Bedeutet Praktikum eher arbeiten oder lernen?
Ich stecke derzeit während meiner Ausbildung in einem Praktikum, wo ich vor allem mit Kopieren und Einscannen beschäftigt bin. Zu tun habe ich immer. Ein Bekannter meinte allerdings, dass ein Praktikum eher zum Lernen gedacht ist, wo auch nur mal zuschauen dazu gehört. Er meint, würde ich komplett mit Arbeiten versorgt werden, wäre ich nur eine billige Arbeitskraft. Was glaubt ihr, muss ein Praktikant genauso arbeiten wie ein bezahlter Angestellter, oder sollte er auch nur mal zuschauen können?
Ich sehe ein Praktikum als Möglichkeit an, durch Arbeiten entweder einen echten Einblick in den Berufsalltag zu erhalten oder Dinge in der Praxis aktiv umzusetzen, die bisher nur theoretisch behandelt worden sind. Nur zusehen zu können, bringt doch ziemlich wenig, wenn man es dann nicht selbst versuchen kann.
Ich habe beispielsweise mein allererstes Praktikum in einer Pferdeklinik absolviert, da war ich noch Schülerin. Zuerst habe ich die Verantwortung für die Pflege von 12 eingestallten Pferden übertragen bekommen. Da lernte ich erstens den Zeitdruck in dem Job kennen und konnte gleichzeitig bereits in der Morgenvisite mit befragt werden.
Ich bekam die Sauberkeit und das Auffüllen von Material in den Behandlungsräumen zur Aufgabe, lernte das Halten, das Vorführen und das Ruhigstellen. An Operationstagen habe ich stundenlang Besteck gereinigt, mit gehalten wenn Pferde abgelegt wurden, aufgewachte Tiere in die Box manövriert.
Ich habe Kisten voller Aufnahmen aus dem Ausland entwickelt und 300 Ballen Heu gestapelt. Habe ich geschuftet, dass ich abends vollkommen platt war? Ja, ganz bestimmt! War ich nur eine billige Arbeitskraft? Nein, denn ich habe einen echten Einblick bekommen, wie die Arbeit in diesem Bereich aussieht und eine echte Entscheidungshilfe für die Zukunft bekommen.
Bei anderen Praktika sah es nicht anders aus. Ich fand die immer hart, aber sie haben viel gebracht, auch wenn ich am Abend einfach nur dankbar war, sitzen zu dürfen. Ständig nur zusehen zu dürfen, das hätte ich viel schlimmer gefunden.
Für mich sollte ein Praktikum eigentlich eine gesunde Mischung aus arbeiten und lernen sein. Sicher bedeutet es auch mal, dass man jemandem über die Schulter schaut und sich einen Arbeitsablauf ansieht, aber es bedeutet auch, dass man selber mitarbeitet und darüber eben auch lernt. Ich vermute mal, dass kopieren und einscannen später nicht unbedingt deine Hauptaufgaben sein werden, wenn du mal im Beruf bist, oder? Darum denke ich, dass man in einem Praktikum einen Einblick in die Aufgaben bekommen sollte, die wirklich für den Beruf relevant sind.
Ich bin auch der Meinung, dass ein gutes Praktikum eher eine Mischung aus Arbeiten und Lernen sein sollte. Wenn das Arbeiten beispielsweise überwiegt und man nicht wirklich was lernt, hat es was von Ausbeutung von billigen Arbeitskräften wie ich finde. Wenn man nur lernt und nicht arbeitet, kann man sich das Praktikum auch sparen wie ich finde, weil man da das theoretische Wissen ja kaum anwendet.
Außerdem hat man ja, wenn man jetzt nur (theoretisch) lernen würde, dann hätte man ja keinen echten Einblick in das Berufsleben. Wie etwas theoretisch funktioniert, kann ich auch in Büchern lesen, dazu brauche ich kein Praktikum.
Ein Praktikum bedeutet für mich zu lernen, und nicht mit der Arbeit anderer belastet zu werden. Ich hatte mein erstes (Sozial)praktikum vor zwei Monaten in einem Altenheim in der Tagespflege. Ich sollte mich mit den alten Leuten beschäftigen, hauptsächlich spielen, aber diese auch zu kleineren Arbeiten animieren, wie z.B. den Tisch abzuräumen oder den Essenswagen wegzubringen.
Die Betreuer haben darauf geachtet, dass ich diese Dinge nicht selbst erledigt habe, weil es einfach nicht zu meinem Aufgabenbereich gehörte. In den zwei Wochen habe ich also glücklicherweise gelernt, besser mit alten Menschen umzugehen, und nicht, wie man den Tisch abräumt oder etwas kopiert.
Für mich ist es auch so, dass es eine Mischung aus beidem sein sollte. Nur lernen bringt einem ja nichts, weil man alles im Endeffekt theoretisch kann, aber nicht praktisch. Das bringt einem ja auch nichts, weil ein Praktikum ja durchaus dafür da sein sollte, um den richtigen Arbeitsalltag kennen zu lernen. Und zum Arbeitsalltag gehört es natürlich auch, zu arbeiten.
Wenn man jedoch nur arbeitet und nur lauter einfache Aufgaben, wie Kaffee kochen und kopieren übernehmen muss, weil man eben gar nicht die Möglichkeit bekommt, etwas anderes zu lernen, dann ist das für mich auch nur Ausbeutung. Leider soll so etwas ja oft vorkommen, da die Arbeitgeber auf diese Weise billige oder sogar kostenlose Arbeitskräfte haben, die quasi alles für sie erledigen. Man macht ja aber kein Praktikum, um nur die Arbeit für andere zu erledigen. Davon hat man ja nicht viel.
Es sollte auch immer eine gute Mischung aus Theorie und Praxis sein. Man sollte gut eingelernt werden und es sollte einem auch vieles gezeigt, erklärt und berichtet werden, wobei man aber auch die Möglichkeit haben sollte, auch selbst mal anpacken zu können. Je mehr Erfahrung man hat und je mehr man auch gelernt hat, desto mehr kann man dann im Laufe der Wochen auch selbst arbeiten, wobei man dadurch ja auch wieder lernen kann.
Ich bin der Ansicht, dass ein gutes Praktikum eine Mischung aus Arbeiten und Lernen sein sollte, wobei das aber auch stark vom Betrieb abhängig ist, wie gut das umgesetzt wird. Die Praktika in der Schulzeit haben mir persönlich nicht so viel gebracht und ich habe nicht viel dabei gelernt und mich viel gelangweilt und mich unterfordert gefühlt. Bei dem Praktikum im Studium war das ähnlich, sodass ich es nicht wirklich als Bereicherung empfunden habe.
WO ich definitiv sehr viel bei gelernt habe, waren meine Werkstudentenjobs, von denen ich mehrere in meiner Studienzeit hatte. Möglicherweise habe ich dadurch eine andere Sichtweise und empfand das Praktikum im Studium deswegen als "langweilig", weil ich durch meine Jobs eben ein völlig anderes Niveau kannte, was lernen und arbeiten angeht.
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