Anschreiben bei Bewerbungsschreiben abschreckend?

vom 04.03.2019, 07:34 Uhr

Ich bin es so gewöhnt, dass man eben ein Anschreiben bei Bewerbungen verfassen muss. Ich kenne das gar nicht anders und habe das schon in der Schulzeit so gelernt. Die Deutsche Bahn hat das Anschreiben bei Bewerbungen vor einer Weile abgeschafft, sodass Interessierte an einer Ausbildung oder einem dualen Studienplatz kein Anschreiben mehr verfassen müssen. Die Anzahl der Bewerbungen soll durch das nicht notwendige Anschreiben angestiegen sein.

Empfindet ihr es als abschreckend, wenn man ein Anschreiben bei einem Bewerbungsschreiben verfassen muss? Würdet ihr euch auch lieber für Stellen bzw. bei Arbeitgebern bewerben, wo das gar nicht nötig ist? Oder steht für euch eher der Job an sich im Vordergrund und nicht die Bequemlichkeit bei einer Bewerbung?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich finde das Anschreiben bei Bewerbungen auch eher nervig als irgendwas sonst. Was soll man da schon groß schreiben? Es verwendet sowieso jeder die gleichen Floskeln, und ich finde es auch nicht so besonders aussagekräftig, ob jemand das DIN-Layout eines Geschäftsbriefes fehlerfrei beherrscht. Bei Bürojobs setze ich voraus, dass die Bewerber clever genug sind, eine Vorlage aus dem Internet entsprechend anzupassen und nicht gerade "Servus Eberhard!" als Anrede zu verwenden. Und bei anderen Branchen kommt es wahrhaftig nicht darauf an, ob das Datum oberhalb der Betreffzeile steht. Wenn man sich online über irgendwelche Masken bewirbt, ist das Layout ja sowieso völlig obsolet.

Von daher denke ich, dass ein klassisches Anschreiben formal wie inhaltlich allen Beteiligten nur Zusatzarbeit aufbürdet. Wenn man 500 Bewerbungen sichten muss, sind es 500 Seiten mehr, die auch nicht mehr aussagen als der Lebenslauf und die Zeugnisse. Zumindest habe ich in all den Jahren noch keinen einzigen wirklich sinnvollen Tipp gelesen, der ein separates Anschreiben heute noch rechtfertigt. Die Ausbildung, Qualifikation und sonstige Boni gehen aus den nackten Daten des Lebenslaufs hervor, und wieso du gerade in dem Unternehmen arbeiten willst, ist doch sowieso gelogen.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Mich stört das Anschreiben beim Verfassen von Bewerbungen nicht. Hier hat man die Chance, eine individuelle Note in die Bewerbung hineinzubringen, was bei begehrten Stellen oder kreativen Berufen vielleicht sogar entscheidend ist, wenn ansonsten die übrigen Bewerber ähnliche Qualifikationen besitzen. Ein guter Personaler wird bemerken, ob die Aussagen im Anschreiben authentisch sind oder nur aus Vorlagen umformuliert. Der Lebenslauf und die Zeugnisse sind zwar auch wichtig, haben aber nicht die individuelle Aussagekraft wie ein paar persönliche Worte.

Es kommt aber natürlich auf den Beruf an, wie wichtig ein individuelles Anschreiben ist. Manchmal ist es wirklich unwichtig und wenn die Firmen darauf verzichten, spart man sich die Mühe. Ich denke, dass es eher jungen Leuten Probleme bereitet, ein gutes Anschreiben zu verfassen, weil sie noch nicht so viel Erfahrung haben und eher auf Vorlagen zurückgreifen. Als einer meiner Söhne eine Ausbildungsstelle im Handwerk gesucht hat, habe ich ihm bei der Bewerbung geholfen und wir haben uns natürlich alle möglichen Gründe aus den Fingern gesaugt, warum er gerade diese Ausbildung und gerade dieses Unternehmen ausgesucht hat. Das war aber legitim, weil er selber nicht wusste, warum er diese Idee hatte. Aber ein großer Aufwand war das nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Bewerbung nur deswegen nicht erstellt wird, weil man das Anschreiben vermeiden möchte.

Ich überlege zur Zeit, ein Jahr lang im Bundesfreiwilligendienst zu arbeiten. Für die sind meine guten Zeugnisse aus der Zeit meines Berufsleben abgesehen von den Softskills nicht so interessant. Hier wäre das Anschreiben mit Motivation und so weiter sogar der wichtigste Teil der Bewerbung. Dafür würde ich keine Vorlage aus dem Internet brauchen.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Grundsätzlich habe ich überhaupt kein Problem mit dem Verfassen von Anschreiben. Bewerbungen bei der Bahn habe ich auch zurzeit laufen, die bieten tolle Angebote für Quereinsteiger bei ziemlich guter Bezahlung (wofür die immer streiken kapier ich den ganzen Tag nicht, die kriegen echt gute Asche). Ich finde den Bewerbungsablauf enorm komfortabel und zeitsparend, man muss nur den Lebenslauf hochladen und fertig.

Aber ich finde ohnehin, dass die Arbeitgeber viel zu sehr rumspinnen bei ihren Anforderungen an die Bewerbungsstandards. Es soll ja Personaler geben, die mit dem Lineal die Bewerbung durchmessen, ob man auch alle Abstände nach DIN 5008 einhält. Nun gut, für solche Spinner will niemand arbeiten. Aber manchmal habe ich den Eindruck, als träfen sich sämtliche Arbeitgeber jährlich um festzulegen, wie man den Leuten den Bewerbungsvorgang mit immer neuen Normen noch mehr erschweren kann. Da ist der Entschluss der Bahn schon sehr erfrischend.

Ich glaube nur nicht, dass sich das Unternehmen hier einen großen Gefallen tut. Es stand ja auch in der Presse dass die Bahn darauf verzichtet, weil es deren Meinung nach insbesondere viele Schüler überfordert. Also, ob das dann die richtige Lösung ist, bezweifel ich sehr massiv. Die Vorstellung mein Leben einem Fahrdienstleiter anzuvertrauen, der dort komplexeste Aufgaben lösen muss aber zu blöd für ein simples Anschreiben war, finde ich sehr befremdlich.

» Paulie » Beiträge: 554 » Talkpoints: 0,24 » Auszeichnung für 500 Beiträge



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