Begriff Humankapital als Beleidigung empfinden?

vom 05.02.2018, 00:57 Uhr

Begriffe wie "Humankapital" kommen immer häufiger vor in der heutigen Zeit. Ich empfinde diesen Begriff als neutral und sehe da nichts anstößiges oder verwerfliches dran. Vielleicht habe ich den Begriff aber auch zu oft im Studium gehört und bin entsprechend abgestumpft, das kann durchaus sein. Auch den Begriff "Ressource" in diesem Kontext empfinde ich nicht als schlimm.

Jedenfalls empfindet eine Bekannte von mir den Begriff "Humankapital" als ziemlich Beleidigung für die ganze Menschheit. Sie meint, dass der Mensch an sich durch diesen Begriff "verkleinert", "entmenscht" und zu einem "Sachgegenstand" degradiert wird, dabei ist er aber ein Wesen mit einem Bewusstsein, mit Gedanken und Gefühlen.

Was haltet ihr von diesem Begriff? Empfindet ihr es ebenfalls als beleidigend, wenn Menschen als "Humankapital" bezeichnet werden? Würdet ihr diesen Begriff daher auch boykottieren oder findet ihr das übertrieben? Welche Begriffe findet ihr als beleidigend für die Menschheit und warum?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Nun ja, als Kompliment empfinde ich es unter Garantie nicht, wenn man mir nur so viel Wert zumisst, wie meine Qualifikationen und meine Verwendbarkeit zur Profitsteigerung eines Unternehmens zulässt. Da fühle ich mich schon zu einem Objekt und Wirtschaftsfaktor degradiert. Ich bin ja nicht nur auf der Welt, damit andere Leute aus meinem Wissen und meiner Arbeit Profit ziehen können. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass es erheblich leichter ist, Mitarbeiter zu entlassen und Standorte zu schließen, wenn es nur um die Verlagerung von Humankapital geht, und nicht um Mitarbeiter als fühlende Wesen, die Miete zahlen müssen und/oder Familie haben. Solche Begriffe tragen durchaus zur Entmenschlichung der Gesellschaft bei, vergleichbar mit "Rentnerschwemme", "Belegschaftsaltlasten" oder "Schlecker-Frauen".

Mit dem Begriff Humankapital wird in meinen Augen quasi die Gesamtheit des menschlichen Lebens den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit untergeordnet. Für manche Leute mag das genau das Richtige sein, weil für sie sowieso nur existiert, was man in Zahlen messen kann. Ich bin hier vermutlich ziemlich romantisch veranlagt, aber da bin ich ganz gegenteiliger Meinung. Ich komme auch selber nie in die Verlegenheit, den Begriff Humankapital zu verwenden

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Wieso kommt der Begriff Humankapital immer öfter vor? Der wurde schon in der Zeitung und im Schulunterricht verwendet, als ich noch in der Mittelstufe gewesen bin. Und das ist nur das, woran ich mich aktiv erinnere. Das Wort stammt aus den Wirtschaftswissenschaften und kommt auch in der Betriebswirtschaftslehre vor und wird mindestens seit der Nachkriegszeit genutzt.

So wenig schmeichelhaft es für den einzelnen ist, so sinnvoll ist der Begriff. Und den kann man problemlos nutzen, ohne dass das Individuum der Wirtschaftlichkeit untergeordnet wird oder man behauptet, dass der Mensch nur über Arbeitskraft definiert wird. Es ist einfach eine Rechengröße und zwar eine, die mehr umfasst als die Arbeitskraft.

Niemand kommt auf die Idee, dass es für die Beurteilung eines Unternehmens unwichtig ist, welche Werte und Belastungen die Firma hat. Betriebsgebäude, Rohstoffe, Maschinen, Rücklagen oder Schulden und so weiter sind wichtig. Aber auch die Fähigkeiten der Mitarbeiter, die Unternehmensphilosophe, die betrieblichen Normen und Werte haben einen hohen Stellenwert. In den meisten Branchen sind die langfristig gerechnet das wertvollste, was ein Unternehmen hat.

Wer unter Humankapital die armen Irren meint, die jeden Tag irgendwie zur Arbeit kommen und, weil sie keine Wahl haben, schuften, der hat keine Ahnung, was das Wort bedeutet und wertet tatsächlich ab. Aber das ist sein Problem. Wer dagegen meint, welche Fähigkeiten und Qualifikationen sind im Unternehmen gebündelt und wie gut ist das Wissen vernetzt und zugänglich, der ist auf dem richtigen gedanklichen Weg. Und da kann ich nun nicht erkennen, dass die Mitarbeiter zur gesichtslosen Masse degradiert und komplett den wirtschaftlichen Belangen untergeordnet werden.

» cooper75 » Beiträge: 13429 » Talkpoints: 519,52 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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