Als Rentner weiter arbeiten, wenn Gehalt steuerfrei ist?
In Deutschland gehen die Jahrgänge, die besonders viele Geburten hervorgebracht haben, bald in Rente. Das bedeutet, dass Fachkräfte fehlen werden. Noch mehr als es jetzt schon der Fall ist. Aus diesem Grund haben einige Politiker der CDU jetzt den Vorschlag gemacht, dass ein Teil des Gehalts steuerfrei wird, wenn Rentner freiwillig weiterarbeiten würden.
Ich muss sagen, dass ich das Konzept gar nicht so schlecht finde. Es bietet einen echten Anreiz und für diejenigen, die weiterarbeiten wollen, ist es eine gute Sache. Auch die, die neben der Rente noch einen Job machen müssen, würden profitieren. Wie seht ihr das?
Zuerst einmal möchte ich bemerken, dass nicht die Jahrgänge, die besonders viele Geburten hervorgebracht haben, in Rente gehen, sondern die, deren Eltern besonders viele "Geburten hervorgebracht haben".
Es wollen jetzt schon viele Rentner weiterarbeiten, auch ohne Steuererleichterungen, aber aus den verschiedensten Gründen werden sie in Rente geschickt. Und wessen Rente und Pension hoch genug ist und der nicht weiter arbeiten möchte, ist durch ein steuerfreies Gehalt wahrscheinlich auch nicht davon zu überzeugen.
Aber man kann es ja mal probieren. Es gibt bestimmt Fälle, die das in Erwägung ziehen. Schlecht finde ich die Idee nicht. Es kommen ja dadurch auch wieder mehr Beiträge in die Krankenversicherung und Pflegeversicherung.
Ich finde den Vorschlag extrem ungerecht. Gerade die Menschen, die hart körperlich arbeiten und oft vorzeitig mit Abschlägen in Rente gehen müssen, bekommen weniger Geld und zahlen dazu dann auch noch Steuern. Die würden das zusätzliche Geld dringend brauchen, aber die haben keine Chance auf weitere Arbeitsjahre. Aber so Mittelstand-Merze können natürlich wunderbar weitermachen und Abgaben sparen.
Der Aspekt wurde noch nicht beleuchtet: Für Arbeitgeber gibt es Einschränkungen in der Beitragspflicht für die Sozialversicherung der bei ihm beschäftigen Rentner. Insofern könnte auch ein Arbeitgeber davon profitieren, wenn er Rentner bei sich beschäftigt.
Dann ist früher immer gesagt worden, die Leute sollen den Jüngeren Platz machen, also früher in Rente gehen, um so der Jugendarbeitslosigkeit entgegenwirken zu können. Jetzt scheint sich der Wind gedreht zu haben, und genau das Gegenteil wäre beschäftigungspolitisch das Richtige.
Dabei wird oft übersehen, dass eine pauschale Verschiebung irgendwelcher Renteneintrittsalter auch schon früher immer wieder zu Diskussionsstoff gesorgt hatte. De facto wäre eine Weiterbeschäftigung von Rentenbezugsberechtigten über das Erreichen der Altersgrenze hinaus auch unter Versprechen einer Steuerbefreiung nichts anderes als ein verkappter Etikettenschwindel.
Abgesehen davon bekommen die meisten Rentner in Deutschland heute so wenig Rente, dass sie nicht in die Steuerpflicht fallen dürften. Sie müssten schon extrem viel hinzuverdienen, dass eine Besteuerung überhaupt griffe. Der Vorschlag der Steuerbefreiung verfängt meiner Meinung nach nicht wirklich.
Gorgen, wie kommst du darauf, dass kaum ein Rentner steuerpflichtig sein wird, wenn nicht hohe Nebeneinkünfte vorliegen? Sicher steuerfrei ist für einen Single 2022 nur eine Bruttorente in Höhe von 1.263 Euro. Da werden mit Nebeneinkünften oder einer Betriebsrente schnell spürbare Belastungen erreicht.
