Als Professor zugeben, dass Vorlesung unnötig ist?
Ein Professor an meiner Universität verteilt bereits zu Beginn seiner Vorlesungen ein sehr umfangreiches Skript. Er hat uns dann auch bei der ersten Vorlesung erklärt, dass die Vorlesung eigentlich überflüssig ist, wenn man das Skript liest und sich ein wenig mit Fachbüchern vertraut macht. Letztendlich bringt die Vorlesung also keinen zusätzlichen Nutzen.
Es wird daher auch niemanden wundern, dass nach einigen Wochen kaum noch mehr Studenten zu seiner Vorlesung gegangen sind. Die meisten hatten kein Interesse mehr daran, da der Inhalt sehr gut in den Skripten wiedergegeben war. Und wenn der Professor selbst noch betont, dass die Vorlesung nichts bringt, kann man sich denken, wie hoch da noch die Motivation ist, die Vorlesung zu besuchen.
Würdet ihr eine Vorlesung besuchen, wenn der Professor selbst zugegeben hat, dass diese einem nicht besonders viel nutzen wird und man stattdessen auch zu Hause bleiben kann? Ist es schlau von einem Professor sowas zuzugeben, zumal er damit auch betont, dass seine Vorlesung qualitativ nicht sehr gut ist?
Wenn man es genau nimmt kann man doch jede Vorlesung als überflüssig ansehen, wenn man den Ehrgeiz hat, sich autodidaktisch alles selbst anzueignen. Ein Bekannter von mir hat auch einige Vorlesungen in seinem Studiengang nicht besucht, warum weiß ich nicht. Er hat sich alles selbst beigebracht und angeeignet und trotzdem bestanden. Ich finde, dass Vorlesungen teilweise überschätzt werden. Wenn man fleißig genug ist, braucht man die nicht.
Vorlesungen sind, bis auf wenige Ausnahmen, eben deshalb keine Pflichtveranstaltungen bei uns, weil man das Wissen auch in Eigenverantwortung aus einem Lehrbuch beziehen kann. Ob einem das eine oder das andere Konzept zum Lernen besser gefällt, entscheidet im Verlauf des Studiums sowieso irgendwann jeder für sich. Diese Freistellung finde ich auch gut. Trotzdem habe ich einige Vorlesungen gerne bis zum Schluss besucht, weil der Professor sehr kompetent war und sein Wissen gut vermitteln konnte.
Darüber, ob es klug ist, eine Vorlesung gleich zu Beginn als überflüssig darzustellen, lässt sich streiten. Viele Studenten werden einen Kommentar wie diesen dankbar als Grund dafür nutzen, der Veranstaltung fernzubleiben, andere wiederum finden es vielleicht sympathisch, dass der Lehrbeauftragte seine Vorlesung nicht todernst nimmt. Und nur, weil ein Professor zugibt, dass der Besuch der Vorlesung nicht zwingend erforderlich ist, heißt dies ja nicht, dass er die Qualität seiner Lehre automatisch abwertet.
Viel schlimmer finde ich es, wenn ein Dozent rigoros darauf beharrt, dass seine Vorlesung zum Bestehen der Klausur essentiell ist, zum Beispiel indem er Spezialfragen zu Vorlesungsinhalten stellt, die man in einem gewöhnlichen Standardwerk nicht so einfach findet. Wenn mir der Stil seiner Lehre nun mal nicht gefällt oder ich ihm einfach nicht gut zuhören kann, dann verschwende ich in der Vorlesung meine Zeit und hätte zuhause den gleichen Stoff sehr viel effektiver alleine durchgehen können. Dass Klausurergebnisse als Druckmittel genutzt werden, um die Anzahl der Besucher einer Vorlesung zu steigern, finde ich schon ziemlich lächerlich.
Ich finde, dass viele Vorlesung allgemein total überflüssig sind, weil es oftmals einfach so ist, dass ein Dozent einfach nur alle Folien einfach abliest, ohne etwas dazu zu sagen. Oft werden die ganzen Folien einfach nur komplett vorgelesen, ohne den Wortlaut zu verändern oder auch noch etwas anderes dazu zu sagen. Wenn man merkt, dass es jede Vorlesung gleich abläuft, dann kann man es sich tatsächlich sparen, da hinzugehen. Durchlesen kann man sich die Folien schließlich genauso gut zu Hause selbst.
Wenn der Professor eben auch noch zugeben würde, dass die Vorlesungen total umsonst und unnötig sind, dann würde mich das ehrlich gesagt schon dazu anspornen, öfter zu fehlen. Ich bin ohnehin jemand, der viel besser lernen kann, wenn er allein ist. Von daher würde mir das Ganze schon sehr zugute kommen und ich würde den Stoff auch regelmäßig selbst aufholen.
Ich finde es aber schon merkwürdig, wenn man so etwas als Professor sagt. Wenn man selbst bemerkt, dass die Vorlesung unnötig ist, dann sollte das doch eigentlich ein Ansporn sein, etwas an der Vorlesung oder an den Unterlagen zu ändern, wie ich finde. Er sollte dann eben noch zusätzliche Informationen liefern und nicht alles eins zu eins ablesen. So wären auch mehr Studenten in der Vorlesung.
Ob ich da in die Vorlesungen gehen würde oder nicht würde aber auch darauf ankommen, wann sie denn in meinem Stundenplan liegen würden. Wenn es sich um die ersten oder letzten Stunden handeln würde, würde ich tatsächlich lieber zu Hause bleiben, beziehungsweise nach Hause gehen. Wäre die Vorlesung mittendrin, könnte ich ja gar nicht nach Hause gehen und da könnte ich eben auch genauso gut in die Vorlesung gehen, was ich auch machen würde. Das wäre auch besser für mein Gewissen.
Es kommt eindeutig auf die Vorlesung an wie ich finde. Ich hatte schon die klassische "Vorlesung", wo tatsächlich wortwörtlich vorgelesen worden ist, was auf den Folien steht. Das hat mir persönlich auch nicht wirklich was gebracht. Ich hatte aber auch Professoren, die die Vorlesung eher interaktiv gestaltet haben und die die Inhalte dann mit dem ganzen Plenum diskutiert haben und die Studenten gezielt mit einbezogen haben. Da war der Lerneffekt entsprechend größer und ich bin sehr gerne damals zu diesen Vorlesungen gegangen, auch wenn ich mir theoretisch selbst alles hätte aneignen können.
Ich finde das eigentlich ganz fair. So scheinen die Studenten alles Wichtige zu haben und können selber entscheiden, was sie damit machen. Wenn da wirklich nur das vorgelesen wird, muss man dann ja auch nicht mehr kommen. Sollte es aber eine Art Test sein, dann wird es für die Studenten schwierig, die nicht kommen. Es kann ja sein, dass er dann zusätzlich noch Themen bespricht, die man dann eben nicht gehört hat oder Beispiele nennt, die er dann gerne genannt bekommen möchte, wenn es so weit ist.
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