Angst vor Medikament, wenn man die Wirkungsweise kennt?

vom 12.04.2015, 19:59 Uhr

Letztes Wochenende habe ich viele Familienmitglieder wieder getroffen und darunter auch eine Tante und eine Cousine die beide in der Pharmazie promoviert haben. Da ich etwas erkältet gewesen bin, kamen wir dann auch auf das Thema Reizhusten und darauf, dass ein sehr dreister Apotheker mir für viel Geld einen absolut wirkungslosen pflanzlichen Hustensaft verkauft hatte. Ich fragte die beiden dann auch, wie den die Tropfen wirken würden, die ich sonst gegen Reizhusten verschrieben bekomme und die sehr gut wirken.

Die beiden meinten dann, dass die Tropfen nicht im Hals, sondern im Gehirn wirken würden, wo sie die Areale die für den Reizhusten zuständig sind eben etwas blockieren würden, so dass man dann eine Zeit lang Ruhe mit dem Reizhusten hat. Natürlich sollte man die Tropfen nur bekommen, wenn man wirklich an starkem Reizhusten leidet. Eine ähnliche Wirkung haben auch die freiverkäuflichen Hustensäfte von beispielsweise der Marke Wick, die mir erstaunlicherweise auch sehr gut geholfen haben, wohin gegen pflanzliche Mittel bei mir stets versagt haben. Jetzt weiß ich auch warum.

Interessanterweise war eine andere Tante von mir von dieser Nachricht total geschockt und meinte, dass sie die Tropfen und so einen Saft niemals mehr kaufen würde. Sie fand die Vorstellung furchtbar, dass die Tropfen Auswirkungen auf das Gehirn haben und wollte damit nichts zu tun haben. Ich vermute mal, dass sie auch bei vielen anderen Medikamenten die sie einnimmt nicht weiß, wie diese funktionieren und sie wahrscheinlich auch direkt absetzen würde, wenn sie wüsste wie diese wirken.

Würdet ihr ein Medikament absetzen oder es nicht mehr kaufen wollen, nur weil ihr vorher die Wirkungsweise nicht kanntet und nun davon erschrocken oder überrascht seit? Wollt ihr das Medikament dann gar nicht mehr haben, auch wenn es euch vorher gut geholfen hat? Wie weit geht ihr in dieser Hinsicht und wie sinnvoll findet ihr die Einstellung meiner Tante? Das die Tropfen im Gehirn wirken ist ja sicherlich nicht so schädlich, zumal man sie sonst wohl kaum verschreiben würde und bei starkem Reizhusten funktionieren Mittel für den Hals eben nicht.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich sage es mal so, es kann nicht schaden, sich der Wirkungsweise von Medikamenten bewusst zu sein. In deinem Fall ging es sicher um kodeinhaltige Tropfen, die den Reizhusten eben nicht ursächlich bekämpfen, sondern nur das Symptom bekämpfen. Und wenn ich mit einem Medikament gar nicht die Ursache der Erkrankung in Angriff nehme, sollte ich m. E. besser darüber informiert sein.

» Wundertüte » Beiträge: 193 » Talkpoints: 0,16 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Da ich in einer Apotheke arbeite, bin ich mir bei den meisten Wirkstoffen schon bewusst, wie diese wirken oder ich kann es eben schnell nachsehen. Aber das finde ich gar nicht verkehrt. Sicher hört es sich erst mal dramatisch an, wenn man zu hören bekommt, dass die Tropfen zentral, also im Gehirn wirken. Aber das sollte dann kein Grund sein, darauf zu verzichten.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Ich finde es durchaus nützlich und sinnvoll zu wissen, wie ein Medikament wirkt und welche Prozesse nach der Einnahme ablaufen. Das führt bei mir aber nicht dazu, dass ich irgendwelche Ängste vor dem Medikament entwickle. Nebenwirkungen können immer auftauchen, sogar solche, die gar nicht auf der Packungsbeilage aufgelistet und dementsprechend selten sind. Das muss aber nicht heißen, dass man das alles kriegen kann nur weil man weiß wie etwas wirkt.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Angst ist zuviel gesagt, aber beispielsweise beim letzten Mal "Harnweg" musste ich mich schon ein bisschen zieren, bis ich mich damit abfinden konnte, diese verdammten Antibiotika zu nehmen. Ich vertrage diese Art Medikamente zumindest "gefühlt" ganz schlecht und habe mit allen möglichen Nebenwirkungen zu kämpfen, sodass mich die Arznei auch dieses Mal wieder länger und effizienter lahmgelegt hat als die blöde Entzündung alleine. Aber der gesunde Menschenverstand war auch dieses Mal wieder stärker.