Und welche großartigen Vorteile soll denn ein Arbeitgeber haben, der Rentner mehr als geringfügig beschäftigt? Krankenversicherung und Rentenversicherung fällt für den Arbeitgeber weiter an. Der Rentner profitiert von ermäßigten Beitragssatz in der Krankenkasse, weil der kein Krankengeld erhält, und von der Rentenversicherungsfreiheit, nicht der Arbeitgeber.
Habe oben formuliert, dass Rentenbezieher extrem viel hinzuverdienen müssten, um in die Steuerpflicht zu kommen. Dabei gehe ich von der Annahme aus, dass weder hohe Betriebsrenten zur Ausschüttung kommen, noch lukrative höher bezahlte Jobs neben dem Rentenbezug ausgeübt werden. In der Tat dürften die meisten "Nebenbeschäftigungen" im Rentenalter heutzutage kleine Jobs sein. Eine Weiterbeschäftigung in derselben Firma und im gleichen Tätigkeitsbereich schließe ich hier erst einmal gedanklich aus.
Wenn jetzt der politische Vorstoß darauf abzielt, im Endeffekt das Alter der Beschäftigung weiter nach hinten zu schieben, liegt der Verdacht nahe, dass plötzlich die "Rente mit 75" wieder als Elefant im Raume steht. Rein extrapolatorisch gedacht, ist das wohl gar nicht weit hergeholt, wenn ein das Renteneintrittsalter erreicht habender Beschäftigter seine Tätigkeit weiter fortsetzt und dabei neben der ihm zustehenden Rente auch noch seine Arbeit vergütet bekommt. Und das zu den sonstigen Bedingungen wie ein "normaler" Beschäftigter. Wo ist da der Unterschied?
Und dann zahlt er Steuern. Und die soll jetzt plötzlich wegfallen. Welche Vorteile ergäben sich dadurch? Dass die Belegschaft vergreist. Um es extrem auszudrücken. Also, verallgemeinern kann man diesen Steuererlass-Anreiz keineswegs. Es kommt auf die Branche an und auf die jeweilige Beschäftigungssituation in der Firma. Vielleicht hat sich der Herr Minister auch schon überlegt, dass es in der Beschäftigungspolitik die Vorschrift der Behindertenquote gibt. Vielleicht wird dann noch eine Jugendquote notwendig.
Gorgen, bereits jetzt ist das Einkommen von deutlich mehr als der Hälfte der Rentner so hoch, dass es steh ist. Und schon jetzt arbeiten rund 13 Prozent der Rentner im Alter zwischen 65 und 75 Jahren und gut 40 Prozent davon haben nicht nur einen kleinen Nebenjob. Bei denen macht die Arbeit trotz Rente das Haupteinkommen aus.
Nur, und das zeigt eben meine großen Bedenken, arbeiten nur zehn Prozent der Rentner ohne Berufsabschluss weiter. Bei den Akademikern dagegen verdient bereits heute jeder Fünfte nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze weiter. Du unterschätzt, wie viele insbesondere Gutverdiener in Pension oder Rente munter weitermachen.
Schließlich hast du längst die Wahl. Du kannst regelgerecht in Rente gehen. Dann kannst du zusätzlich arbeiten oder auch nicht. Oder du gehst eben nicht in Rente. Schließlich bringt dir jeder Monat, den du über die Regelaltersgrenze hinaus arbeitest, einen Rentenzuschlag in Höhe von 0,5 Prozent. Das heißt, jedes zusätzliche Jahr steigert die Rente um die erworbenen Rentenpunkte und gibt sechs Prozent Aufschlag dazu. Nur geht das eben besser am Schreibtisch als bei körperlicher Arbeit.
Viele bekommen irgendwann hoffentlich einen Brief, "das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, aufgrund des Erreichens der Altersgrenze, des Regel-Rentenalters". Von einfach Weitermachen, ohne den Sozialstatus "Rentner" zu erhalten, ist m.W. im Gesetzestext nirgends die Rede. Sogar die Krankenkasse trifft die Entscheidung, ob jemand zu denjenigen gehört, der in die "Krankenkasse der Rentner" eintreten darf, wenn er die Kriterien erfüllt. Dass jemand bei Erreichen des Rentenalters die Krankenversicherung aus eigener Tasche freiwillig weiterbezahlen will, halte ich für eine der selteneren Ausnahmefälle.
