daher nur bei sehr schlanken Patienten. Leider war sie dann aber auch noch die einzige Ärztin im Dorf.

» SonjaB » Beiträge: 2698 » Talkpoints: 0,98 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Das halte ich für einen schlechten Scherz. Kein Arzt darf eine Behandlung ablehnen, denn wenn er es tut, dann wird ihm die Approbation entzogen. Außerdem wäre es ja dann sicher nicht das erste Mal, dass er die Behandlung verweigert, denn 140 Kilo sind zwar eine ganze Menge, aber doch nicht so selten wie man glaubt. Ich kann also nicht wirklich glauben, dass sich der Vorfall so ereignet hat.

Ein Arzt soll helfen und nicht strafen, weder pädagogisch noch durch unterlassene Hilfeleistung. Aber wie gesagt, ich finde 140 Kilo jetzt nicht so extrem, als dass dies nun ein absoluter Ausnahmefall wäre. Den Namen des Arztes sollte man zumindest veröffentlichen und die Patientin sollte nicht nur Beschwerde einlegen, sondern auch ein Gutachten machen lassen. Ich meine bezüglich unterlassener Hilfeleistung.

» Freidenker28 » Beiträge: 749 » Talkpoints: 1,02 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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