An sich selbst Experimente durchführen?
In dem Buch das ich gerade lese (Jens Jacobsen: Im Schatten des Todes. Geschichte der Seuchen) wird von einigen Forschern berichtet, die zu waghalsigen Methoden gegriffen haben um ihre Thesen nach Möglichkeit zu beweisen. Manchmal ist dieses Experiment geglückt, manchmal jedoch gehörig schief gelaufen.
So wird in dem Buch von dem Mediziner John Hunter berichtet, der beweisen wollte, dass Tripper und Syphillis dieselbe Krankheit seien, sodass er sich selbst gezielt mit den Sekret eines Tripper-Patienten infizierte. Seine These stellte sich jedoch als falsch heraus, weil er sich mit Tripper und Syphillis angesteckt hatte. Er starb wenige Jahre nach seiner Ansteckung.
In einem anderen Fall wird von dem Fritz Schaudinn berichtet, der sich absichtlich mit der Amöbenruhr angesteckt hatte um seine Forschungsergebnisse zu überprüfen. Jedoch starb auch er ein Jahr nach seiner Ansteckung an den Folgen.
Könnt ihr verstehen, warum Menschen an sich selbst Experimente durchführen und sich hier mit Krankheiten infizieren um irgendwelche Thesen beweisen zu wollen? Würdet ihr ähnlich handeln?
Ganz generell gesehen kann ich schon verstehen, warum das Menschen in der Vergangenheit so gemacht haben und daran forschen wollten. Man kann an sich selber ja auch am besten irgendwelche Anzeichen sehen und mitbekommen und der Anreiz eine Heilung zu finden ist durchaus höher. Wobei man als Nichtwissenschaftler so etwas sicherlich nicht nachvollziehen kann und es deswegen auch komisch finden wird. Heute ist das so auch nicht mehr nötig.
Ich würde sicher nicht selber so handeln, aber mittlerweile muss man es ja auch nicht, weil man ganz andere Möglichkeiten hat, Krankheiten und die Wirkung von Medikamenten zu erforschen. Früher war das aber nicht möglich und so blieb den Forschern wohl einfach keine andere Wahl, als sich selber zu infizieren, um ihre Thesen und vielleicht auch Behandlungsmöglichkeiten zu testen.
Wenn sie sagen konnten, dass sie selber die Krankheit hatten und mit einem bestimmten Mittel geheilt wurden, dann glaubten es die Leute sicher auch eher, als wenn nur in der Theorie von etwas gesprochen wurde, was vielleicht helfen könnte.
Ich glaube kaum, dass hier einer antworten wird: "Ja, das würde ich definitiv auch so machen!" Dazu sind die Verhältnisse und Umstände heute einfach andere als in der Zeit, in der solche Selbstversuche unter Wissenschaftlern noch an der Tagesordnung waren. Heute ließt man in diesem Zusammenhang eher von Sozialforschern oder Psychologie-Professoren, die sich beispielsweise durch Schlafentzug im Rahmen eines Experiments in andere Sphären begeben und dergleichen.
Der letzte Wissenschaftler, der mir mit einer solchen Art von Selbstversuchen zumindest halbwegs in Erinnerung geblieben ist, war dieser US-amerikanische Professor für was-auch-immer. Dieser nahm so ziemlich jede (!) Droge, die es auf diesem Planeten gibt. Vom einfachen Heroin bis hin zu den unbekanntesten Wurzeln irgendwelcher Eingeborenenstämme am Amazonas. Der Mann lebt heute noch, was allerdings so ziemlich als Wunder bezeichnet werden kann.
Ich denke, dass es früher sicherlich häufiger vorkam, dass die Menschen an sich selbst Experimente vorgenommen haben. Damals war die Medizin ja noch nicht so weit entwickelt und irgendwie wollten die Menschen ja damals schon gewissen Krankheiten und anderen Dingen auf den Grund gehen.
Es wird sich sicherlich da auch der ein oder andere mit irgendwelchen Erregern infiziert haben, um zu schauen ob eine bestimmte Theorie stimmte. Es sollte auch klar sein, dass dies in den meisten Fällen sicher nicht gut ausgegangen ist. Heute wird das sicherlich so gut wie niemand mehr machen, da es da nun andere Mittel und Wege gibt.
Was sollte man denn sonst tun, wenn man früher ein schwerwiegendes Leiden wirksam bekämpfen wollte? Edward Jenner hat den modernen Impfstoff gegen Pocken erfunden und nicht nur an fremden Kindern experimentiert. Er hat den Impfstoff auch an seinem elf Monate alten Sohn ausprobiert. Für moderne Zeiten klingt das schlimm, aber als es noch Pocken gab, war das ein kleiner Preis.
Paul Ehrlich hat das Tuberkulin von Robert Koch probiert. Pettenkofer hat die Theorie der Ansteckung mit Cholera durch verunreinigtes Wasser widerlegen wollen und ein Glas Erreger getrunken. Er ist nicht erkrankt, wobei unklar ist, ob Koch etwas harmloses hatte oder ob der Kollege bereits Cholera hatte.
Natürlich ist das heute schwer nachvollziehbar. Aber die Möglichkeiten waren eben ganz anders und der Leidensdruck viel höher. Vor gut einhundert Jahren gab es beispielsweise noch eine Epidemie mit Typhus in Gelsenkirchen. Über 3.200 Erkrankte und hunderte Tote waren das Ergebnis und das zu den damaligen Lebensbedingungen. Es klingt wenig, aber die Stadt hatte damals noch keine 40.000 Einwohner.
Da fällt mir auch der Chemiker aus der Schweiz namens Albert Hofmann ein. Hofmann wollte Medikamente aus Mutterkorn entwickeln, dabei ist er auf eine psychedelische Droge namens LSD gestoßen. Im Selbstversuch nahm er die Labordroge ein und spürte die Wirkung. Außerdem schrieb er auch ein Buch über seine Entdeckung. Ich finde es klingt völlig logisch, wenn ein Wissenschaftler Experimente an sich selbst durchführt.
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