Beileidskarten zum Trost spenden als unsinnig ansehen?

vom 23.07.2016, 11:12 Uhr

Als ich nun eine Beileidskarte geschrieben hatte und diese in den nächsten Briefkasten einwerfen wollte, habe ich eine Nachbarin getroffen. Sie sprach mich dann auch, neugierig wie sie ist, auf die Beileidskarte an. Ich erzählte ihr dann, dass ich das immer so handhaben würde, wenn jemand verstorben ist, den ich kannte oder deren Angehörige ich eben kenne.

Meine Nachbarin meinte daraufhin, dass dies doch unsinnig sei, denn so eine Karte würde doch niemandem wirklich Trost spenden oder irgendwie helfen. Sie würde es lieber so machen, dass sie ihre persönliche Hilfe anbieten würde. Eben, dass sie dann für die Angehörigen etwas kocht oder auch andere kleinere Dinge für die Hinterbliebenen erledigt.

Ich finde diese Idee gar nicht so schlecht, aber da meine Verwandtschaft schon weiter weg wohnt, kann ich gar nicht einfach so mal mit etwas Gekochtem dort vorbei gehen. Ich finde daher auch schon, dass eine Beileidskarte durchaus Trost spenden kann, in dem die Angehörigen dann eben merken, dass sie in ihrer Trauer nicht ganz alleine sind und eben verstanden werden.

Haltet ihr Beileidskarten auch für eher unsinnig? Schreibt ihr daher vielleicht keine mehr? Bietet ihr auch den Angehörigen lieber direkte Hilfe an?

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Ehrlich gesagt, kommt es auf die Situation und den Verwandschaft- oder Bekanntschaftsgrad an. Höre dabei auf dein Herz und dein Gefühl.

Ich hatte vor kurzem auch zwei Trauerfälle in der Verwandschaft zu beklagen. Ich hätte es nicht gewollt das Haus voll zu haben. Meine engsten Bezugspersonen haben sich in dieser Zeit um mich gekümmert. Sie haben aber auch sofort gemerkt, wann ich Ruhe haben wollte. Und man braucht die Zeit zum trauern und die damit verbundene Ruhe.

Man darf auch nicht vergessen, dass bei einem persönlichen Kontakt die Umstände immer und immer wieder aufgerollt werden. Und man als Betroffene manchmal nicht über den Tod des Menschen sondern über die gemeinsamen Momente nachdenken möchte.

Ich habe mich bei der Bestattung sogar für eine Kondolenzmappe entschieden, um mich nicht ganz der Öffentlichkeit ausliefern zu müssen. Das muss aber jeder für sich selbst entscheiden. Die Beileidskarte hat den Vorteil, dass der Trauernde selbst entscheiden kann, wann er diese liest. Das gibt das Gefühl der Freiheit und Selbstbestimmung.

Nicht jeder ist sofort bereit, soviel Aufmerksamkeit entgegenzunehmen. Deine Nachbarin scheint aber auch eine sehr neugierige Person zu sein, die vielleicht durch die persönliche Hilfe nur ihren Wissenshunger stillen möchte.

» flori0502 » Beiträge: 100 » Talkpoints: 0,74 » Auszeichnung für 100 Beiträge


flori0502 hat geschrieben:Nicht jeder ist sofort bereit, soviel Aufmerksamkeit entgegenzunehmen. Deine Nachbarin scheint aber auch eine sehr neugierige Person zu sein, die vielleicht durch die persönliche Hilfe nur ihren Wissenshunger stillen möchte.

Natürlich wird die Oma davon nicht mehr lebendig, dass man eine Beileidskarte schickt, aber wie so viele soziale Gesten soll auch diese schließlich nur ausdrücken, dass einem seine Mitmenschen nicht völlig den Buckel runterrutschen können. Aus gegebenem Anlass hat meine Familie vor ein paar Jahren auch etliche Beileidskarten erhalten, und irgendwo hat es schon geholfen zu wissen, dass auch andere Leute betroffen sind und zumindest ein paar gute Worte hinterlassen möchten.

Umgekehrt hätte ich definitiv keine Lust darauf gehabt, zusätzlich zu meinem pechschwarzen Seelenzustand und dem ganzen Organisationskram, den ein Trauerfall mit sich bringt, noch einen Reigen von Verwandten und Bekannten in der Wohnung zu haben, bei denen die meisten unter dem Vorwand, tatkräftig helfen zu wollen, nur auf die saftigen Details aus sind, die sie dann weiter erzählen können. Der Tod bringt bei manchen Menschen ihre besten Seiten zum Vorschein, andere verwandeln sich in sensationsgeile Geier, und die beschriebene Nachbarin scheint sowieso schon Tendenzen zu Letzterem hin zu zeigen.

