Bei eigenem Leerlauf den Kollegen helfen?
Es kommt zwar selten vor, aber auch ich habe ab und an Leerlauf auf Arbeit. So hatten wir vor einigen Monaten einen Krankheitsfall, sodass die Chefin für über einen Monat ausgefallen ist. Da hatte ich zwischendurch dann auch Leerlauf und habe dann den Kollegen dort unter die Arme gegriffen, wo es eben nötig war und habe dabei dann auch Aufgaben übernommen, für die ich normalerweise gar nicht zuständig bin.
Ich kenne aber auch Betriebe, wo das eher verpönt und verboten ist, den Kollegen zu helfen, wenn man selbst Leerlauf hat. Da ist man dann dazu gezwungen, Dienst nach Vorschrift zu machen und sitzt dann seine Zeit ab. Da wird man sogar zurechtgewiesen, wenn man den Kollegen dann doch helfen möchte. Wie ist das bei euch? Helft ihr euren Kollegen, wenn ihr Leerlauf habt oder ist das bei euch verboten?
Ich kenne es auch nur so, dass man die Kollegen unterstützt, wenn man selbst gerade nichts mehr zu tun hat. Verboten war das bei uns nicht. Allerdings durften wir uns dafür nicht so weit von unserem eigentlichen Arbeitsplatz entfernen, falls eben Kunden kamen, die dann bedient werden mussten.
Ich kenne es aber auch durchaus so, dass man Kollegen hilft, obwohl man selbst auch noch ausreichend zu tun hat. Die Kollegen haben dann Fragen oder kommen auf Gebieten nicht weiter, mit denen sie eher weniger zu tun haben und suchen dann Rat bei den Mitarbeitern, die sich eben mit dem Aufgabenbereich auskennen.
Ich kenne beide Fälle. In meinem Ausbildungsbetrieb war es auch verpönt, wenn ich Aufgaben übernommen habe, für die ich eigentlich nicht zuständig war. Aber wenn ich gerade selber nichts zu tun hatte, fand ich es auch blöd, herumzustehen und die anderen arbeiten zu lassen. Verboten war es aber nicht, dass ich geholfen habe und so habe ich es auch gemacht und die blöden Blicke waren mir egal, die ich geerntet habe.
In dem Betrieb, in dem ich derzeit arbeite, ist das aber ganz anders und es ist selbstverständlich, dass man auch Kollegen unterstützt, wenn man selber Leerlauf hat, die Kollegen bei ihrer Arbeit aber viel zu tun haben. Oft kommt es zwar nicht vor, dass ich Leerlauf bei meiner Arbeit habe, aber dann helfe ich den Kollegen auch gerne. Wenn ich dann Aufgaben übernehme, die eigentlich nicht meine sind, dann lerne ich auch noch etwas dabei, was auch nicht schaden kann.
Wenn ich gut mit dem Kollegen kann, warum nicht? Es gibt auch immer wieder Kollegen, die drauf spekulieren, dass einem geholfen wird, wenn sie es nicht schaffen ihr Pensum zu erfüllen und dann entweder extra langsam machen oder eine Raucherpause zwischen durch mehr einlegen. Kollegen derart würde ich dann eher nicht helfen, man wüsste genau, dass sie einem auch nicht helfen würden, wenn man selbst mal was nicht schafft. Nach einer Zeit kennt man dann auch seine Kollegen und deren Macken / Eigenschaften.
Auch wenn es rein zwischenmenschlich generell empfehlenswert ist, sich hilfsbereit zu zeigen, finde ich auch, dass im Job auch, sagen wir, politische Fragen eine große Rolle spielen, wenn es darum geht, KollegInnen zu helfen.
Beispielsweise lenkt man ja so Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass man gerade "Leerlauf" hat. Aufmerksame Vorgesetzte wissen zwar, dass es auch Tage gibt, wo die Belegschaft nicht mindestens acht Stunden durchpowern muss, aber nicht jede/r Vorgesetzte ist aufmerksam und kann die Arbeitsleistung des Fußvolks realistisch einschätzen.
Bevor es also schlimmstenfalls heißt: "Frau Gerbera, langweilen Sie sich etwa?", weil ich in einer ganz anderen Abteilung herumgeistere und versuche, mich nützlich zu machen, surfe ich lieber im Internet. Zumal es auch KollegInnen gibt, die es gar nicht zu schätzen wissen, wenn man ihnen "hilft", weil sie eben auch auf ihr Image bedacht sein müssen. Genauso strategisch unklug ist es ja auch, wenn sich jemand Wichtiges denkt: Kommt die Frau Ranunkel etwa mit ihrer Arbeit nicht hinterher, weil ihr die Frau Gerbera ständig helfen muss?
