Beamten bei Krankenversicherung die Wahl lassen?
Ich habe gelesen, dass der Hamburger Senat beschlossen hat, dass seine Beamten ab August 2018 selbst entscheiden und frei wählen dürfen, ob sie sich privat oder gesetzlich krankenversichern lassen wollen. Wenn sie sich gesetzlich oder privat versichern wollen, bekommen sie vom Senat als Unterstützung den Anteil des Arbeitgebers bezahlt. Es würde so gesehen eine Angleichung zu den normalen Arbeitnehmern stattfinden, da diese Praxis bei anderen Erwerbstätigen durchaus üblich ist.
Was haltet ihr von dieser Praxis? Sollte dieses Modell Schule machen und in ganze Deutschland eingeführt werden? Oder haltet ihr das für unsinnig und schwachsinnig? Wo sind Nachteile oder Vorteile dieses Systems? Wenn ihr die Wahl hättet als potentieller Beamter, wie würdet ihr in so einem Fall entscheiden und warum?
Die genauen Regelungen werden hier nochmal genannt. Die Wahl haben Beamte oder Anwärter übrigens schon immer. Nur wird die gesetzliche Krankenversicherung so interessanter. Ich verstehe sowieso nicht, weshalb dies bei Beamten überhaupt anders ist .Meiner Ansicht nach sollten auch diese sich an der solidarischen Krankenversicherung beteiligen.
Juri, wieso weißt du das nicht? Wir haben das System, weil Beamte in gesundheitlichen Angelegenheiten die Fürsorgepflicht des Dienstherrn haben, der zumindest einen Teil der Krankheitskosten übernimmt. Deshalb haben Beamte, angeregt durch die Krankenversicherung für Arbeiter, gut 100 Jahren die privaten Krankenversicherungen als Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit gegründet.
Bis vor 20 Jahren hattest du doch noch nicht einmal freie Kassenwahl bei den gesetzlichen Versicherungen. Da ist hat sich viel getan. Warum gab es wohl Bezeichnungen wie AOK-Chopper oder AOK-Dauerlutscher? Wer nur dort versichert wurde, war arm dran. In welche der damals berufsständischen Versicherungen hättest du denn die Beamten stecken wollen? Wer in der Knappschaft war, hatte sehr gute Leistungen, aber die waren nicht zuständig. Techniker? Angestellte? Kaufmännisch? Die hatten mit Beamten nichts zu tun und hätten gar nicht aufnehmen dürfen.
Dann hatte man genug damit zu tun, die Öffnung der Kassen für Alle umzusetzen. Und warum man Beamte in die gesetzliche Krankenversicherung soll, bevor es eine allgemeine Versicherer unhöflich gab, das ist auch nur schwer zu vermitteln. Die gibt es aber noch keine zehn Jahre.
Ob die Beamten die gesetzliche Krankenversicherung retten, das ist auch eine sehr unklare Frage. Natürlich gibt es mehr Beitragszahler, aber die verdienen im Vergleich zur freien Wirtschaft sehr wenig, sie verursachen hohe Kosten und sie werden älter als die Allgemeinbevölkerung. Wie ungünstig die Beamten für die Versicherungen sind, sieht man schnell.
Mit der privaten Zusatzversorgung müssen die Beamten ihre eigenen Kosten decken. Das macht für nicht wenige die gesetzliche Krankenversicherung attraktiv, wenn es einen Zuschuss vom Dienstherrn gibt. Wer glaubt, dass die dann viel billiger werden, der glaubt auch an den Weihnachtsmann.
Aber wenn mehr Bundesländer einen Zuschuss für die gesetzliche Krankenversicherung für Beamte zahlen, erledigt sich das alte System von selbst. Dann müssen zu wenige die jetzt schon hohen Beiträge der privaten Krankenversicherungen leisten. Dann geht nur noch Kasse. Aber das wird dann auch nicht billig für die Gemeinschaft.
Du weißt aber schon Juri, dass viele Beamte höhere Krankenvorsorgekosten leisten müssen? Mein monatlicher Beitrag liegt bei über 350 Euro. Wäre ich normal versichert mit einem hohen Arbeitgeberanteil, würde ich über 100 Euro weniger zahlen müssen. Ich würde nicht einfach so in eine gesetzliche Kasse wechseln unter o.g. Voraussetzungen. Ich würde rennen, flitzen, fliegen, so schnell ich nur könnte.
Denn von einer Privatversicherung habe ich keine Vorteile, nur Ärger und Nachteile. Ich bin auch nur zu 50 Prozent versichert. Die anderen 50 Prozent deckelt der Kommunale Versorgungsverband mit der Beihilfe. Nun haben wir nicht nur höhere Versicherungsbeiträge, wir müssen auch noch genau die Zuzahlungen leisten, die normal Versicherte mit einem geringerem Krankenkassenbeitrag leisten müssen.
Und als ob das nicht alles schon reicht an Nachteilen, gab es ab 2014 auch noch die Kostendämpfungspauschale, die festlegt, dass Beamte einen bestimmten festgesetzten Betrag nicht zurück erstattet bekommen. Für die niedrigen Besoldungsgruppen waren das 80 Euro im Jahr und für die höchsten 560 Euro. Der ganze Papierkrieg, den man führen muss, ist auch nicht zu verachten. Und meistens muss man in Vorkasse gehen, bei den Medikamenten sowieso.
Ich bin nicht freiwillig privat versichert, ich bin gezwungen dazu, um ein einigermaßen erträgliches Nettoeinkommen zu haben. Wäre ich nämlich freiwillig gesetzlich versichert, müsste ich 450 Euro monatlich zahlen, statt der oben genannten 350 Euro. Also erst einmal informieren, dann kann man immer noch über die Beamten ablästern, dann aber mit Fachwissen.
Ich würde mich immer wieder für die Beamtenversicherung entscheiden, auch wenn ich für jede ärztliche Behandlung einen Selbstbehalt zahle, den ich bei der allgemeinen Krankenkasse nicht bezahlen würde. Trotzdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich schneller dran komme, umfangreicher beraten und besser behandelt werde, wie andere, die nur gesetzlich versichert sind.
Es ist zwar traurig, dass hier generell Unterschiede gemacht werden, aber wenn ich mich entscheiden kann, dann würde ich mich immer wieder entscheiden, dass alles so bleibt wie es ist. Aber ich finde es gut, dass man den Menschen die Wahl lassen möchte, ob sie umsteigen möchten oder eben nicht.
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