Auswahl zum Offizier - welche Bedingungen?
Mein Cousin möchte sich zum Leidwesen meiner Tante demnächst als Offizier bewerben. Er hat bereits gesagt, dass ihn dazu zwei wichtige Tests erwarten, die er bestehen muss. Offenbar gibt es ziemlich viele Anwärter auf diesen Posten und da ist es ihm natürlich auch wichtig, dass er gut dasteht. Meiner Tante wiederum wäre es lieber, wenn er die Tests nicht bestehen würde und nicht Offizier wird.
Mich würde aber mal interessieren, was eigentlich von einem verlangt wird, wenn man Offizier werden möchte. Welche Voraussetzungen muss man erfüllen und welche Leute werden bevorzugt genommen? Welche Eigenschaften muss mein Cousin besitzen, um gute Chancen bei den Tests zu haben? Was genau erwartet einen bei den Tests? Kennt sich jemand damit vielleicht aus und kann einige Fragen dazu beantworten?
Wenn man nicht gerade schon ein Studium erfolgreich abgeschlossen hat, muss man sich mindestens 13 Jahre verpflichten wollen. Wer schon fertig studiert hat, kann auch einen kürzeren Vertrag abschließen.
Zudem muss man schon eine gewisse Intelligenz und Schulbildung mit bringen. Schließlich muss man ja als Führungskraft arbeiten. Und dazu ist eben nicht jeder geeignet.
Die genauen Voraussetzungen kannst du hier auf der Seite der Bundeswehr nachlesen. Und wenn man auf der Webpräsenz weiter sucht, findet man sicher auch ein paar mehr Informationen zum Assessment Center.
Also ich war Offizier bei der Luftwaffe, aber das ist jetzt schon einige Jahrzehnte her, denn ich bin Jahrgang 1962. Ich kann aus diesem Grunde nur erzählen, wie es damals war, und habe keine Ahnung, wie das heute gehandhabt wird.
Zunächst einmal muss man wissen, dass ein Offizier nicht nur eine Bezeichnung für eine Gruppe von Dienstgraden ist, sondern dass dahinter auch eine bestimmte Weltanschauung steht, die sich weitestgehend überall auf der Welt gleicht. Es geht nicht nur darum, in der Hierarchie möglichst weit oben zu stehen. Es geht auch um ein gewisses System aus Werten, welches durch das Offizierstum vertreten wird. Dazu gehören Bildung, Auftreten, Ausstrahlung und gewisse Ehrbegriffe. Aus diesem Grund sind die Auswahlsysteme sehr umfangreich.
Bei mir was das damals, als ich die Prüfung im Jahre 1981 machte so: Zunächst musste die Grundbedingungen erfüllt sein. Also tauglich zum Wehrdienst und Besitz der allgemeinen Hochschulreife, sprich Abitur. Dann musste ich zur Offiziersprüfzentrale nach Köln. Dort wurde ich drei Tage lang getestet. Dies lief so ab, wie ich es jetzt schildere. Wir waren ungefähr 140 Abiturienten, welche Offiziere werden wollten. Wir wurden drei Tage kaserniert und am ersten Tag mussten wir den ganzen Tag Wissens- und Intelligenztest machen. Man ermittelte zunächst den IQ. Anschließend gab es Multiple Choice Tests. Stundenlang! Es wurde alles an Wissen abgefragt, was man sich vorstellen kann. Die Fragen reichten von “Wer hat den Roman Ulysses geschrieben?“ bis zu „Was ist die zweite Ableitung von 5 mal x hoch 6?“. Am Abend waren wir vollkommen erschöpft. Und später am Abend wurde dann ca. die Hälfte der Bewerber nach Hause geschickt.
Am zweiten Tag war Sport angesagt. Zunächst musste man allgemeine Fertigkeiten beweisen. So mussten wir über Bänke springen, ein Seil hochklettern und auf allen Vieren herumkriechen. Alles in deiner bestimmten Reihenfolge und das zudem auf Zeit. Nachdem man dies gemacht hatte musste man sofort so viele Klimmzüge machen wie man konnte. Man musste die ganze Sache in einer bestimmten Zeit schaffen, ansonsten war man draußen. Dann musste man Korbball spielen. Das ist Basketball ohne richtige Regeln. Ziel war es, herauszufinden wie man sich in einer Gruppe bewegt und benimmt. Okay, am Abend wurde wieder die Hälfte der Anwärter nach Hause geschickt, weil sie den körperlichen Voraussetzungen eines Offiziers nicht genügten.
Am dritten Tag waren nur noch ungefähr 40 Leute über. Dieser Tag war der Psychologie gewidmet. Man sagte mir, dass allerhöchstens 20 von uns als Offizier genommen werden würden. Wir mussten allerhand Planspiele machen. So mussten wir uns mit mehreren zusammentun und einen Urlaub planen. Man wollte herausfinden, wie es mit den Führungsqualitäten der Bewerber aussah. Zum Schluss kam dann das, was viele als am schwierigsten bezeichnen. Das Abschlussgespräch mit zwei Offizieren und einem Psychologen. Man wurde in Gespräche verwickelt, und wollte einen aufs Glatteis führen. Man wollte herausfinden, ob der Bewerber wirklich Offizier aus Gesinnung werden wollte, oder lediglich auf Staatskosten studieren wollte. Die Hälfe der Bewerber ist da gescheitert.