Fürs Kochen hat es auch in meinen dunkelsten Stunden immer noch gereicht, und ich finde es durchaus nachvollziehbar, dass man sich nach dem Chaos und Trubel erst einmal zurück ziehen und sich neu sortieren möchte. Dabei ist es nicht gerade hilfreich, wenn man ständig darauf achten muss, dass man sich angemessen dankbar für einen blöden Auflauf zeigt, die Tortenplatte wieder zurück gibt und am Ende noch Halb-Bekannte auf dem Sofa sitzen hat, die geifernd nach Details über die letzten Stunden der Verstorbenen gieren. Kommt alles vor.

» Gerbera » Beiträge: 11313 » Talkpoints: 47,96 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich denke auch, dass das immer ganz auf die Person ankommt, die verstorben ist und auf die Angehörigen. Wenn man sich nahe steht, dann finde ich es auch besser, wenn man persönlich vorbeikommt oder wenigstens anruft. Ich finde, dass sich das innerhalb der Familie so gehört und man so signalisieren kann, dass man füreinander da ist.

Wenn man sich aber nicht so nahe steht, dann finde ich es absolut richtig, wenn man nur eine Karte schreibt und damit quasi signalisiert, dass man da ist und erreichbar ist, falls man irgendwie helfen kann. Dies finde ich dann angebrachter, als wenn man dort vor der Tür steht und die Leute einfach nur ihre Ruhe haben wollen. So können sie es sich nämlich aussuchen, ob sie die Hilfe in Anspruch nehmen wollen oder lieber nicht.

Die Ideen, die deine Nachbarin sonst noch geäußert hat, finde ich gar nicht mal so schlecht. Ich würde es nicht ungefragt machen, aber ich fände es gut, wenn so eine Hilfe auch in der Beileidskarte angeboten wird oder eben in einem persönlichen Gespräch, wenn man sich sieht. Jedoch sollte man dann auch zu seinem Wort stehen und dann auch die Gefälligkeiten erfüllen, um die man gebeten wird - nichts ist schlimmer als leere Versprechungen, wenn man sowieso schon sehr viel um die Ohren hat und alles andere als gut gelaunt ist.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Das ist schwierig. Ich wüsste in solchen Situationen gar nicht wirklich, was ich sagen oder tun sollte. Eigentlich würde ich auch denken, dass so eine Karte nicht viel bringt. Was hat der andere davon, so eine Karte zu bekommen? tröstet das? Gibt das das Gefühl, da denkt jemand an einen? Oder fühlt man sich, wenn man die Karte aus dem Briefkasten nimmt, wieder an etwas erinnert, was man gerade verdrängen wollte? Das ist sicherlich je nach Person ganz unterschiedlich.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich finde eine Beileidskarte besser, als das Leute ständig an meiner Tür klingeln und selbst gekochtes Essen abgeben oder mir ihre Hilfe aufzwängen wollen. Was meinen sie denn das sie damit erreichen? Mit der Hilfe, wenn quasi alles abgenommen wird, nimmt man dem Betroffenen den kompletten Alltag und macht ihn Hilflos. Dabei ist genau das was viele brauchen, Arbeit und auch das Gefühl etwas erledigen zu können. Wird alles abgenommen, dann kommt man sich doch wie ein Kind bzw. ein hilfloser Käfer vor und findet somit noch schwerer in den normalen Alltag zurück.

Da bekomme ich doch lieber eine Karte die ich aufmachen kann wann ich möchte. Über ein paar wenige ehrliche Zeilen freue ich mich ehrlich gesagt mehr, als wenn man mir nicht meine Ruhe lässt und ständig meint um mich kreisen zu müssen wie ein Hubschrauber. Je nach dem wie die Karte gestaltet ist kann ein einfacher Spruch oder ein paar ehrliche Worte durchaus eine Spende von Trost sein.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Ich würde auch eher zu einer Beileidskarte tendieren und ich würde auch lieber Beileidskarten erhalten. Nur weil die Nachbarin Müller meint, dass sie jetzt für mich kochen muss, weil ich in der Trauerphase bin, wird es mir auch nicht besser gehen. Als Vegetarierin esse ich auch nicht alles und dann würde ich dieser Person am Ende vielleicht auch nur noch mehr Umstände machen, so dass ich mich nicht wohlfühlen würde.

