Aus Angst vor Mangel Medikamente bunkern?
In den letzten Monaten liest man immer wieder vom Medikamentenmangel und das bestimmte Produkte mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen haben, wodurch die Personen, die diese Medikamente benötigen, auf Ersatzprodukte ausweichen müssen.
Vor einigen Tagen habe ich mich darüber mit einer Bekannten unterhalten und sie hat mir erzählt, dass sie diese Angst vor dem Medikamenten-Mangel so verrückt gemacht hat, dass sie mittlerweile 3 Packungen ihres Medikaments (verschreibungspflichtig) Zuhause bunkert. Sie kann dies immer zwei Wochen vor der "Aufbrauchzeit" bereits ordern und da sie das nun schon seit Beginn der Corona-Krise so handhabt, hat sie mittlerweile einen recht großen Vorrat, sodass sie versorgt ist, selbst wenn es mal Engpässe bei der Lieferung geben sollte.
Habt ihr davon auch schon einmal gehört oder kennt ihr sogar selbst Menschen, die aus dieser Angst heraus die Medikamente bunkern? Findet ihr dies nachvollziehbar oder denkt ihr, dass dies eher dann wieder zum Problem beiträgt, dass weniger Medikamente verfügbar sind? Wie kann man den Betroffenen entsprechende Ängste nehmen?
Das Verhalten ist doch durchaus sinnvoll, wenn es Medikamente sind, die regelmäßig genommen werden müssen. Das würde ich auch tun, wenn Lieferschwierigkeiten im Raum stünden. All zu viel kann man ja nicht sammeln, wenn die Medikamente verschreibungspflichtig sind. Ich sehe das als normales vorausschauendes Handeln an. Ich würde drei Packungen auch nicht als bunkern bezeichnen.
Ich kann dies auch nur zu Teilen nachvollziehen, wenn es sich um chronisch kranke Personen handelt, welche auf die regelmäßige Medikamenteneinnahme angewiesen sind. Ansonsten habe ich jedoch tatsächlich auch einen Freund, der ein ähnliches Verhalten zeigt, obwohl er eigentlich keine Tabletten nehmen müsste. Sobald er keine Schmerzmittel oder Erkältungshelfer auf Vorrat Zuhause hat, werden diese in Masse online bestellt.
Ich habe mal in einem Buch gelesen, dass Menschen, die Medikamente in ihrem Haus "auf Vorrat" anschaffen auch häufiger krank werden und dies in vergangenen Studien sogar belegt wurde. Dies finde ich in diesem Zusammenhang eine sehr interessante These. Ich kenne es seit meiner Kindheit so, dass Medikamente lediglich beschafft werden, wenn sie akut notwendig sind und vertrete ohnehin die Meinung, dass heutzutage viel zu viele Medikamente eingenommen werden. Außer Frage steht natürlich, dass die Optionen heutzutage auch ein absoluter Segen sind und vielen Menschen helfen.
Insgesamt denke ich jedoch, dass einen die Ängste in diesem Fall sehr stark vereinnahmen können und das auch nicht unbedingt ein gutes Verhalten für sich selbst ist. Leider ist es so, dass auch Personen die Medikamente bunkern, die sie nicht akut brauchen und das kann dann gerade bei Mangel und Lieferschwierigkeiten für Personen in Notlagen sehr kritisch werden. Ich denke, dass gerade in solchen Situationen alle zusammenhalten sollten und nur die Personen beschaffen, die es wirklich benötigen.
Ich finde das wirklich schwierig. Natürlich ist es auf der einen Seite so, dass die Versorgungssituation nun leider nicht besser wird, wenn Menschen unnötig Medikamente bunkern und auf Vorrat haben, die sie eigentlich nicht brauchen. Das führt ja dann auch dazu, dass dann am Ende Medikament unverbraucht weggeschmissen werden müssen, weil einfach zu viel gelagert wurde von Menschen, die diese nie brauchen.
Aber auf der anderen Seite ist es ja auch durchaus verständlich. Ich meine mein Kind hatte letztens Fieber bei einer beginnenden Mittelohrentzündung. Ich brauchte da jetzt nichts extravagantes und keine großen Mengen. Ich wollte einfach eine Flasche Ibuprofensaft, weil ich keinen mehr hatte. Da hatte ich dann Glück, dass ich in der Apotheke noch eine bekommen habe, weil vormittags eine Lieferung kam, die aber bis auf zwei Flaschen schon wieder ausverkauft war und die Apothekerin wusste nicht, wann das nächste mal etwas kommt.
Wenn ich da also schon befürchten muss, dass ich im akuten Fall meine benötigten Medikamente nicht mehr bekomme, ist es ja schon natürlich, dass man sich dann überlegt, ob man sich nicht lieber eine Packung davon zu Hause hinstellt. Klar hilft das der Gesellschaft nicht, aber man selbst hat halt dann im Fall der Fälle etwas zu Hause.
Ich kenne dieses Verhalten auch von Kunden in der Apotheke, in der ich arbeite. Natürlich kann ich es auch nachvollziehen, dass die Leute es nicht riskieren wollen, ohne entsprechende Versorgung dazustehen. Aber gleichzeitig ist es auch diesem Verhalten geschuldet, dass manche dann mehrere Packungen kaufen, dass der Engpass sich verschlimmert. Deswegen habe ich gerade bei freiverkäuflichen Arzneimitteln, die man nicht regelmäßig braucht, kein Verständnis dafür.