Ich hatte es geschafft, aber um dann letztendlich Offizier zu werden, musste ich erst einmal bei der Bundeswehr studieren. Und das eingebunden in den Dienst, den ich ja auch machen musste. Zudem gab es keine Semester, sondern Trimester. Also drei Einheiten anstatt zwei pro Jahr. Wenn man sein Diplom hatte, dann erst wurde man zum Offizier. Also alles in allem kein Zuckerschlecken.
Ich bin aktuell bei dem Verein in der Offizierslaufbahn. Allerdings habe ich nicht über die Bundeswehr studiert sondern kam mit einem fertigen Studium erneut an, nachdem ich vorher schon Soldat der Reserve war. Allerdings dort noch in einem anderen Dienstgrad, der sich erst mit der Wiedereinstellung auf einen anderen Truppengattungsbereich geändert hat.
Es kommt ganz darauf an mit was man kommt und was man möchte. Möchte man darüber studieren kommt es auch noch darauf an was man studieren möchte. Wer Medizin studieren möchte, der muss sich auf mehr als 13 Jahre einstellen wenn er seinen Facharzt ebenfalls darüber machen möchte geht unter 23 Jahren gar nichts. Alternativ kann man dann auch vorher gehen und bekommt die Rechnung über das Studium zum bezahlen, denn über die Dienstzeit finanziert sich das Studium bei der Bundeswehr. Kündigen kann man jederzeit, allerdings nicht ohne Abstriche und Rechnungen.
Die Bedingungen sind ebenfalls einfach und kann man sich auf der Seite der Bundeswehr durchlesen. Da auch hier alles neu gegliedert wurde um Kosten zu sparen geht man nicht mehr direkt an die Offizierszentren zum Testen sondern wird zunächst mit den ganzen normalen für die Mannschaftslaufbahn und Feldwebellaufbahnen zusammen in die Karrierecenter gesteckt. Dort absolviert man den Sporttest, dem Computertest und die Psychologische Befragung. Erreicht man dort genug Punkte, dann geht es weiter an die Offizierszentren in denen noch die anderen Teilbereiche gefragt werden, zum Thema Studium, Gruppensituationsverfahren, erneute psychologische Befragung usw.
Wer die erste Hürde nicht schafft, dem wird die Feldwebel- oder Mannschaftslaufbahn angeboten oder komplett ausgesiebt und nach Hause geschickt. Ich hatte auch schon Bewerber vor mir die Offizier werden wollten und mit viel Auge zudrücken konnte man sie noch als FDWL in der Mannschaftslaufbahn durchgehen lassen und noch nicht einmal verstanden haben warum. So etwas braucht die Bundeswehr auch nicht als Offizier, denn man muss sich mal vor Augen führen, dass dort 18 jährige sitzen die andere Leute befehlen und auch für deren Leben verantwortlich sind. Das ist vielen einfach nicht bewusst in ihrem kindlichen Trieb sage ich mal so nett und stellen sich das zu einfach vor.
Daher spielt der eigene Charakter und die Führungsqualitäten eine erhebliche Rolle und die graue Maus aus der letzten Ecke die alles mit sich machen lässt und nur stillschweigend nickt, der hat dann doch eher weniger die Chancen diese Eignung auch zu bekommen. Aber auch nicht der Prahler der alles so gut kann und im Prinzip am besten in die Tonne springt und Deckel zumacht. Diese Leute werden ausgesiebt. Insgesamt sollte der Charakter schon gefestigt sein, nicht mehr kindliches Verhalten an den Tag gelegt werden mit "ich habe dann eine Knarre und verschaffe mir schon Gehör" ist definitiv die falsche Antwort. Aber auch diese wurde mir schon genannt im Gespräch auf die Frage wie man sich denn Durchsetzen möchte.
Wer es ernsthaft möchte und versuchen will, der kann sich auf der Seite der Bundeswehr darüber informieren und auch vorbereiten mit den Tests. Ansonsten gibt es noch einiges an Literatur dazu wie z.B. "Karriere in der Bundeswehr" dort schildert ein Prüfoffizier wie das abläuft, was die falschen Antworten sind und worüber man sich im Vorfeld klar sein muss. Das Buch kann man nur empfehlen, auch wenn es an die 20 Euro kostet und nur wenige Seiten hat. Aber dort steht alles wichtige drinnen was man gefragt wird und wie das ganze abläuft.
Leider wurde der Sporttest über die Jahre vereinfacht, dass sogar das dicke unsportliche Pummelchen diesen schafft. Mein Highlight war dabei eine Dame mit 55 Jahren die sich zum freiwilligen Wehrdienst gemeldet hat und diesen mit Bestpunkten absolviert hat ohne großartige Vorbereitung und auch in der Grundausbildung so manchen 18 jährigen davon gerannt ist. Alleine über den Sporttest wurde früher viel mehr ausgesiebt und seit das so einfach ist, kommen auch immer mehr "Deppen" hier an und haben die notwendige Punktezahl mit ihrem Sportteil wieder wett gemacht. Denn damit kann man einiges kompensieren, wenn man dort Bestleistungen bringt dafür in anderen Bereichen wie dem CAT zu doof war die Rechenaufgaben auf Grundschulniveau zu lösen.
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