Barbie mit Kopftuch ein Unding?
Kopftuch tragen muss doch wirklich geil sein, wenn so viele dafür sind. Anders kann ich mir diesen Unsinn nicht erklären. Wenn ich eine Tochter hätte, die mit einer Kopftuchbarbie spielen wollte, würde ich sie zum Psychiater bringen. Ich frage mich, wo Maßnahmen gegen den radikalen Islam beginnen sollen? Ein Barbie mit Kopftuch steht für mich sicher nicht für die Akzeptanz unserer Werte.
Ich habe als Kind Kopftuch getragen, weil es eine praktische Kopfbedeckung für Mädchen ist. Hält den Wind von den Ohren ab, ist in vielen Farben passend zur Kleidung verfügbar und ist in der Herstellung unkomplizierter als zum Beispiel ein Mütze, die erst gestrickt werden muss. Meine Eltern sind keine Moslems, sie hatten höchstens damals einen etwas altmodischen Modegeschmack.
Oh Wunder, ich lebe noch. Es ist nur ein Stück Stoff, das ein Symptom der Unterdrückung der Frau sein kann. Nicht das Kopftuch ist schuld am Islamismus und der Unterdrückung der Frau sondern Männer und deren Moralvorstellungen. Was muss man also tun? Die Kopftücher ausziehen? Das wäre so als hätte man die Frauen damals während hier unsere Frauenbewegung aktiv war und für die Gleichberechtigung gekämpft hat, gezwungen ausnahmslos nur Miniröcke oder lila Latzhosen zu tragen und hätte sonst nichts getan. Das Verbot von Kopftuch tragenden Puppen alleine, wird die Frauen nicht befreien. Das greift das Problem noch nicht an der Wurzel.
Es wird wohl auch niemand, der keinen rechten Chip im Hirn hat, behaupten, dass eine amerikanischen Spitzensportlerin unterdrückt und nicht emanzipiert sei, nur weil sie ein Kopftuch trägt. Die kulturelle und religiöse Identität spielt in der westlichen Welt auch eine Rolle und führt dazu, dass Frauen sich dafür entscheiden ein Kopftuch zu tragen.
Wenn man Feminismus richtig versteht und nicht nur als Schlagwort für seine rechten Argumente missbraucht, akzeptiert man die Entscheidung dieser Frauen. Auch wenn man sich so etwas für sein eigenes Leben niemals vorstellen könnte. Genau wie man es akzeptiert, dass Frauen Minirock tragen, auch wenn man sich selber in Jeans deutlich wohler fühlt.
Ja, Juri, eine amerikanische Spitzensportlerin, die das Vorbild für die Puppe ist, wird bestimmt böse unterdrückt und zum Kopftuch gezwungen. Und natürlich darf eine gute, deutsche katholische Nonne den Schleier nehmen, der nicht nur das Gesicht und den Hals einfasst, sondern auch noch wie Scheuklappen wirkt, und sich einer Gemeinschaft anschließen, die Frauen zutiefst benachteiligt.
Das ist natürlich vollkommen in Ordnung, denn es ist ihr Glaube. Trägt eine muslimische Frau dagegen freiwillig ein Kopftuch, dann wird sie natürlich gezwungen und der Anhang steht dem IS nah. Schließlich gehört so etwas nicht hierher. Soll sie doch katholisch werden und ins Kloster gehen, wenn sie sich verhüllen möchte.
Wie wäre es, wenn du anderen Menschen ihren Glauben und ihr Privatleben einfach mal gönnen würdest? Warum glaubt man, Menschen zu befreien, wenn man ihnen verbietet, so zu sein, wie sie wollen? Lasse andere doch einfach mal sein, wie sie sind, wenn sie keinem etwas wegnehmen oder etwas tun und sie freiwillig so sind.
Das Kopftuch hat im Islam eben eine religiöse Bedeutung. Daran gibt es nichts zu deuten. Es gibt auch Umfragen, wonach über 50 Prozent der türkischen Zuwanderer für die Scharia sind. Die Scharia ist mit gutem Grund verboten. Eine der Vorschriften der Scharia ist eben das Kopftuch.
