Bei Patient nach Hirn-Op plötzliche Gefühlskälte möglich?

In einer beliebten Vorabendserie ist eine Serienfigur an einem Hirntumor erkrankt. Dieser soll bösartig sein, aber operabel. Die Figur lässt sich dann auch operieren und zunächst scheint Augenscheinlich alles gut verlaufen zu sein und der Patient wird entlassen.

Allerdings stellt er dann schnell fest, dass er irgendwie nicht mehr die gleichen Gefühle für seine Frau hat, wie sonst. Bei weiteren Untersuchungen im Krankenhaus wird dann festgestellt, dass bei der Operation angeblich das Zentrum im Hirn entfernt oder verletzt wurde, was für Gefühle zuständig ist. Der Patient kann wohl noch Wut und so etwas empfinden, aber anscheinend keine Zuneigung und Liebe mehr.

Auch hat er Probleme, verschiedene Gefühlsregungen zu deuten. Man könnte ihn auch als Gefühlskalt bezeichnen. Für mich kommt das alles irgendwie unrealistisch und abgehoben rüber. Kann durch so eine Operation am Gehirn wirklich das Gefühlszentrum ausgeschaltet werden? Gibt es so etwas wirklich?

In ähnlicher Form gibt es das tatsächlich. Es hat früher in den Anfängen der Neurologie und Psychiatrie Versuche und Operationen gegeben, wo im Gehirn geschnippelt wurde mit teils drastischen Auswirkungen auf die Psyche des Menschen. Das bekannteste dürfte die Lobotomie sein, bei der bestimmte Nervenbahnen durchtrennt wurden, weil man sich davon eine Linderung der unbehandelbaren Grundkrankheit versprach.

Als unerwünschtes Endresultat hatten manche Patienten, soweit ich mich erinnere, gravierende Einbußen in ihrer Erlebnisfähigkeit. Selbst von nicht steuerbaren Aggressionen nach Eingriffen im Hirn habe ich schon gelesen. Meines Wissens nach führt auch das "Split brain", bei welcher der Steg zwischen den Hirnhälften operativ getrennt wurde, in Einzelfällen zu Veränderungen des Menschen bzw. zur Unfähigkeit Emotionen bei anderen sicher zu erkennen.

Nicht zuletzt können auch Erkrankungen des Gehirns selber wie Blutungen oder Tumore als Beispiel zu einer veränderten Wahrnehmung oder Persönlichkeit führen. Es ist irgendwie für mich immer wieder erstaunlich wie stark die reine Biologie den Menschen ausmachen oder formen kann.

Ich bin immer skeptisch, wenn man wissenschaftliche Erkenntnisse und Vorgänge mit "beliebten Vorabendserien" in Verbindung bringt, bei denen oft selbst die einfachsten Alltagstätigkeiten wie Essen oder Autofahren so schlecht imitiert sind, dass man sich fragt, ob die Macher der Serie diese Tätigkeit jemals selbst durchgeführt haben.

Für entsprechend verlässlich halte ich daher auch die Darstellung von medizinischen oder naturwissenschaftlichen Zusammenhängen im Unterhaltungs-TV. Ich merke mir immer nur "kahl = Krebs" und "hustet - stirbt bald", was beides mitnichten der Realität entspricht, sondern eher als Metapher für das Verständnis der Zuschauer dienen soll.

Andererseits habe ich aus ähnlichen mehr oder weniger verlässlichen Quellen schon gehört, dass Verletzungen, Tumore und Operationen am und im Gehirn auch Auswirkungen auf die Gefühle und auf die ganze Persönlichkeit des Betroffenen haben. Es ist ja auch klar: Gefühle und Erinnerungen stecken ganz konkret im Kopf, auch wenn wir uns das nicht immer vorstellen können. Manche Tumorerkrankungen werden beispielsweise sogar erst dadurch bemerkt, dass ein ehemals herzensguter Mensch auf einmal aggressiv und böse wird. Und Demenz hat ja auch oft rein biologische Gründe.

Aus eigener Erfahrung kann ich allerdings nichts dazu beitragen, und bin auch der Meinung, dass es sich um ein relativ seltenes Phänomen handelt, da Gehirnchirurgen heutzutage nicht mehr so blindlings in anderer Leute Schädel herum stochern wie weiland bei den Lobotomien. Die Schwester des US-Präsidenten John F. Kennedy wurde durch diese Form der "Operation" übrigens wieder auf das geistige Niveau eines Kleinkindes zurückbefördert und war bis an ihr Lebensende ein Pflegefall.

An sich ist es doch logisch, dass Veränderungen im Gehirn - egal ob durch Krankheit, Unfall oder Operation - zu einer Veränderung des Wesens oder des Verhaltens einer Person führen können. Inwiefern das aber im Fernsehen korrekt dargestellt wird oder ob maßlos übertrieben wird damit die Zuschauer sich nicht zu Tode langweilen, kann ich nicht beurteilen.