An Partner auch im Pflegefall festhalten?

vom 06.09.2016, 21:01 Uhr

Wenn in einer Partnerschaft jemand völlig unerwartet zum Pflegefall wird, dann ist das ja nicht selten eine sehr hohe Belastungsprobe für die Beziehung. Nicht selten zerbrechen dann auch manche Beziehungen und genau so ist es auch in meiner Verwandtschaft geschehen, wo sich die Frau von ihrem Mann hat scheiden lassen und dieser mittlerweile in einem Pflegeheim untergekommen ist.

Wie charakterfest würdet ihr euch denn selbst einschätzen wenn euer Partner oder eure Partnerin von heute auf morgen ein Pflegefall würde? Hättet ihr die Kraft und den unbedingten Willen, auch im Pflegefall an eurem Partner festzuhalten oder würdet ihr vielleicht auch über eine Trennung nachdenken?

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» mikado* » Beiträge: 3037 » Talkpoints: 1.002,67 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich denke, dass das nicht geht. Ich muss arbeiten, ich habe berufliche Verpflichtungen und habe so schon wenig Freizeit. Nebenbei kann ich niemanden pflegen und wöllte das auch nicht, zumal mein Freund und ich gar nicht zusammen wohnen. Das gänge organisatorisch gar nicht. Ich wöllte aber auch nicht von meinem Partner gepflegt werden. Da wir beide noch unsere Eltern haben, würden die da eher in Frage kommen.

Ich wöllte generell niemanden pflegen, das finde ich zu viel verlangt. Ich finde auch, dass man das nicht einfordern darf, nur weil man ein Paar ist. Damit, dass ich mit jemandem eine Beziehung eingehe, verpflichte ich mich ja nicht dazu, den anderen zu pflegen.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich würde versuchen ihn zu pflegen. Aber nicht um jeden Preis. Leider machen die zu pflegenden Personen meistens eine Charakterveränderung durch, die sehr verletzend sein kann. Sie verstehen nicht, warum sie pflegebedürftig geworden sind und ihnen fehlt meistens eine Perspektive im Leben. Dieses führt zu Frust und dieser wird meistens bei der Pflegeperson abgelassen. Da brauch man schon ein sehr starkes Nervenkostüm.

Weiterhin ist es auch wichtig ob die Pflegeperson körperlich überhaupt in der Lage ist, sich der Aufgabe zu stellen. Es muss jeder für sich selber

» flori0502 » Beiträge: 100 » Talkpoints: 0,74 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ein Pflegefall wäre für uns kein genereller Trennungsgrund. Wir haben seine Oma und unsere Mütter gepflegt und selbstverständlich würden wir auch den anderen pflegen. Sich zu trennen, nur weil einer nicht mehr so kann, das kommt nicht infrage.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Ich liebe meinen Mann und das geht definitiv auch so weit, dass ich ihn pflegen würde und ihn auch lieben würde, wenn er ein Pflegefall ist. Deswegen ist es trotzdem noch mein Mann und sein Herz wird auch weiterhin für mich und seinen Sohn schlagen, egal wie viel er dann noch mitbekommt. Er ist meine große Liebe und ich lasse mich deswegen garantiert nicht scheiden und finde auch, dass man solche Zeiten miteinander durchstehen muss, wenn man sich in einer Ehe befindet.

Ich kann aber auch gar nicht mehr ohne meinen Mann. Selbst wenn er den ganzen Tag im Bett liegen würde und könnte nichts mehr machen, wäre es immer noch meine große Liebe und ich würde immer noch jeden Tag mit ihm verbringen wollen.

Das mag alles kitschig klingen und vielleicht auch naiv, aber wenn ich jemand von ganzen Herzen liebe bin ich auch in schlechten Zeiten für ihn da und gerade wenn man ein Pflegefall ist hat man eine gute Betreuung einfach verdient. Gerade dieses ins Heim abschieden und sich trennen finde ich ganz mies.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Mit Liebe hat das doch rein gar nichts zu tun, ob man den Partner pflegen will oder nicht. Auch bei dem Kitsch von Ramones spielen noch weitere andere Faktoren eine Rolle die hier gar nicht aufgeführt worden sind. Kannst du dir überhaupt vorstellen wie es ist, einen 24 Stunden Pflegefall Zuhause zu haben mit einem Baby oder gar Kleinkind? Sicherlich sagst du dir nun, dass dein Mann ein Pflegefall nicht wird oder erst im Alter aber es kann jederzeit passieren. Dort stößt du an deine Grenzen, denn beides zu schaffen ist ein Kraftakt der auf die Dauer nicht gut geht.

