Bei jedem großen Unglück Terroranschlag vermuten

Zur Zeit brennt ja ein Hochhaus in London. Das Thema ist auch in meinem Bekanntenkreis mit Entsetzen angekommen und wurde auch schon diskutiert. Es ist furchtbar was da passiert ist und es werden wohl mehrere Tote aus diesem Unglück hervorgehen.

Eine Bekannte meinte sofort, dass es bestimmt ein Terroranschlag war. Auch in einem Nachrichtensender war kurz die Rede davon, wurde dann aber nicht mehr angesprochen.

Vermutet ihr bei jedem großen Unglück auch erst mal dass es sich um einen Terroranschlag handelt? Ist das in den Köpfen vieler einfach drin, dass bei einem Brand oder anderem großen Unglück oder Katastrophe gleich ein Terroranschlag vermutet wird?

Natürlich habe ich auch von der Tragödie in London gehört. Allerdings dachte ich nicht gleich an einen Terroranschlag. Aber für mich ist durchaus nachvollziehbar, dass man direkt auf die Idee kommen könnte, dass es sich um einen Anschlag handelte.

Immerhin hört man momentan dauernd von neuen Terroranschlägen und man rechnet bei jeder neuen schlimmen Meldung auch meistens damit, dass es wieder ein Anschlag gewesen sein könnte. Die Angst ist eben bei den Menschen nun da und da ist es sicherlich nicht weiter verwunderlich, wenn dann bei solch einem Brand auch angenommen wird, dass dieser absichtlich herbei geführt wurde.

Ich fand den Verdacht vieler Menschen nicht einmal so unabwegig, aber wahrscheinlich hat genau das jetzt bei einigen kranken Fundamentalisten die Ideen wieder einmal bestärkt, dass sie gewonnen haben oder gewinnen werden und eine weitere Möglichkeit finden werden, um Menschen zu töten. Denn auch ich gebe zu, dass ich gehofft habe, dass dort niemand Brandstiftung im Namen Allahs begangen hat.

Doch sind wir mal ehrlich, wäre es so unabwegig gewesen? Ich denke, dass in dieser Zeit das durchaus plausible gewesen wäre. Doch offenbar kam da derzeit noch kein kranker Fundamentalist auf diese Idee, sodass man nur hoffen kann, dass die Medienberichte ala Brand im Hochhaus war kein Anschlag usw. nicht zu einer Welle führen wird, die in Zukunft auf Wohnhäuser & Co geht. Wäre nämlich mit Brandstiftung auch einiges an Opfer und Verletzten möglich.

Ich habe auch im ersten Moment an etwas ganz anderes, als einen klassischen Brand gedacht. Doch bin ich auch froh, dass es nicht diese Ursache hatte, weil dann wäre man ja wirklich sehr weit mit Opfern, Vermissten und Verletzten gekommen. Aber das macht die eigentliche Katastrophe natürlich nicht ungeschehen und ist trauriger denn je.

So ändern sich die Zeiten. Da sieht man mal, wie die Hysterie schon um sich gegriffen hat. Zu meiner Jugendzeit wäre bei so einem Fall der erste Gedanke gewesen, dass wieder irgendwelche bescheuerten Jugendlichen bestimmt den Müllcontainer angezündet haben und das Feuer dann auf das Haus übergegriffen haben wird. Übrigens gibt es solche Jugendliche immer noch!

Die Tragödie ist so und so tragisch. Wenn es Brandstiftung von irgendwem war, ist das natürlich eine Sache, der man unbedingt nachgehen sollte. Was man aber nicht aus dem Auge verlieren sollte ist aber eine ganz andere Tragödie an diesem Vorfall! Warum wird bei der Dämmung von Fassaden gegen Wärmeverlust so wenig auf Brandschutz geachtet, dass sich ein Hochhaus binnen kürzester Zeit in ein Inferno verwandeln kann? Das ist mir absolut schleierhaft. Der Dämmstoff von diesem Hochhaus war wohl besonders tückisch. Aber auch hier ist ja längst bekannt, dass die Dämmung mit Styropor auch nicht immer so sicher ist, wie man anfangs dachte.

Von daher finde ich es interessanter zu überlegen, was man für die Sicherheit von Gebäuden bei der Dämmung künftig verbessern kann als zu überlegen, ob es Terroristen waren oder nicht. Denn die Terrorismusdebatte nimmt mittlerweile so viel Aufmerksamkeit ein. Das ist doch genau das, was die Terroristen damit erreichen wollen mit ihren Aktionen, dass bei jedem möglicherweise völlig harmlos erklärbaren Vorfall halb Europa zusammen zuckt und Angst hat. Das sagt ja schon das Wort an sich. Terror heißt auf Latein ursprünglich "Angst, Schrecken". Und dann muss man gar keine Bombe mehr irgendwo aufstellen, die Angst wirkt schon in den Köpfen,, sobald man eine schlechte Nachricht hört. Das sollten wir nicht zulassen.

