Bei Depressionen zuerst körperliche Ursachen ausschließen?

vom 15.10.2017, 08:17 Uhr

Eine Bekannte erfahren, dass sie schwer depressiv sein soll. Sie selbst kann das aber nicht glauben oder möchte es nicht wahr haben. Sie hatte bisher immer angenommen, dass sie eben leichte depressive Verstimmungen hätte. Nun hat sie gelesen, dass auch eine Unterfunktion der Schilddrüse, sowie Vitamin D Mangel für solche Symptome verantwortlich sein können.

Sie klammert sich da nun an diesen Strohhalm und meint, dass sie von ihrem Hausarzt untersuchen lassen möchte, ob eines der beiden körperlichen Ursachen in Frage käme. Sie kann sich nicht vorstellen, dass sie wirklich Depressionen haben soll.

Ist es durchaus üblich, dass ein Patient bei der Diagnose Depressionen zuerst körperliche Ursachen ausschließen lassen möchte? Ist es da gängig, dass die Schilddrüse und ein Vitaminmangel untersucht werden? Meint ihr, dass es wirklich nur das Klammern an einen Strohhalm ist? Oder kann da wirklich etwas dran sein? Immerhin hat sie die Diagnose von einem Psychologen bekommen und ein Neurologe soll wohl auch geraten haben, dass sie sich auf Depressionen hin behandeln lassen sollte.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Deine Bekannte fokussiert sich jetzt total auf dieses eine Wort "Depression", auf diese eine Diagnose, die von einem Fachmann, der aber am Ende auch nur ein Mensch ist, gestellt wurde. Was aber ist heute anders als gestern? Es hat sich formal gesehen nichts geändert, sie bewertet ihren Zustand nur jetzt plötzlich ganz anders. Ich kann natürlich nicht beurteilen, ob sie wirklich eine (schwere) Depression hat, aber es könnte genauso gut sein, dass ein anderer Therapeut eine leichte Depression diagnostiziert. Der nächste wird eine mittelschwere Angststörung vermuten. Die Kollegin eher eine Persönlichkeitsstörung.

Was ich damit sagen will: Nix ist so schwammig, willkürlich und austauschbar wie Diagnosen in der Psychiatrie. Und bevor ich da jetzt anfangen würde, mich total verrückt zu machen und an Strohhalme wie einen Vitamin-Mangel zu klammern, würde ich erstmal versuchen zu eruieren, was im Leben besser laufen könnte und mir hilft. Natürlich kann und sollte man sich beim Arzt dann auch mal untersuchen lassen, aber ganz ehrlich, ich halte nichts von diesen Leuten, die eigentlich psychische Probleme haben, sich aber in Foren für Schilddrüse, Mangelzustände, Hochsensibilität und was noch alles wiederfinden.

Dort sind tragische Gestalten, die eigentlich in die Hände eines Behandlers gehören, aber seit Jahren auf der Stelle treten, weil sie die wahre Natur ihrer Beschwerden nicht wahrhaben wollen. Das ist wirklich tragisch, wie viel Zeit dabei verloren geht. Da wird hier noch ein Pülverchen versucht, da eine Auf-Dosierung, noch ein neues Medikament oder ein anderer Ansatz muss her und nix hilft.

Ich will damit nicht sagen, dass es diese Krankheiten nicht auch gibt, aber anscheinend hat es ja einen hohen Verführungscharakter, sich lieber einen Vitamin-D-Mangel an die Brust zu heften als seine Depressionen behandeln zu lassen. Also, ja, man kann und sollte sich zur eigenen Gewissheit einmal gründlich untersuchen lassen, aber dann sollte es auch gut sein, wenn der Arzt grünes Licht gibt.

» Verbena » Beiträge: 4943 » Talkpoints: 1,99 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


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