Bei vermisster Person schlimmer, wenn diese noch jung ist?
Bekannte von mir sind in einer Rettungshundestaffel und müssen da regelmäßig ausrücken, um vermisste Personen zu suchen. Nun kam es am Wochenende wieder zu einem Einsatz, bei dem es hieß, dass eine junge Frau vermisst sei. Polizei, Feuerwehr, Staffel und ein Hubschrauber haben bis tief in die Nacht bzw. schon frühen Morgenstunden nach der Frau gesucht, aber sie bisher nicht finden können. Heute soll die Suche dann weitergehen.
Im Netz teilen viele diese Meldung und schreiben auch, wie schrecklich es ist, dass so ein junger Mensch vermisst wird. Oftmals muss die Staffel aber auch Senioren suchen, die auf dem Heim weggelaufen sind. Teilweise sind die Personen dann dement und recht orientierungslos. Das findet man auch tragisch, aber mir kommt es dann immer so vor, als würde es da die Menschen nicht ganz so tragisch finden.
Ist es wirklich schlimmer, wenn ein junger Mensch vermisst wird? Ist es nicht egal, welches Alter die vermisste Person hat? Oder meint ihr, dass es bei einem jungen Menschen tragischer ist, weil dieser noch sein Leben vor sich hat und ältere Menschen dies schon gelebt haben?
Ich war lange ebenfalls Mitglied der Rettungshundestaffel und mir hat es rein gar nichts ausgemacht oder war schlimmer, ganz egal welches Alter derjenige hatte der gesucht worden ist. Klar weiß man, dass ein Neugeborenes weniger lange von der Zeit her durchhält als ein Erwachsener der vermisst wird. Aber auch andere Faktoren spielen eine Rolle, braucht derjenige Medikamente, ist Orientierungslos oder sonstiges, dann ist auch da die Zeit das eigentliche was ich schlimm finde. Oftmals wird nämlich erst dann alarmiert, wenn das Zeitfenster bereits ab ablaufen ist, mit Anfahrt zum Heim, Hunde vorbereiten, anziehen, einteilen und planen der Suche, ist weitere Zeit vergangen und diese ist oftmals die, die hinterher dann auch fehlte und die Person tot gefunden wird oder die Suche wegen der Nacht unterbrochen werden muss.
Wie gesagt, es ist vor allem das emotionale. Da sich viele einfach vorstellen, dass junge Menschen komplett hilflos sind, sie noch ihr Leben vor sich haben und finden es deswegen dramatischer, als wenn jemand gesucht wird der 90 Jahre alt ist und "sein Leben bereits gelebt hat". Aber ich erwarte von jungen Frauen die Anfang 20 sind durchaus, dass diese durchaus besser zurecht kommen wenn sie sich nur verlaufen haben und ansonsten im Vollbesitz ihrer geistigen Fähigkeiten sind, als die demente 90 jährige Oma die aus dem Altenheim stiften gegangen ist oder das Neugeborene, welches ausgesetzt wurde und gesucht wird.
Wie gesagt, ich mach da keinen Unterschied und ich finde auch nicht, dass das Alter da eine Rolle spielen sollte von den Gedanken her. Tragisch finde ich daran ebenfalls nichts, denn was ich kann ich denn dafür, dass Oma aus dem Heim stiften gegangen ist, manche das Neugeborene ausgesetzt haben oder Touristen sich im Wald verlaufen haben und nicht mehr raus finden? Es ist nicht meine Schuld, dass das passiert ist ich bin nur zur Schadensbegrenzung gekommen, habe mein bestes gegeben mitsamt meinen beiden Hunden die geführt wurden und damit ist gut. Ich lasse solche Dinge aber auch an mich nicht heran kommen sondern distanziere mich davon, denn ansonsten würde man weder in der Suchstaffel noch im Rettungsdienst länger als vier Wochen überleben ohne hinterher selbst ein psychisches Wrack zu sein.
Glücklicherweise bin ich von derlei Fällen nicht direkt betroffen und war es auch noch nie. Aber generell tue ich mir schwer damit, einem Menschenleben abhängig von der Dauer mehr Wert zuzuschreiben als einem anderen. Es stimmt zwar schon, wie Sorae schreibt, dass ein 30jähriger, der sich im Wald verlaufen hat, bessere Überlebenschancen hat als ein Neugeborenes und dass eine 90-jährige Demenzpatientin wohl weder qualitativ noch quantitativ die Lebensqualität übrig hat, die ein Teenager aufbringt, aber ich finde es schon reichlich anmaßend, zu sagen, es sei weniger "schlimm", wenn Person A erfriert oder verdurstet, als wenn Person B auf unschöne Art den Löffel abgibt.
Gerade wenn jugendlicher Leichtsinn und/oder Alkohol im Spiel sind, bringe ich selber oft weniger Mitgefühl auf, als wenn es sich um eine hilflose Person handelt, die verwirrt und gebrechlich irgendwo herumirrt. Schließlich wird niemand gezwungen, in Flip Flops und T-Shirt eine Bergwanderung zu machen oder ähnliches, und dann Zehntausende an Kosten zu verursachen, wenn die Person dann mit gebrochenem Knöchel liegenbleibt. Aber in meinen Augen gibt es hier auch keine Skala der Tragik oder Dramatik, in der ein Baby höher eingestuft wird als ein Senior oder ein Drogenabhängiger höher als eine Kindergärtnerin.
Ich mache das eigentlich nicht vom Alter abhängig. Es gibt da für mich kein schlimmer, wobei man gerade bei Kindern dann schon etwas überlegt, was der Grund sein könnte, was vielleicht jemand mit dem Kind angestellt haben könnte. Das macht es aber auch nicht schlimmer. Auch bei einer alten Person oder irgendeiner anderen Person macht man sich doch Sorgen, dahinter sind doch immer nahe Angehörige, Freunde und so weiter, dahinter stehen immer Schicksale und das bewegt doch.
Mir erschließt sich nicht, was das mit dem Alter, dem Geschlecht, von mir aus auch von der Religion oder der Herkunft zu tun haben soll. Wenn eine Person vermisst wird, ist das immer schlimm und schrecklich für die Angehörigen und Fremde werden sich dafür kaum interessieren. Mir erschließt sich der Erkenntnisgewinn dieses Diskussionsbeitrags nicht.
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