Büro-Intrigen sind oft schwierig zu navigieren, und ich hatte durchaus schon Chefinnen, die bei dem bloßen Anschein, jemand sei vorübergehend unterbeschäftigt, einen Berg zweifelhafter Fleißarbeit "generiert" haben. Getreu dem Grundsatz, dass Sklaven lieber keine Zeit zum Denken haben sollten. Da tue ich lieber von Zeit zu Zeit so, als hätte ich einen Berg Arbeit und lenke lieber keine Aufmerksamkeit darauf, dass gerade nicht so viel zu tun ist.
Ich war eigentlich immer die Kategorie Kollegin, die bei Stress innerhalb der eigenen Abteilung und eigenem Leerlauf auch geholfen hat, selbst wenn das im Zweifel dann bedeutete, das ich zusammen mit der Kollegin auch mal Stunde länger geblieben bin. Mir hat das nie etwas ausgemacht und mein Motto war eigentlich immer, wenn wir absaufen, dann gemeinsam, aber mittlerweile sehe ich das doch durchaus anders. Denn meine Erfahrung ist, steckt man selber mal im völligen Stress und könnte mal etwas Hilfe gebrauchen, sind die meisten ganz schnell weg und machen pünktlich Feierabend. Hilfe annehmen, immer gerne, selber mal helfen, lieber nicht.
Ich bin nicht dafür da regelmäßig Tagesgeschäft abzunehmen, wenn die Kolleginnen regelmäßig nicht in der Lage sind ihre eigenen Aufgaben in der vorgeschriebenen Zeit fertig zu stellen. Bei einem Projekt, einer besonderen Deadline, Zusatzaufgaben oder Fragen helfe ich immer noch gerne, kein Problem, aber regelmäßig nein. Da ich mit Gleitzeit arbeite würde ich dann auch mal etwas früher Feierabend machen oder suche mir noch eine Beschäftigung die so oder so mal gemacht werden muss, aber überhaupt keine Priorität hat.
Ich habe leider schon erleben müssen, das Kolleginnen mehrfach nach Hilfe geschrien haben, die Hilfe erhalten haben, selber dann mehr oder weniger pünktlich Feierabend gemacht haben und der helfende war länger da oder dem wurde auch noch in den Rücken gefallen. Da wird dann gerne gesagt derjenige könne das Thema doch so gut und dann wurde das dauerhaft auf die Person abgewälzt, wenn das mal bei einem Thema vorkommt ok, aber wenn dann Thema für Thema übertragen wird, aber im Gegenzug nichts abgenommen wird, dann wird es irgendwann unfair.
Ich habe auch ein Privatleben und das ist mir tatsächlich wichtiger als die Arbeit und ich sehe nicht mehr ein Überstunde um Überstunde zu machen, während Kolleginnen die Hilfe bekommen pünktlich nach Hause gehen können. Fragen beantworte ich immer noch gerne, kurze Hilfestellungen auch kein Problem, aber Arbeit abnehmen mache ich nur noch, wenn es als Anweisung vom Vorgesetzten kommt.
Ich hatte früher Kollegen denen ich oft geholfen habe. Da ich viele Nachtdienste hatte, habe ich immer mehr geschafft als Kollegen, die ihre Arbeit tagsüber im Dienst erledigen mussten. Somit habe ich ihnen gern mal etwas abgenommen. Mir wurde dann auch gern immer mehr abgegeben. Ich fühlte mich dann irgendwann leicht ausgenutzt, da ich manchmal das doppelte von dem gemacht habe, was ich hätte machen sollen.
Eines Tages hörte ich ein Gespräch von zwei Kolleginnen. In diesem Gespräch ging es um mich und darum, dass ich ja so dumm bin, alles für sie zu machen. Die eine Kollegin nahm mich teilweise in Schutz, deutete aber auch an, dass sie so weniger zu tun hat. Ich unterbrach das Gespräch damit ihnen mitzuteilen, dass ich von nun an nur noch meine Dinge erledigen werde und der einen Kollegin nur noch im Notfall helfe. Somit hatten sie dann ganz schön zu tun und ich hatte nicht mehr den Stress ihre Arbeit zu erledigen.
Nun arbeite ich in einem neuen Team und habe das erste Mal das Gefühl, dass auch mir gern geholfen wird. Meistens muss ich noch nicht mal Fragen. Ich biete meine Hilfe an, sie wird angenommen und auch mir wird bei meinen Aufgaben Hilfe angeboten. So macht das Arbeiten Spaß. Es wird nicht erwartet dass wir helfen, aber es wird wertgeschätzt und wird uns auch nicht untersagt. Jeder Kollege profitiert von den Erfahrungen des anderen Kollegen oder der Kolleginnen. Wenn man sich gegenseitig helfen kann, ist die Arbeit gleich produktiver und es geht schneller voran.
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