Daher spielt es auch keine Rolle, ob auch Deutsche irgendein Kopftuch anziehen. Es wird sich mit Sicherheit auch niemand die Lebensgeschichte von irgendeiner Person durchlesen. Daher spielt diese auch keine Rolle. Es geht hier schlicht und einfach um die Frage: Was wird damit vermittelt?
Sogar die FAZ hat einen Beitrag dazu. Das Thema ist also nicht ganz unumstritten. Wenn es nur um Mode gehen würde müsste es nicht jede Frau aus diesem Kulturkreis tragen. Wenn dort unten eine Frau den Hijab ablegt, würde sie schon fast gesteinigt werden.
Gegenfrage: Was würde es denn den Frauen helfen, wenn man das Kopftuch verbieten würde? Wenn fundamentalistische Ehemänner dann ihren Frauen in Deutschland verbieten würden, das Haus zu verlassen, weil sie sich staatlich verordnet nicht so kleiden können, wie das als anständig angesehen wird? Ist dann die Gleichberechtigung erreicht? Sind dann die Frauen befreit? Ein Kopftuchverbot ist schnell ausgesprochen, aber es löst nicht schlagartig alle Probleme.
Statt hier populistisch Stimmung zu machen, wäre es viel sinnvoller gemeinsam mit den betroffenen Frauen zu sehen, was man wirklich tun kann. Und zwar nicht nur gegen ein Stück Textil, sondern für die Gleichberechtigung aller Frauen, die hier leben.
Jetzt kommen wieder die witzigen Sprüche à la "Warum nicht etwas anderes". Man solle den armen Frauen helfen. Wozu eigentlich? Die abgebildete Dame ist doch eine erfolgreiche und selbständige Frau, wie einige andere User so toll bemerkt haben. Es wäre wirklich mal klasse, wenn man öffentlich mit einer von Pierre Vogel inspirierten Kopftuchträgerin sprechen würde. Diese Diskussionen gibt es auch wegen diverser Naziklamotten. Man muss eben immer entscheiden, ob man mit so etwas nicht das falsche Weltbild vermittelt.
Ich wollte mir hier im Großraum Berlin gestern eine Packung vom richtigen Weltbild kaufen. Leider wurden gerade die letzten Exemplare an diverse Politiker verkauft. Blöd gelaufen. Jetzt muss ich mich also doch wieder auf das Nachdenken verlassen.
Wenn also das Abschaffen eines Bekleidungsstückes bewirken würde, dass die Frauen, die das getragen hatten gleichberechtigt sind, müsste es dann nicht so sein, dass alle Frauen, die ohnehin kein Kopftuch tragen automatisch voll gleichberechtigt seien? Und wie kommt es dann zu Stande, dass so wenige Frauen in hochrangigen Führungspositionen sitzen, immer noch so wenig Männer die Hälfte der Elternzeit nehmen können, so wenig Frauen in Aufsichtsräten sitzen? Wie kann es sein, dass Frauen so wenig gleichberechtigt sind, dass sie sogar in Hollywood von den eigenen Kollegen sexuell belästigt werden und das obwohl da keine Frau verhüllt ist?
Aus meiner Sicht ist das eine Problemlage, die sich nicht einfach mit so genannter richtiger Weltsicht oder einfachen Schlagworten und einfachen Rezepten lösen lässt. Die Ursachen zum Problem liegen viel tiefer. Warum muss man die Diskussion um Frauenrechte an Religionen binden oder an Herkunftsländer? Und warum gibt es nicht schon längst umfassende und ausreichende wissenschaftliche Forschung, wie man da die Situation für alle Frauen nachhaltig verbessern kann statt Parolen zu brüllen und die Opfer zu diskreditieren?
Hier geht es vor allem um eine Puppe. Man kann eben nicht über mangelnde Gleichberechtigung quatschen und dann tatenlos zusehen, wenn eine Kopftuchträgerin zum Vorbild für kleine Mädchen gemacht wird. Es werden übrigens sicher noch andere Barbies mit Kopftuch kommen. Schließlich geht es um das schöne Geld, dass man verdienen will.
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