Anfängersprachkurs obwohl man in dem Land geboren ist?

vom 02.10.2015, 20:44 Uhr

Eine Kommilitonin von mir hat vor einigen Semestern einen Sprachkurs für Russisch gewählt. Dabei ist sie eigentlich Russin und spricht auch ein wenig Russisch. Sie kann sich ein wenig mit ihren Eltern unterhalten und telefoniert mit ihnen auf Russisch. Dabei ersetzt sie immer wieder einige Wörter auf Deutsch, aber das meiste ist doch Russisch.

Deswegen finde ich es eigentlich auch nicht angebracht, dass sie diesen Kurs belegt. Sie kassiert dann quasi nur eine gute Note und muss nichts dafür leisten. Mit ihren Vorkenntnissen wäre ein Kurs mit Vorkenntnissen angemessener.

Wie seht ihr das? Würdet ihr einen Anfängerkurs belegen, obwohl ihr in dem entsprechenden Land geboren wurdet und auch einige Floskeln sprechen könnt? Oder käme das für euch nicht in Frage? Sollte man dann nicht eher einen Kurs mit höherem Einstiegsniveau besuchen?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Der Anfängerkurs ist nur dafür da, dass sich die Russin auch die Grammatik aneignet. Diese wird sie nie gelernt haben, aber das kann sie auch mittels eines Buchs machen, denn in diesem Kurs wird es ihr sicherlich bald zu langweilig werden. Manchen anderen Leuten würde aber so ein Kurs auch nicht schaden. :think:

» celles » Beiträge: 8677 » Talkpoints: 4,08 » Auszeichnung für 8000 Beiträge


Was denn nun? Spricht sie ein paar Floskeln oder unterhält sie sich auf Russisch? Das ist doch ein großer Unterschied.

Woran es aber wohl liegt, dass sie trotz Sprachkenntnissen den Anfängerkurs gewählt hat, ist die Schrift. Wenn man seine Muttersprache nie in der Schule hatte, nicht mehr in dem Land lebt, kann man sie oft nicht schreiben. Russisch hat ja immerhin ein komplett anderes Alphabet. Womöglich kann deine Bekannte nicht ein Wort auf Russisch lesen.

Zudem hat sie bestimmt von der Grammatik keine Ahnung. Sie kann einen Satz wahrscheinlich nach Gefühl mehr oder weniger korrekt formulieren, aber sie kennt bestimmt nicht eine Regel oder kann ihre Sätze irgendwie begründen. Für Sprachtests in der Uni muss man so etwas aber können.

Natürlich wird sie ihren Kommilitonen in dem Anfängerkurs einiges voraus haben. Aber ich finde es vollkommen in Ordnung, dass sie sich dafür entschieden hat. Es kommt vielmehr darauf an, wie sie dann damit umgeht. Hilft sie den anderen oder spielt sie sich auf.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Bei uns an der Uni mussten alle Studenten mit Vorkenntnissen an einem obligatorischen Einstufungstest teilnehmen. Also selbst wenn man nur ein paar Sätze sagen konnte, musste man einen schriftlichen und einen mündlichen Test absolvieren. Für die Auswertung war dann ein Professor aus Moskau zuständig.

Wenn jemand, der in Russland geboren ist, nicht teilgenommen hat, weil er der Meinung war, dass er ja keine Vorkenntnisse habe, wurden ihm die Punkte für den Kurs nicht angerechnet. Viele meiner Kommilitonen, die meiner Meinung nach, besser sprechen konnten als ich, wurden in die Grundkurse gesteckt.

Wie hier schon geschrieben wurde, konnten sie nicht schreiben und lesen (auf Russisch natürlich :D) und kannten die Grammatik nicht. Du hattest ja auch geschrieben, dass deine Bekannte immer wieder deutsche Wörter einsetzt, also ist es vielleicht gar nicht so verkehrt, dass sie mit dem Anfängerkurs angefangen hat, so einfach ist es nämlich nicht sich die Grammatik aus einem Buch selber beizubringen.

» Hasi14 » Beiträge: 36 » Talkpoints: 14,00 »



Ich bin in diesem Punkt eher zwiespältig und offenbar gibt es genug Dozenten, die das unterschiedlich haben wollen. So habe ich mal einen Russisch-Sprachkurs in der Uni gemacht und musste dann eben auch den Einstufungstest machen. Ich wurde dann höher eingestuft, wobei dann auch jemand dabei war, der in B1 eingestuft wurde, obwohl er gar nicht lesen und schreiben konnte und die Grammatik nur teilweise beherrschte.

Er konnte die Sprache zwar teilweise von zu Hause, hat aber teilweise die Endungen weggenuschelt, sodass sich das dann eben "richtig" anhörte, obwohl es nicht ganz richtig war. Der durfte dann aber trotzdem nicht den A1-Kurs machen und die Dozentin verlangte von ihm, dass er sich das Lesen und Schreiben parallel selbst beibringen musste. Mündlich war er im Unterricht trotzdem sehr gut und er gehörte zu den "Experten", wenn man das so nennen kann.

Er hatte mich damals gefragt, ob ich ihm meine Unterlagen aus der Oberstufe leihen könnte, was ich dann auch tat. Es war schon anstrengend für ihn, so viel nachzuholen, wobei das ja jetzt nicht so viel ist wenn man Muttersprachler ist wie ich finde. Ich persönlich finde es nicht richtig, wenn man Muttersprachler - auch wenn sie "Analphabeten" in dieser Sprache sein sollten - in den Anfängerkurs packt und ihnen die Noten quasi schenkt.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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