Bei drohender Arbeitslosigkeit in die Politik gehen?
Ein Bekannter von mir findet nur schwer einen Job. Er hat studiert und 30 Jahre gearbeitet, wobei sein letzter Arbeitsvertrag nicht verlängert worden ist. Er hat schon fast 200 Bewerbungen geschrieben - laut eigener Aussage - und findet immer noch nichts. Er hat daher aufgegeben und hat sich einen neuen Plan zurechtgelebt was er machen möchte.
Es kommt für ihn nicht in Frage, auf Hartz4 zu leben und daher möchte er in die Politik gehen. Er ist der Ansicht, dass die Politiker bisher nicht genug Erfahrung haben, wenn es um die Belange der einfachen Bevölkerung geht. Seiner Meinung nach würde die Politikerkaste nur davon profitieren, wenn immer mehr erfahrene Arbeitssuchende in die Politik gehen würden. Würdet ihr bei drohender Arbeitslosigkeit auch in die Politik gehen oder wäre das nichts für euch? Ich muss ehrlich sagen, für mich käme das nicht in Frage.
Für mich wäre das nichts. Das Problem ist doch auch, wenn man 200 Bewerbungen geschrieben hat, dann kann es ja auch am Schriftstück liegen und nicht nur daran, dass andere Menschen unfair sind und das Falsche aussuchen. Da sollte man schon durchaus mal überlegen, was man besser machen kann, bevor man gleich das ganze System kritisiert.
Politiker sollten durchaus in der Lage sein den kleinen Mann und dessen Wünsche zu sehen, leider klappt das oft nicht und daher ist es schon gut, wenn man mit entsprechendem Wissen und der Begeisterung in die Politik geht, aber nicht aufgrund gescheiterter Bewerbungen, denn Politik kann nicht jeder.
Das klingt so, als wäre es total einfach, in die Politik zu gehen und als müsse man sich nur dafür entscheiden und schwupps hätte man einen Posten. So funktioniert es doch aber nicht. Ich war früher mal selbst in einer Partei, über Jahre hinweg, war sogar Vorstand in der regionalen Jugendorganisation und in der Partei selbst war ich in der betreffenden Stadt Teil des Vorstandes. Aber das sind alles Posten, für die man nichts bekommt.
Das erste, was auch bezahlt wird, ist der Stadtrat oder bei großen Städten der Ortsbeirat, dafür bekam man 150 Euro im Monat Aufwandsentschädigung. Und wer es in den Stadtrat geschafft hätte, hätte monatlich ungefähr 900 Euro Aufwandsentschädigung bekommen. Ich hätte gerne im Stadtrat oder Ortsbeirat mitgewirkt, aber geschafft habe ich es nie, denn diejenigen, die das machen, kleben an ihren Posten und lassen davon nicht ab. Das bedeutet, man kommt gar nicht rein, um Posten zu erhalten, bei denen man auch was verdient.
Bei kleineren Orten sind die Posten nicht so begehrt, aber da bekommt man auch nichts. Wer in meinem Heimatort im Stadtrat sitzt, der bekommt 30 Euro Aufwandsentschädigung im Jahr und wer Bürgermeister wird, bekommt 2000 Euro brutto im Monat als Gehalt. Das ist auch nicht die Welt, davon könnte man leben, aber wenn man bedenkt, wie viel Aufwand erstmal nötig ist, um Bürgermeister zu werden, dann lohnt es sich finanziell nicht.
Vom Studium her kenne ich einige, die bei Landtagsangestellten arbeiten und zwar als Referenten. Das haben manche auch schon während des Studiums gemacht, wobei das alles Leute sind, die seit gefühlten Ewigkeiten politisch aktiv sind, da extrem viel machen und auch in zig (unbezahlten) Gremien saßen, bevor sie dann mal mit irgendwem im Landtag per Du waren und dort eingestellt wurden.
Die Landtagsangestellten können sich meines Wissens aus ihrem Budget heraus einen wissenschaftlichen Mitarbeiter leisten, der dann rein theoretisch 3000 Euro im Monat brutto bekäme. Aber sie teilen die Stellen meistens auf und haben dann nicht einen, sondern drei Angestellte, die sich in Teilzeit in diese Stelle hineinteilen und dann sind die 1000 Euro, die das bringt, auch nicht genug, um davon zu leben.
Nun muss man sagen, dass das meistens Politik- oder Geschichtsstudenten waren, für die der Arbeitsmarkt ansonsten auch nicht so rosig aussieht und die ansonsten Probleme haben, überhaupt eine Stelle zu bekommen. Ich hatte mich, als ich auf Stellensuche war, auch mal auf so einen Referentenstelle beworben, da hat man aber als Außenstehender ohne nützliche Kontakte keine Chance.
Als wenn das so einfach ist und man direkt ein fürstliches Gehalt bekommt wenn man damit anfängt. Mit viel Glück darfst du umsonst anfangen dich ehrenamtlich dort zu engagieren und musst dich dann über viele Jahre nach oben arbeiten. Externer Berater ist da schon eine andere Hausnummer, dafür musst du aber auch Kontakte haben und dich Selbstständig machen bzw. auf Freiberuflicher Basis arbeiten. Schmeckt auch nicht jedem und ist ein hartes Brot.
Oder meinst du Merkel ist von heute auf morgen hier Bundeskanzler geworden und bekommt fette Diäten mit einer Person hinterher geschenkt? Schau dir mal den Lebenslauf von vielen Politikern an die weiter oben sitzen, diese sind schon 30 Jahre und mehr dabei und nicht von heute auf morgen eingestiegen und haben das dicke Geld verdient, damit es hinterher auch zum Leben reicht.
Wie hier schon gesagt worden ist, wenn man hier Beirat ist dann bekommt man eine Aufwandsentschädigung von 50 Euro im Monat die auch noch besteuert werden müssen. Davon lebst du nicht und kannst viel Zeit hinein stecken, dass manche das nur nebenbei machen und nicht als Hauptverdienst.
Ich bin nun jahrelang bereits in einem Verband mit inbegriffen und habe auch dort von unten nach oben lange gebraucht. Bekommen tue ich dafür so gut wie gar nichts, eine Entschädigung von 200 Euro im Jahr und einige Tage die ich freigestellt werde wenn ich für den Verband etwas machen möchte. Reich wird man damit nicht und auch aus dieser Position heraus komme ich nicht weit wenn ich in die Politik springen möchte, von meiner eigentlichen Anstellung her ebenfalls nicht und als externer Berater fehlt mir auch das notwendige Vitamin B um nur davon leben zu könne. Für mich ist das hier Wunschvorstellung fern ab der Realität.
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