Dann lieber die Beileidskarte mit einigen ehrlichen und mitfühlenden Zeilen anstatt mehrere Personen, die mir ständig ihre Hilfe anbieten und mich mehrmals täglich anrufen. Am besten wollen diese Personen mich auf jedes Modell-Eisenbahn-Treffen und auf die Geburtstagsfeier von Oma Elfriede mitnehmen. So eine Ablenkung kann ich aber auch nicht gebrauchen. :?

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» soulofsorrow » Beiträge: 9228 » Talkpoints: 24,02 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Wenn die Hinterbliebene Person alt ist und alles von der verstorbenen Person gemacht bekommen hat im Haushalt würde ich da schon meine Hilfe für den Übergang anbieten, aber sonst würde ich einfach eine Karte schreiben, vielleicht auch mal anrufen, wenn es um einen nahen Verwandten oder Freund ging und dann einfach ein Gespräch führen. Meine Hilfe würde ich dann aber nur anbieten, wenn man es zwischen den Zeilen heraushört, dass diese benötigt wird, denn Alltag kann eine gute Ablenkung sein.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Es kommt darauf an wie nah ich den Hinterbliebenen stehe, wie weit Sie weg wohnen und wie alt Sie sind. Nahen Verwandten oder sehr guten Freunden würde ich mein Beileid lieber persönlich aussprechen, das gebührt schon der Anstand. Ich würde mir nämlich selbst etwas blöd vorkommen oder wäre enttäuscht wenn ich einen Todesfall in der Familie hätte und gute Freunde, die ich vielleicht sogar jede Woche persönlich sehe, würden mir nur eine Karte schreiben. Ein kurzer Anruf beispielsweise ist doch das mindeste was man tun kann wenn man gut befreundet ist.

Auch die Entfernung spielt bei mir persönlich eine Rolle, wenn die Hinterbliebenen weit weg wohnen und ich nicht zur Beerdigung kommen kann würde ich zusätzlich zum oben genannten persönlichen Anruf noch eine Karte schreiben. Ich kenne das so von früher das man das so macht und habe das so beibehalten.

Und nicht zuletzt spielt auch das Alter eine Rolle. Ich glaube das jüngere Menschen eher weniger Wert auf Beileidskarten legen. Ältere hingegen sind oft sogar tief getroffen wenn Sie von jemand bestimmten keine Karte bekommen, empfinden es als Beleidigung oder denken man würde kein Anteil nehmen. Vorsichtshalber würde ich also eine Karte schreiben, schaden tut Sie auf keinen Fall. Ich kenne niemanden der sauer ist wenn er eine Beileidskarte bekommt.

» Anijenije » Beiträge: 2730 » Talkpoints: 53,02 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Wir hatten vor Kurzem einen ziemlich dramatischen Trauerfall in der Nachbarschaft. In diesem Fall fand ich es unpassend, einfach eine Karte zu schreiben und in den Briefkasten zu werfen.

Ich bin rüber gegangen und habe angeboten, etwas zu tun, allerdings erstmal nur sehr vorsichtig, denn ich denke auch, dass viele Menschen, die einen Trauerfall in der unmittelbaren Familie oder auch im engsten Freundeskreis haben, erstmal in Ruhe gelassen werden wollen.

So habe ich mich dann nach und nach etwas näher heran gewagt und auch darauf gewartet, dass entsprechende Signale kommen und man sich wieder vorsichtig einbringen konnte.

Eine Karte oder ein Beileidsschreiben haben wir bis heute nicht abgegeben und ich habe von den Leuten irgendwann gehört, dass ihnen die Flut an Trauerkarten richtig auf die Nerven gegangen ist, weil immer wieder und über einen ziemlich langen Zeitraum irgendwelche Karten im Briefkasten waren.

Ob man eine Trauerkarte schreibt oder nicht, sollte jedem selbst überlassen sein. Ich finde es auch sehr unpassend, jemanden darauf anzusprechen und dahingehend zu belehren, dass man lieber Hilfe anbeten soll. Das kann jeder selber entscheiden und nach seinem Gefühl gehen.

Trost spenden im eigentlichen Sinne werden die Karten wohl nicht, vor Allem dann nicht, wenn ein Standardtext drin steht. Trotzdem sind sie eine höfliche Geste und lassen die Hinterbliebenen somit einfach mit dem Gefühl zurück, dass jemand an sie denkt.

» Sandra980 » Beiträge: 1011 » Talkpoints: 12,41 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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