Aus Jobmangel auf Traumjob verzichten?

Bei uns an der Universität ist vor kurzem bekannt geworden, dass nicht jeder Masterstudent mehr ohne Probleme eine Doktorandenstelle bekommt und das hat viele erschrocken. So offen wird das nämlich leider nicht diskutiert und da es Zeiten gab, wo es eben so war, hat es viele erstaunt und erschüttert, dass es jetzt leider nicht mehr so ist.

Ein Professor hat dann mal in einem Seminar mit uns über dieses Thema geredet und er meinte, dass es heute viel mehr Studenten geben würde, als früher, was ja auch stimmt. Er meinte aber auch, dass er nicht glauben würde, dass all die Studenten sich eine akademische Laufbahn wünschen würden, viele würden einfach nur wegen besserer Jobchancen auf die Uni gehen und diese hat man auch nach dem Bachelor.

Er empfahl daher den Studenten, die nicht promovieren wollen nach dem Bachelor abzugehen, denn die Jobchancen wären gut. Es wären im Moment wenige Laboranten auf dem Markt und Laboranten mit Ausbildung können bei weitem nicht so viel, wie ein Chemiker nach dem Bachelor.

Viele haben sich davon angesprochen gefühlt, aber viele auch nicht, denn nicht jeder Chemiker geht ins Chemiestudium und möchte als Laborant daraus hervorgehen. Das haben sich die meisten ja dann doch noch etwas anders vorgestellt. Einige waren aber auch etwas bestürzt darüber, dass der Traum vom Doktor vielleicht noch nicht wahr werden könnte. Ich selbst habe einen sehr guten Notenschnitt und denke nicht, dass ich es schwer haben werde, eine gute Doktorstelle zu finden.

Würdet ihr nach einer solchen Information möglicherweise doch den Schluss fassen nach dem Bachelor abzugehen? Oder würdet ihr es trotzdem versuchen? Verlieren kann man ja eigentlich nichts, wenn man die Doktorstelle am Ende nicht bekommt, kann man ja immer noch nach Arbeit suchen. Würdet ihr euren Traum bei schlechter Arbeitslage ändern oder doch eher daran festklammern?

Chemie ist wohl noch eines der wenigen Fächer, bei denen es üblich ist, einen Doktor zu machen. Das ist heutzutage eigentlich in sonst keinem naturwissenschaftlichen Fach der Fall. Natürlich gibt es auch in anderen Fächern die Möglichkeit zur Promotion, aber das macht nur ein ganz kleiner Teil. Schließlich verliert man einige Jahre, in denen man schon in der Industrie sehr gutes Geld verdienen kann, während eine Promotionsstelle eher mäßig bezahlt ist. Das verlorene Geld holt man kaum durch eine spätere höhere Bezahlung raus.

Dieser Weg ist in deinem Fach wahrscheinlich noch historisch bedingt. Ich kann mir kaum vorstellen, dass der Doktor für einen Großteil der Jobs in der Industrie tatsächlich eine wichtige Voraussetzung ist. Was man während einer Promotion lernt, kann man auch durch Berufserfahrung lernen.

Natürlich hat der Doktortitel gerade in diesen Bereichen noch ein gewisses Prestige. Und das ist sicherlich noch in den Köpfen der Personalentscheider drin. Aber wenn es nun wirklich so ist, dass der Doktor nicht mehr selbstverständlich ist, wird sich auch das bald wandeln.

Ich verstehe auch nicht ganz, wieso die Promotion der Traumjob ist. Schließlich ist das auch nur ein weiterer Ausbildungsschritt und kein Beruf. Später wird man dann doch sich zwischen Industrie, universitäre Forschung und Lehre entscheiden.

Außerdem verstehe ich nicht, wieso man nur die Wahl zwischen Bachelor und Doktor haben soll. Dazwischen gibt es auch noch den Master. Der ist zumindest in anderen MINT-Fächern ein sehr angesehener Abschluss und befähigt prinzipiell zu den gleichen Jobs wie der Doktor.