Wenn sich drei Packungen Vorrat in einem Zeitraum von über zwei Jahren aufgebaut haben, weil man zum frühestmöglichen Zeitpunkt das nächste Rezept holt, ist das kein Bunkern. Ich sehe das als clevere Planung an. Zumal eben hier die regelmäßige Einnahme mit Sicherheit sehr wichtig ist.
Allerdings kenne ich nun viele Menschen, welche regelmäßig auf Medikamente angewiesen sind. Bei niemanden habe ich bisher etwas gehört, dass es Engpässe gab. Also zumindest scheinen die verschreibungspflichtigen Medikamente im normalen Umfang vorhanden zu sein. Bei frei verkäuflichen Medikamenten ist das wieder eine andere Sache, weil man eben von einer Apotheke zu anderen kann und kauft da ein.
Punktedieb, das stimmt einfach nicht. Auch verschreibungspflichtige Medikamente fehlen an allen Ecken und Enden. Da kannst du dir gern die Listen des Bundesinstituts für Arzneimittel zu Gemüte führen. Nur wird halt nicht unbedingt darüber geredet. Seit dem Frühling fehlte Tamoxifen zur Behandlung von Brustkrebs. Da geht nicht jeder mit der Diagnose hausieren.
Und bei den alltäglichen verschreibungspflichtigen Medikamenten ist man als Patient seit Jahren Lieferschwierigkeiten oder nicht brauchbaren Chargen doch Kummer gewohnt und regt sich nicht mehr darüber auf. Schilddrüsenhormone machen seit Jahren Probleme, da muss ich immer wieder wegen Markenwechsel neu eingestellt werden. Opioide für die Schmerztherapie sind regelmäßig eng. Blutdrucksenkende Arzneimittel auch.
Außerdem ist es ziemlich verharmlosend, es darauf zu schieben, dass es angeblich nur frei verkäufliche Arzneimittel betrifft, die die Leute deiner Meinung nach von Apotheke zu Apotheke ziehend Produkte hamstern. Aspirin Injektionslösung ist beispielsweise kein Medikament, das man mal eben in der Nachttischschublade hat, aber bei Herzinfarkt ist es kaum ersetzbar.
Es liegt eben an gestörten Lieferketten und der Konzentration der weltweiten Wirkstoffproduktion auf einen oder nur eine Handvoll Standorte. Aber guck bloß nicht über den Tellerrand, was man nicht gehört hat, kann nicht sein.
@cooper75: Bist du mal wieder auf Krawall gebürstet, weil deine Erfahrungen meinen Erfahrungen widersprechen? Nur weil es bei dir anders ist, heißt das ja nicht, dass es in anderen Regionen genauso sein muss. Immerhin gibt es bei Medikamenten nicht nur eine Lieferkette, wie bei anderen Produkten auch.
Auch muss niemand mit Krankheiten hausieren, wenn man sich darüber unterhält, ob die benötigten Medikamente normal verfügbar sind oder nicht. Ich habe zum Beispiel einige Menschen in meinem Umfeld, wo verschriebene Medikamente für ein halbes Jahr verordnet werden. Da höre ich dann nur wie viel Geld sie gerade in der Apotheke gelassen haben. Um was für Medikamente es dabei genau geht muss man doch nicht erzählen.
Aber wie gesagt, in meinem Umfeld gibt es bisher keine Klagen, dass irgendwas nicht verfügbar gewesen wäre. Wobei ich auch den anderen Fall kenne, wo grundsätzlich ein Medikament immer erst bestellt werden musste, obwohl man in dieser Apotheke wusste, dass es in regelmäßigen Abständen benötigt wird.
Punktedieb hat geschrieben:Aber wie gesagt, in meinem Umfeld gibt es bisher keine Klagen, dass irgendwas nicht verfügbar gewesen wäre. Wobei ich auch den anderen Fall kenne, wo grundsätzlich ein Medikament immer erst bestellt werden musste, obwohl man in dieser Apotheke wusste, dass es in regelmäßigen Abständen benötigt wird.
Das ist aber tatsächlich so und es betrifft nicht nur Max Mustermann, der mal eben eine Packung Ibuprofen aus der Apotheke holen will. Wir haben selbst im Krankenhaus bei einigen Medikamenten massive Probleme, diese in ausreichenden Zahlen für unsere Patienten zu ordern. Kombipräparate sind oft nur schwer zu bekommen und müssen dann auseinander gebaut werden und der Patient muss dann eben statt einer Tablette manchmal vier oder fünf nehmen.
Dass wir dauernd auf andere Medikamente ausweichen ist schon völlig normal, aber mit unter muss auch umher telefoniert werden um dann die Medikamente aus anderen Häusern zu beschaffen, weil sie über die Apotheke nicht lieferbar sind. Irgendwie wird da noch versucht immer was zu organisieren, aber es gibt da schon Patienten, die dann auch mal ein oder zwei Tage ihre Tablette nicht kriegen.
Und ein Normalzustand sollte das sowieso nicht sein. Und ich arbeite nun schon für einen Krankenhauskonzern, der nicht gerade ein kleiner Einkäufer ist und schon diverse Lieferanten hat und trotzdem haben wir viele Probleme beim Bezug.
@Klehmchen: Das will ich auch nicht in Abrede stellen, dass es da Probleme gibt. Aber scheinbar eben auch nicht flächendeckend, wenn man hier da so gar keine Klagen hört. Das oben genannte Beispiel ist auch schon Jahre her und war eher eine kleine Dorfapotheke, die hauptsächlich von den Stammkunden lebte. Da hat es mich eben immer wieder gewundert, dass man da ständig benötigte Medikamente erst bestellen muss, obwohl bekannt war, in welchen Abständen sie benötigt werden.
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