Dazu kommt eben noch das finanzielle. Sicherlich ist es nett zu sagen, dass man den Mann doch immer Zuhause pflegt. Schon einmal informiert was das Pflegegeld für Angehörige ist? Das ist lächerlich gering dafür, dass man am Ende eine 7 Tage Woche mit 24 Stunden dafür schafft. Davon müssen auch noch die weiteren Hilfsmittel und Dinge bezahlt werden, die nicht abgedeckt werden. Schnell ist das ein Geschäft bei dem man drauflegt und das Geld dafür muss auch irgendwoher kommen, dass man doch gezwungen ist arbeiten zu gehen. Ersparnisse ist eine nette Sache, aber auch die sind irgendwann mal aufgebraucht.

Ich hab das Thema schon mitgemacht, zwar nicht bei einem Partner sondern bei meiner Großmutter und hinterher noch bei meiner Schwieger-Ur-Großmutter. Dort war es am Ende einfach nicht mehr anders zu stemmen, als das eben das Pflegeheim einbezogen wird. Ich musste Vollzeit arbeiten gehen, habe von diesem Geld mein Lebensunterhalt bestritten und nebenbei noch weitere Kosten gedeckt die die Pflegekasse nicht übernommen hat. Dazu dann die Rennerei nach 14 Stunden auf Arbeit inkl. Fahrzeit die restlichen 10 Stunden Zuhause noch Pflege zu leisten. Freie Tage gab es so an sich nicht mehr, alles was zu erledigen war musste innerhalb von 2 h gemacht werden länger konnte man nicht von Zuhause weg. Externe Hilfe gab es nur während der Arbeitszeiten von mir und auch dort habe ich jeden Monat noch richtig viel Geld draufzahlen dürfen.

Mit Ur-Großmutter hatte Schwiegermutter nebenbei noch etwas übernommen, aber zu diesem Zeitpunkt war ich bereits Schwanger und das Kind wurde geboren. Frag mal nicht wie toll es ist, wenn du erst eine kleine Windel wechseln darfst, dann eine große, dann hat das Kind Hunger, dann die Oma und du bist nur am Rennen. Sitzen und mal Zeit für sich haben gibt es nicht. Keine Liebe der Welt kann das aufwiegen und gibt auch nicht die körperliche Kraft, dass auf eine längere Zeit durchzustehen. Nach 3 Monaten war ich so komplett durch, dass gar nichts mehr gegangen ist, weil nebenbei ich noch meinen eigenen Lebensunterhalt bestreiten durfte in Form von einer Arbeitsstelle.

Von Trennung und Scheiden lassen habe ich dabei nichts gesagt, aber man muss einfach überlegen was man selbst leisten kann, was man finanziell stemmen kann und wie man selbst seine Zeit und Kraft am besten einteilt. Wenn das nicht anders geht, dann ist es halt notwendig auch den Partner in ein entsprechendes Pflegeheim zu geben.

Das machen auch manche Eltern mit ihren schwerst behinderten Kindern, einfach weil es an die Substanz geht und irgendwann der Zeitpunkt kommt an dem es nicht mehr geht. Leicht ist dieser Schritt nicht und keiner macht ihn wirklich gerne, aber wie gesagt, manchmal ist das einfach notwendig und ich verurteile niemanden der das machen muss. Auch wenn es hier teilweise so hingestellt ist, als wenn man der schlimmste Unmensch ist wenn man seinen Partner ins Pflegeheim gibt.

Ich für mich selbst würde es auch davon abhängig machen was ich leisten kann und wie ich selbst dabei nicht komplett auf der Strecke bleibe. Denn neben Arbeit und Kind brauche ich auch Zeit für mich selbst damit ich nicht zugrunde gehe. Ist die Pflege entsprechend aufwendig und ich kann es weder vom zeitlichen, finanziellen oder sonstigen Punkten her leisten, dann muss eine alternative Lösung her und somit ist ein Pflegeheim auch nicht ausgeschlossen. Denn auch dort gibt es schlechte, sehr schlechte, gute und sehr gute. Man muss sich einfach nur entsprechend Informieren und dann eine Entscheidung treffen welches man wählt.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Mag sein, dass dir meine Einstellung zu kitschig ist und natürlich kann so etwas jederzeit passieren und dann steht man mit Kind und einem Pflegefall da, aber das ist alles auch irgendwie machbar. Finanzieren muss man beides, ein Heim ist auch nicht günstiger und gerade, wenn man dann auch noch ein Einzelzimmer will, weil man nicht möchte, dass die geliebte Person mit einer psychisch kranken Person auf einem Zimmer ist.

Ich weiß sehr genau wie unfair das Pflegesystem ist und wie hart es ist jemanden zu pflegen. Nur weil ich es so geschrieben habe, heißt das nicht, dass ich mir dessen nicht bewusst bin. Ich finde aber, dass man in einer Beziehung auch Verantwortung hat.

