Bei Depressionen alles schönreden?

Eine Freundin meint, dass sich man sich bei Depressionen und oder schlechten Phasen im Leben, einfach alles schönreden müsste. Man sollte da besonders überlegen, was eben alles positiv ist und dies in den Vordergrund heben. Ich denke, dass da schon ein Fünkchen Wahrheit dran ist, aber jemand der unter Depressionen leidet, wird sicherlich nicht immer die Kraft dazu haben, sich irgendwas schön zu reden oder das Positive zu sehen.

Meint ihr, dass es wirklich sinnvoll ist, sich bei Depressionen oder schweren Phasen im Leben alles schön zu reden? Kann das wirklich funktionieren? Sieht man dadurch alles irgendwann weniger negativ? Oder ist das totaler Quatsch?

Schönreden ist bestimmt keine Lösung, die immer in Betracht kommt. Manchmal muss man seine Probleme auch angehen. Depressionen bedeuten ja nicht, dass man einfach nur schwarz sieht, sondern kann ja zusätzlich auch noch körperliche Symptome mit sich bringen.

Es gibt Leute, die schaffen es nicht mal mehr, aus dem Bett aufzustehen. Wenn die sich jetzt alles schönreden würden, das wäre gegebenenfalls fatal. Man muss sein Hirn umprogrammieren und das ist ein Haufen Arbeit und das wird auch nicht von einem Moment auf den anderen passieren. Da hilft auch schönreden nichts.

Totaler Quatsch, würde ich sagen. Depressionen sind keine schlechte Laune, sondern eine Krankheit. Wenn deine Gehirnchemie nicht stimmt, kannst du dir einreden, was du willst, es wird in schweren Fällen nicht klappen. Wohlgemerkt, wir reden ja nicht von gelegentlichen Phasen relativer Niedergeschlagenheit, die man dadurch abfangen kann, dass man einen schönen Ausflug plant und sich darauf freut, um so den tristen Februar zu überbrücken.

Ich habe kein Verständnis für Leute, die glauben, bei psychischen Krankheiten aller Art handele es sich bloß um mangelnde Selbstdisziplin. Leute sterben an Depressionen, wenn es ganz hart auf hart kommt, und ich bin mir sicher, wenn es helfen würde, mit Gewalt "positiv zu denken", hätten es die Betroffenen schon längst versucht. Genauso gut kann man jemandem mit einer Ess-Störung ein lapidares: "Dann iss halt mehr, es ist genug da!" hinwerfen und sich dann wundern, wenn die Person einen nicht anstrahlt und an Ort und Stelle genest.

Eine Freundin meint, dass sich man sich bei Depressionen und oder schlechten Phasen im Leben, einfach alles schönreden müsste.

Jeder, der das wirklich glaubt, hat doch keine Ahnung von dieser Krankheit und die Mechanismen dahinter nicht so wirklich verstanden. Ich frage mich, wie man nur auf so einen Blödsinn kommen und den auch noch verbreiten kann. Die Gehirnchemie lässt sich nicht nur ein paar schöne Worte wieder ins Gleichgewicht bringen. Wenn das tatsächlich der Fall wäre, gäbe es bei Depressionen keine Suizid-Rate.