Bedarf es Mut, um die eigenen Stärken einsetzen zu können?

vom 28.11.2017, 18:27 Uhr

Ich bin neulich über einen Artikel gestolpert, in dem der Autor der Ansicht war, dass es viel Mut erfordern würde, als Mensch seine eigenen Stärken einzusetzen. Mir erschließt sich nicht, was daran bitteschön mutig sein soll, nur weil man das macht, was man kann. Möglicherweise ist das aber auch eine Charakterfrage. In meinen Augen ist ein derartiges Verhalten kein Mut, sondern eher logischer Menschenverstand. Aber ich bin eh praktisch und effizient veranlagt, daher verstehe ich vielleicht nicht unbedingt, wenn es Menschen in dieser Hinsicht anders geht.

Wie seht ihr das? Erfordert es (großen) Mut, wenn man seine eigenen Stärken nicht nur kennt, sondern auch entsprechend einsetzt, wenn der Bedarf es erfordert? Wie fühlt ihr euch in Situationen, wo ihr eure Stärken einsetzt? Fühlt ihr euch da besonders mutig?

Benutzeravatar

» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich verstehe auch nicht so recht, was daran mutig sein soll, wenn man seine Stärken einsetzt. Da sollte es doch eher mutig sein, wenn etwas macht, dass einem nicht so gut liegt und man es dennoch versucht. Mich würde interessieren, wie genau der Autor das gemeint hat und ob er dafür Beispiele genannt hat. Vielleicht meint er damit, dass auch bei den eigenen Stärken etwas schief gehen kann und man vielleicht meint in einer Sache besser zu sein, als man in Wirklichkeit ist.

Benutzeravatar

» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Ich finde schon, dass es Courage erfordern kann, nicht nur zu seinen Schwächen zu stehen, sondern auch mal seine Stärken in den Vordergrund zu kehren. Das erzeugt nämlich, meiner Meinung nach besonders bei und unter Frauen, bei weitem nicht nur Bewunderung, sondern auch Neid und Anfeindungen bis hin zu massivem Mobbing. Ich habe schon öfter erlebt, dass ich in irgendwelchen Jobs z.B. eine schnellere Auffassungsgabe oder mehr Durchsetzungsfähigkeit als meine Kolleginnen mitgebracht habe und mir dennoch sorgfältig überlegen musste, ob ich jetzt meine Stärken ausspiele und einen guten Job mache, oder doch lieber von den anderen Weibern gemocht werden wollte.

Und gerade wenn die persönlichen Stärken eher in Bereichen liegen, die traditionell eher dem anderen Geschlecht zugeordnet sind, und/oder man sie nicht nur hobbymäßig oder unterstützend einsetzt, sondern darauf pocht, beispielsweise eine Karriere daraus zu machen oder auch nur im Alltag sich nicht versteckt oder schämt, weil man etwas gerne macht oder gut kann, macht man sich definitiv nicht immer beliebt. Und Anfeindungen und Sticheleien auszuhalten und trotzdem sein Ding durchzuziehen, erfordert Mut.

Von daher finde ich, dass man beispielsweise nur weibliche Automechanikerinnen oder männliche Kinderpfleger fragen muss, um zu erfahren, dass sehr wohl Mut dazu gehört, seine Stärken nicht nur verschämt im Privaten zu pflegen, sondern tatsächlich dazu zu stehen. Selbst bei irgendwelchen Hobbys erntet man ja schon schiefe Blicke, wenn man als Mann gerne tanzt bzw. als Frau gerne schweißt oder Bodybuilding betreibt. Hier handelt es sich natürlich auch um Stärken (wenn man so richtig mies darin wäre, würde man kaum ein Hobby ernsthaft betreiben) aber ich kann mir vorstellen, dass es viele Leute gibt, die sich schlicht nicht trauen, weil sie die schiefen Blicke und dummen Sprüche nicht aushalten wollen.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Normalerweise meinen Autoren, wenn sie so etwas schreiben, immer das Stärkenmodell. Dazu gibt es Abhandlungen aus verschiedenen Jahrzehnten und Ländern unter anderem von Cooperrider, Drucker oder Meyrs-Briggs, einschließlich verschiedener Testverfahren.

Das Modell sieht vor, dass man nur noch Aufgaben selbst übernimmt, die den eigenen Stärken entsprechen. Alles andere delegiert man an Kollegen und Mitarbeiter, die eben genau da ihre Stärken haben. Das erfordert tatsächlich Mut. Denn einerseits muss man sich auf andere verlassen und gibt die Kontrolle aus der Hand. Andererseits zeigt man offen seine Schwächen. In manchen Unternehmen kommt das fast einem Selbstmordkommando gleich.

» cooper75 » Beiträge: 13429 » Talkpoints: 519,52 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^