Viele schätzen sich glücklich, zu den wenigen Auserwählten zu gehören, die überhaupt das Regelrentenalter erreicht haben, ohne vorher zum Beispiel aus gesundheitlichen oder innerbetrieblichen Gründen, weil eventuell massenweise Personal abgebaut wird, vorher notgedrungen "in den Sack hauen" mussten.
Jetzt so zu tun, als ob es jedem selbst überlassen sei, ob er gerne auf Rente verzichtet, indem er einfach so über das gesetzlich geregelte Renteneintrittsalter hinaus weiter beschäftigt bleibt, halte ich schon für einen gewissen Zynismus.
Andererseits kenne auch ich Leute im Rentnerstatus, die von ihrem Arbeitgeber händeringend gebeten wurden, doch schleunigst wieder an die alte Arbeitsstelle zurückzukehren.
Das manchmal auftretende Problem ist, dass der Laden nicht so läuft, wenn Nachfolger nicht richtig eingearbeitet sind, oder der Arbeitgeber auf das Know How, das die "Älteren" im Laufe ihres Berufslebens so an Erfahrung gesammelt hatten, nicht verzichten können. Das hängt aber sehr von der Branche ab und lässt sich so nicht verallgemeinern.
Und jetzt auf den Leuten, die nie das Privileg einer guten Schule und Ausbildung genießen durften, herumzuhacken, ist ebenfalls für meine Begriffe reichlich zynisch.
Oft ist es ja so, dass getreu der Agenda 2000 die Leute aus der Arbeitslosigkeit herausgeholt werden sollten. Dass dann auch Beschäftigte mit weniger Bildung in Arbeit gehen, liegt doch auf der Hand. Der Staat sollte froh sein, die Leute von der Straße geholt zu haben, und für die keine Stütze bezahlen zu müssen. Aber wie man sieht, reicht die Arbeitsleistung vieler trotz Überstunden etc. nicht aus, um einen vernünftigen Lebensunterhalt zu verdienen mit ehrlicher Arbeit.
Und von den geradezu teilweise mafiös anmutenden Beschäftigungsverhältnisse über den Trick der sogenannte Arbeitnehmerüberlassung einmal ganz zu schweigen. Wer hier auf Kosten der weniger Gebildeten kräftig Kasse macht, sollte auch nicht unerwähnt bleiben.
Gorgen, das Arbeitsverhältnis endet mit Erreichen der Regelaltersgrenze nur automatisch, wenn das im Tarifvertrag geregelt oder im Arbeitsvertrag vereinbart worden ist. Und natürlich zahlt man seine Krankenversicherung auch nicht aus eigener Tasche. Schließlich ist man dann ganz normal weiter sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Du hast da etwas komische Vorstellungen.
Informiere dich doch ganz einfach bei der Deutschen Rentenversicherung. Die erklären den Bonus und die Auswirkung der Arbeit über die Regelaltersgrenze hinaus genau.
Und jetzt wirf mir bitte nicht Zynismus vor. Ich sage doch, dass eben genau die Besserverdienenden mit besserer Ausbildung von der Steuerfreiheit profitieren würden. Die arbeiten nämlich schon heute oft weiter und werden natürlich auch gern beschäftigt.
Es hat längst nicht jeder, der das Renteneintrittsalter erreicht hat, automatisch Anspruch auf die Krankenversicherung für Rentner mit dem ermäßigten Beitragssatz.
Die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) beginnt mit dem Tag Ihres Rentenantrags. Die Versicherungspflicht ist jedoch an verschiedene Bedingungen geknüpft. Sie unterliegen der Versicherungspflicht in der KVdR, wenn Sie einen Rentenanspruch haben, eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beantragt haben und die Vorversicherungszeit erfüllen.
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