Arzt wechseln, da er Pegida-Anhänger ist?

vom 12.05.2015, 15:10 Uhr

Neulich kam auf ARD eine Dokumentation über Pegida und dort wurden dann auch exemplarisch Mitglieder der Organisation vorgestellt und interviewt. Das interessante dabei war auch, dass viele Mitglieder eigentlich eher aus gebildeteren Schichten kamen und nicht wie klischeehaft immer behauptet, aus den bildungsfernen Schichten.

Darunter war auch eine Tierärztin die noch stolz vor der Kamera angab, dass sie an ihrer Praxistür ein Schild ausgehängt habe, auf dem sie darauf hinwies. dass sie heute bei der Pegida sei und deswegen geschlossen wäre. Das wäre nicht bei allen Kunden gut angekommen.

Was würdet ihr tun, wenn sich herausstellen würde das euer Tier- oder Hausarzt bei der Pegida wäre? Ich denke das ich schon lieber zu einem anderen Arzt wechseln würde, auch wenn das nichts über die Qualifikation des Arztes aussagt. Würdet ihr weiterhin bei dem Arzt bleiben oder auch lieber wechseln?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



In Deutschland herrscht glücklicherweise Meinungsfreiheit. Wenn du nun sagst, du würdest nicht zu einem Arzt gehen, weil er Anhänger einer Bewegung ist, die du negativ verurteilst, ist dies in meinen Augen rassistisch. Wer diese Äußerung tätig ist also nicht viel besser als die Menschen, die Pegida und ähnliches unterstützen.

Im Grunde genommen lässt sich deine Aussage auf einen Fall in meinem Leben anwenden. Meine Tierärztin ist strenge Christin und ich bin konfessionslos. Soll ich nun nicht mehr zu Ihr gehen, nur weil sie im Bezug auf Religion eine andere Ansicht hat als ich?

Ich persönlich werde mich nicht von den Ansichten anderen Menschen beeinflussen lassen.

» Bassaufdreher » Beiträge: 393 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Wenn ich im Ganzen mit der Arbeit meines Arztes oder Tierarztes zufrieden wäre, dann wäre ein solches Szenario für mich kein Grund zum Wechseln.

Würde der Arzt mir nun beim Termin plakativ seine Einstellung unter die Nase reiben oder gar versuchen, mir irgendeine Ansicht aufzudrücken, dann wäre es natürlich ein Grund, mich von ihm zu distanzieren. In der Regel wird ein Arzt das aber wohl nicht tun, insofern ist es mir egal, was er worüber denkt oder wofür er sich engagiert.

Nur weil ich die Ansichten einer Person nicht gut finde, heißt das ja nicht, dass er mich oder mein Tier nicht gut behandeln kann. Mich interessiert in dem Moment ausschließlich der Umgang mit mir oder meinem Tier und seine fachliche Kompetenz.

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» CCB86 » Beiträge: 2025 » Talkpoints: 2,88 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



CCB86 hat geschrieben:Nur weil ich die Ansichten einer Person nicht gut finde, heißt das ja nicht, dass er mich oder mein Tier nicht gut behandeln kann. Mich interessiert in dem Moment ausschließlich der Umgang mit mir oder meinem Tier und seine fachliche Kompetenz.

Ich finde hier muss man ganz klar unterscheiden und hier kann man nicht einfach pauschalisieren und davon ausgehen, dass alle Menschen in diesem Punkt gleich sind. So wird ein Einheimischer über diesen Punkt anders denken als jemand mit Migrationshintergrund.

Soweit ich mich entsinne, stammt Crispins Familie aus Polen. Mit einem Migrationshintergrund sieht man solche Sachen immer anders als ein Einheimischer, denn begeisterte Pegida-Anhänger sind ja oft auch der Ansicht, dass alle Ausländer schlecht sind. Mir ist klar, dass Pediga sich ausschließlich gegen islamische Einwanderer richtet und eben die Angst gegen diese Menschen schürt, aber wer sagt denn, dass es nur bei solchen Leuten bleiben wird? Wer sagt denn, dass sich das nicht irgendwann auch gegen andere Menschen richten wird, beispielsweise Polen oder Russen oder vielleicht sogar die Griechen?

Ich selbst habe auch einen Migrationshintergrund und wäre bei einem Arzt, der begeisterter Pegida-Anhänger ist, auch sehr vorsichtig und skeptisch. Aber solang ich nicht wegen meinem Migrationshintergrund schief angeguckt werde, wäre mir das egal. Solche Einstellungen kommen aber auch nicht von jetzt auf gleich, sondern es ist ein langwieriger Prozess.

Ich persönlich möchte keinen Arzt haben, der sich fühlt als würde er der "überlegenen Rasse" angehören und als wäre ich auf Grund meiner Ethnie "Abschaum" und hätte eine weniger gute ärztliche Behandlung und Versorgung verdient als die "Arier" in diesem Land.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich denke wegen einer Einstellung den Arzt oder den Tierarzt zu wechseln, ist völlig übertrieben. Denn bedenke dabei, dass in Deutschland die sogenannte Meinungsfreiheit herrscht. Denn wo hört es denn am Ende auf? Möchtest du denn auch deine Lehrer und den Supermarkt wechseln, weil die Menschen dort eine andere politische Meinung haben wie du?

Ansonsten ist es wichtig, das man die Meinungen von anderen toleriert. Eine Demokratie muss auch unbequeme Meinungen ertragen können. Wer dies nicht akzeptieren kann, gehört nicht in dieses demokratische System. Jeder Gruppe müssen die gleichen gesetzlichen Rechte eingeräumt werden und die Menschen sollten anhand ihrer Qualifikationen beurteilt werden und nicht durch ihre politische Meinung.