Mein letzter Beitrag hier ist schon eine Weile her, und eben gerade wurde vermeldet, dass ein defekter Kühlschrank in einer der Wohnungen den Großbrand in dem Hochhaus verursacht habe. Es war also ein tragischer Unfall, mehr nicht. Und wenn so viele Familien in einem Hochhaus wohnen, dann steigt natürlich die Wahrscheinlichkeit, dass ein technischer Defekt auftritt. Genau deshalb sollten Gebäude eigentlich so gebaut sein, dass aus so einem Vorfall in einer Wohnung nicht so eine Katastrophe in einem ganzen Gebäude werden kann. Vielleicht löst das ja ein Umdenken in der Baubranche aus?

Es wäre Wünschenswert wenn sich dann auch etwas ändert, denn es ist schon lange bekannt gewesen, dass das Hochhaus entsprechende Mängel hatte. Auch das Thema mit der brennbaren Fassade wusste man schon seit Jahren und auch in Deutschland wurden damit viele Häuser verkleidet, dank der Politik die immer mehr zum Energiesparen anregt und es dabei möglichst billig halten möchte. Was wird nun damit gemacht? Die Häuser die das haben, werden wohl kaum entkleidet und mit den korrekten, nicht brennbaren und teuren Materialien ausgestattet werden. Jedenfalls nicht alle, ein paar wenige damit die Bevölkerung wieder Ruhe gibt aber nicht alle.

Man braucht dafür nicht viel, ein kleines Loch in eine Hauswand schlagen und ein Teelicht rein stellen. Alleine das reicht aus, damit die Häuser so in Flammen aufgehen und was ist schon ein Kurzschluss? Da entstehen auch die Temperaturen von über 1400 Grad die es braucht, damit sich das Material entzündet. Dann schwillt es unter der Fassade herum und bis du das siehst weil die Fassade bröckelt und nach unten fällt, ist es schon zu spät und hat sich wie ein Kamin bis nach oben durchgezogen.

Das dauert nicht lange, für ein Haus mit 4 Stockwerken braucht es dafür keine 20 Minuten und das haben schon frühere Tests in Laboren gezeigt. Dennoch wurde das Material weiter munter verbaut, es ist billig, erfüllt die Auflagen der Politik gemacht worden sind und bislang ist einfach nichts passiert, was zum Umdenken anregen würde.

Aber zum Thema mal selbst, nein ich denke nicht bei allem direkt an einen Terroranschlag. Auch nicht wenn wieder ein Einzeltäter Amok läuft wie mit einer Motorsäge wie aktuell in Schaffhausen. Auch das kann immer einen anderen Hintergrund haben und da denke ich nicht direkt daran, dass jemand einen erneuten Terroranschlag verübt hat. Manche Dinge lassen daran erinnern, aber man muss sich nicht daran festkrallen und Unfälle kategorisch ausschließen, nur weil sich die Anschläge in der letzten Zeit gehäuft haben.

Und sind wir mal ehrlich, wenn ich jemanden wirklich treffen will als Anschlagstäter, dann suche ich mir kein Hochhaus aus in dem die unterste Bevölkerungsschicht wohnt, sondern da suche ich mir etwas anderes aus, wie belebte Plätze mit Touristen, denn da erreiche ich eine größere Wirkung und treffe direkt mehrere Nationen damit, als eben nur eine.

Der Motorsägen-Mann ist ein gutes Beispiel für die Denkweise, die inzwischen vorherrscht. Ich wohne nicht so weit weg vom Tatort, deshalb ist das hier in den lokalen Medien Thema und es wurde oft direkt gesagt, dass ein terroristischer Hintergrund ausgeschlossen werden kann. Früher wäre wohl niemand auf die Idee gekommen so etwas in eine Nachrichtenmeldung mit rein zu nehmen.

Ein anderes Beispiel ist mein Zug, der vor ein paar Monaten wegen Schwarzfahrern vom Bundesgrenzschutz gestürmt wurde. Zwei ausländisch aussehende Männer hatten sich wohl auffällig verhalten und sind dann in den Toiletten verschwunden. Früher hätte man direkt auf Schwarzfahrer mit wenig Erfahrung getippt, heute wird der Zugbegleiter wegen möglicher Terroristen alarmiert.

Ich versuche schon diese Denkweise zu vermeiden. Im Fall von dem Londoner Hochhaus habe ich direkt vermutet, dass die Dämmung Schuld ist, weil mir das Problem mit brennbaren Dämmungen bekannt ist, aber bei einem "klassischen" Amoklauf denke ich inzwischen auch eher an einen religiösen Fanatiker als an einen frustrierten jungen Mann, der dummerweise Zugang zu Waffen hat.