Mein Mann und ich haben darüber schon gesprochen. Er würde nicht wollen, dass ich mein Leben dafür aufgebe ihn zu pflegen und dennoch würde ich es machen, weil ich den Gedanken daran, dass er in einem Pflegeheim sitzt oder dauerhaft liegt nicht ertragen könnte. So gut ist der Standard in den Heimen meist auch nicht, dass man sich das schön reden muss.

Natürlich, wenn es nicht anders geht und es nicht mehr stemmbar ist, muss man den Partner in ein Heim geben, aber man sollte es meiner Meinung nach vorher wenigstens mal probiert haben. Ich habe auch schon in Heimen gearbeitet und da bekommt man einiges mit. Wenn man beispielsweise sieht dass junge Menschen einfach abgeschoben werden und ihre Familie nie wieder sehen ist das hart oder wenn man sieht, dass die Pfleger einfach keine Zeit haben um sich gut um den Patienten zu kümmern und vieles auf der Strecke bleibt. Ich möchte nicht ins Detail gehen, aber ich würde versuchen das meinem Mann angenehm zu gestalten, wenn er ein Pflegefall werden würde und das heißt auch nicht dass man nie wieder ein Leben hat.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Man darf wirklich nicht zu naiv mit dem Wort "Liebe" an einen Pflegefall herangehen. Es ist keineswegs so, dass jede Frau oder jeder Mann, der ein zu pflegenden Partner hat, keine Liebe mehr empfindet, aber der Aufwand jemand zu pflegen ist ein ganz anderer und hat entscheidend wenig damit zu tun, ob ich Person XY bettlägerig liebe oder nicht.

Jemanden zu lieben bedeutet nicht zwangsläufig, dass man in der Lage ist, jemanden bis ans Lebensende zu pflegen. Wir reden hier von Arbeiten, die durchaus enorm heftiger ausfallen können, als dem Partner sonst nach der Arbeit sein Essen zu machen, damit er eine Stärkung bekommt. Hier geht es um permanente Pflege vom Waschen bis zur Notdurft. Alleine Letzteres ist für viele ein unüberwindbares Manko.

Hinzu kommt, dass diese Liebe, je nach Pflegebedürftigkeit z.B. bei Demenz, Behinderung im Hirn, Wachkoma usw. längst nicht mehr auf Augenhöhe stattfindet. Meine Liebe mag dem Herren gegolten haben, den ich eben geliebt habe, aber der Pflegefall-Partner ist etwas anderes. Da mag Liebe weiterhin da sein, aber eben einseitig und einem Menschen gegenüber, der unter Umständen im Pflegefall nicht mehr da ist.

Die seelische Belastung ist somit je nach Pflegefall durchaus auch gegeben und nicht so einfach von der Hand zu weisen. Ich habe auch immer gesagt, ich würde das tun, aber je älter ich wurde, desto mehr Krankheitsbilder ich im Laufe der Jahre an verstorbenen Freunden, Bekannten und Verwandte ich gesehen habe desto mehr weiß ich, was ich schaffen werde und was nicht.

Ich habe schon Probleme damit, meine sterbende Tante zu besuchen. Das tut mir so weh, wenn ich sie hochheben muss, damit sie trinken kann. Wenn sie von dem ganzen Morphium teilweise wegdämmert und mehr. Jetzt stelle ich mir einen Pflegefall vor, wo ich selber tagein und tagaus trotz Liebe und alles helfen muss? Meine Psyche wäre ein Wrack und es wäre ein Problem.

Ich möchte nicht sagen, dass ich es nicht kann und nicht an meinen Partner rein moralisch festhalten würde, aber ich würde es wirklich aus meiner vorhandenen Liebe tun und Moral. Nicht aus logischen Menschenverstand und da fängt der Problemfaktor eben bei gewissen Pflegebedürftigkeiten an.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Wenn jemand wirklich ein Pflegefall wird, sind 4.500 für eine Pflege fällig. 2.500 zählt die Pflegekasse und der Rest kommt aus der eigenen Kasse. Da wird man schnell zum Sozialfall. Ich habe in der Verwandtschaft so einen Fall, wo der liebe Ehemann nach Schlaganfall und 30 Jahren Ehe seit 5 Jahren völlig apathisch im Rollstuhl sitzt. Soll die Ehefrau ihn nun etwa nicht mehr besuchen und sich von dessen Betreuerin mit Gerichtsverfahren überziehen lassen? Und wenn sie pflegebedürftig wird? Sollen die gemeinsamen Kinder es dann ebenso mit ihr machen?

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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