» IamPirat » Beiträge: 431 » Talkpoints: 24,64 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Die Meinungsfreiheit wird doch gar nicht angetastet, wenn jemand den Arzt wechselt. Der Arzt kann trotzdem noch so laut und so oft seine Meinung verkünden, wie er will. Meinungsfreiheit bedeutet doch nicht, dass ich mir jeden Müll anhören muss. Es besteht doch auch kein Zwang eine Zeitung zu kaufen, deren Artikel mit einer gewissen politische Richtung ich nicht lesen will.

Und ich finde nicht, dass ausschließlich die berufliche Qualifikation zählt. Wenn einem der eigene Arzt unsympathisch ist, hat das gar nichts mit seiner Qualifikation zu tun, aber dann würde doch jeder von uns wechseln. Ein Frauenarzt mit Wurstfingern, ein Zahnarzt mit Mundgeruch, ein Wartezimmer voller Dekoartikel, die einen aggressiv machen. Es gibt etliche Gründe außerhalb der Qualifikation. Man muss sich beim Arzt wohl fühlen.

Also ich würde auch durchaus den Arzt wechseln, wenn er seine politische Meinung so deutlich äußert und ich mit dieser Meinung nicht übereinstimme. Immerhin verdient er durch mich Geld, dass er in diese Organisation stecken könnte. Das ist nichts anderes, als Bio-Gemüse zu kaufen, weil das besser für die Umwelt ist. Man ist Verbraucher und solche Entscheidungen haben Gewicht.

Außerdem tun die Kunden damit auch nur ihre Meinung kund, wenn sie den Arzt wechseln. Diese Freiheit muss man ihnen doch auch zugestehen. Und wo soll man da bitte die Grenze ziehen? Darf man auch den Arzt nicht wechseln, wenn er radikalere Meinungen vertritt als das, was Pegida-Anhänger im Allgemeinen denken? Wenn er sich das dritte Reich zurückwünscht und dass man mit den Flüchtlingen Lager füllen sollte mit allem drum und dran. Darf ich dann den Arzt wechseln? Oder ist das Meinungsfreiheit? Wo hört Meinungsfreiheit auf?

Wie gesagt, meiner Meinung nach wird seine Meinungsfreiheit überhaupt nicht angetastet, wenn seine Patienten ihm den Rücken zukehren. Das wird oft falsch verstanden.

Bassaufdreher hat geschrieben:Im Grunde genommen lässt sich deine Aussage auf einen Fall in meinem Leben anwenden. Meine Tierärztin ist strenge Christin und ich bin konfessionslos. Soll ich nun nicht mehr zu Ihr gehen, nur weil sie im Bezug auf Religion eine andere Ansicht hat als ich?

Ich sehe da einen eklatanten Unterschied. Eine Christin hat erst mal noch gar nichts mit Diskriminierung zu tun. Außer vielleicht, dass sie glaubt, Angehörige anderer Religionen kommen nicht in den Himmel. Aber es sagt nichts darüber aus, ob sie anderen Menschen mit Respekt entgegentritt, ob sie jeden Menschen akzeptiert wie er ist, ob sie Flüchtlinge abweisen würde und ob sie sich besser fühlt als Muslime.

Wenn jemand Pegida-Anhänger ist, kann man das auch nicht sofort annehmen. Aber es ist schon etwas anderes, einer riesigen, sehr vielfältigen Religion, die man so oder so auslegen und ausleben kann, anzugehören oder einer relativ kleinen Gruppe mit ziemlich eindeutigen Gedanken.

Bassaufdreher hat geschrieben:Wenn du nun sagst, du würdest nicht zu einem Arzt gehen, weil er Anhänger einer Bewegung ist, die du negativ verurteilst, ist dies in meinen Augen rassistisch. Wer diese Äußerung tätig ist also nicht viel besser als die Menschen, die Pegida und ähnliches unterstützen.

Das hat mit Rassismus absolut rein gar nichts zu tun. Jeder Pegida-Anhänger oder Anhänger jeder anderen Meinung, hat sich diese Meinung selber gebildet. Er ist nicht so geboren worden und es ist nicht unabänderlich. Es ist ja wohl nicht rassistisch, wenn ich Menschen nicht mag, die ihre Kinder verprügeln, weil sie das für eine gute Erziehungsmethode halten.

Was du meinst, ist "nicht tolerant". Aber auch da muss ich dir widersprechen. Toleranz bedeutet nicht, dass man Leute tolerieren muss, die andere nicht tolerieren. Wie gesagt, ich muss Menschen nicht tolerieren, die ihre Kinder verprügeln. Toleranz hat Grenzen.

Möchtest du denn auch deine Lehrer und den Supermarkt wechseln, weil die Menschen dort eine andere politische Meinung haben wie du?

Wenn ein Lehrer eine eindeutige politische Meinung vertritt und ich die nicht gutheiße, würde ich definitiv mit dem Direktor reden und auch über einen Schulwechsel nachdenken. Und wenn ein Supermarkt seine politische Meinung beispielsweise darüber kundtut, dass er Artikel mit Hakenkreuzen anbietet (ja, ich weiß, es ist verboten, aber es war nur ein Beispiel), würde ich einfach in einen anderen gehen. Das erinnert mich an die Proteste gegen die Kleidermarke Thor Steinar. Was spricht dagegen, diese Marke dann zu meiden, wenn der Hersteller eindeutig ein Nazi ist?

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


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