Davon abgesehen versuche ich eine gesunde Balance zu wahren zwischen blindem Glauben an die Weißkittel einerseits und hysterischer Ablehnung aller "chemischen" Arzneimittel andererseits. Ich frage nach und lese Beipackzettel und scheue mich im Regelfall auch nicht zu klären, warum es gerade diese Medizin sein muss. Aber wenn mir der Zusammenhang plausibel vorkommt, und es offensichtlich nötig ist, haue ich mir die entsprechenden Wirkstoffe eben rein. Ein gewisses, meistens minimales Risiko nehme ich in Kauf, weil die Vorteile, wie z.B. keine Nierenbeckenentzündung zu bekommen, in meinen Augen überwiegen.

Über die Details der Wirkung eines Medikaments bin ich zudem noch nie "erschrocken". Es gibt oft unterschiedliche Wege, ein Problem zu bekämpfen, und auch die Gehirnchemie ist auf unterschiedliche Arten beeinflussbar. Codeinhaltige Hustenblocker beispielsweise finde ich ganz toll, zuerst bin ich leicht high, dann schlafe ich wie ein Stein und mein Hustenzentrum im Gehirn macht gar nichts mehr. :)

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Ich verstehe dein Problem jetzt nicht wirklich. Ja, Codein und Co. wirken im Gehirn und können da natürlich auch zu entsprechenden Nebenwirkungen führen. Aber ist es für dich als Anwender wirklich ein Unterschied ob dir von einem Opiat schlecht wird weil ein bestimmtes Areal im Gehirn getriggert wird oder ob dir vom Ibuprofen schlecht wird weil der Magen rebelliert? Ich habe mit beidem Erfahrungen und habe keinen Unterschied feststellen können, ist beides zum K...en. :lol:

Ich finde die Wirkungsweise von Medikamenten auf biologischer Ebene total interessant. Auch die Geschichten, die da teilweise dahinter stecken, also wie man zufällig entdeckt hat, dass eine Substanz auf eine bestimmte Weise wirkt. Aber ich habe mir vor einer Operation schon mal ein Video angeschaut, die diese im Detail zeigt, von daher bin ich wahrscheinlich nicht so repräsentativ.

Davon abgesehen finde ich es aber nicht verkehrt sich mit der Wirkungsweise auseinanderzusetzen. Gerade bei Mitteln gegen eher harmlose Wehwehchen neigt man glaube ich eher dazu zu denken, dass das Mittel dann auch harmlos ist. Das beste Beispiel ist wohl das abschwellende Nasenspray, das im schlimmsten Fall die Schleimhaut komplett zerstören kann.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich finde es gar nicht so ungewöhlich, wenn Leute Angst vor einem Medikament haben, dessen Wirkungsweise sie kennen. Natürlich ist das alles interessant, aber einen Eingriff auf den eigenen Körper kann man doch als beängstigend werten, egal ob es nun in Pillenform, mit Drogen oder auch als Operation passiert. Die Vorstellung ist merkwürdig und einem kann mulmig werden, aber man muss aus Panik nicht irgendwelche nötigen Medikamente absetzen. Damit ist keinem geholfen.

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» soulofsorrow » Beiträge: 9232 » Talkpoints: 24,53 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



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