Als Frau wegen Karriere auf Schminken verzichten?
Ich bin kürzlich über die Aussage gestolpert, dass sich ja nur die Frauen schminken würden, die keinen Wert auf Karriere legen würden. Denn wenn frau echte Karriereambitionen hätte, dann hätte sie gar keine Zeit und gar kein Interesse für Schminke und solche Sachen. Ich finde die These schon ganz interessant, finde aber nicht, dass man das pauschalisieren kann.
Wenn ich so an meine Studienzeit zurückdenke, dann haben sich die wenigsten Dozentinnen und Doktorandinnen wirklich geschminkt. Mir fällt spontan nur eine Dozentin ein, die sich regelmäßig geschminkt und auch die Haare gefärbt hat, alle anderen haben eher Wert auf Effizienz gelegt. Das muss aber nichts heißen, meine "Stichprobe" ist bestimmt nicht repräsentativ.
Wie seht ihr das? Würdet ihr einer Frau, die sich nicht schminkt, automatisch Karrieregeilheit unterstellen oder hat das gar nichts miteinander zu tun? Welche Beobachtungen und Erfahrungen habt ihr in dieser Hinsicht gemacht? Hängt das möglicherweise sogar von der Branche ab, weil man mancherorts ohne Schminke vielleicht als ungepflegt wirkt?
Was soll denn nun das eine mit dem anderen zu tun haben? Dann ist Merkel aus Versehen Bundeskanzlerin geworden? Seit die mehr in der Öffentlichkeit steht, ist bei Frisur und dekorativer Kosmetik bei ihr viel passiert. Christine Lagarde hätte ohne die Haare, die Kleidung und die Farbe im Gesicht mehr Zeit. Vom haarigen Helm von Margaret Thatcher nebst Grundierung, Rouge, Lippenstift und Lidstrich reden wir besser gar nicht erst. Wer glaubt, dass diesen Frauen Karriere nicht wichtig ist, der wartet auch auf den Weihnachtsmann.
Normalerweise wird man als Frau ab einer gewissen Position zu gewissen Konventionen gezwungen. Da muss man, das gilt übrigens auch für Männer, gepflegt und wach erscheinen. Das kommen Frauen mit Kriegsbemalung eben leicht hin. Ohne Augenringe, Pickel und Rötungen wirkt man halt gesund und seiner Aufgabe gewachsen. Tritt man dagegen als Waldschrat auf, ist man entweder verschrobener Fachidiot oder überfordert.
Wie Cooper sehe ich die Sache eigentlich genau andersherum. Wenn Frau tatsächlich Karriere machen möchte, gerade wenn die Augen der Öffentlichkeit auf sie gerichtet sind, wie etwa in der Politik oder auch im Showbusiness, gehört Makeup ebenso wie die den Konventionen entsprechende Kleidung und Frisur nach wie vor ganz selbstverständlich dazu. Wenn man nicht gerade Bock darauf hat, noch mehr Widerstände und Anfeindungen zu überwinden als geschlechtsbedingt sowieso schon bzw. im künstlerischen Bereich seine ganz eigene Nische besetzt hält. Aber im Regelfall bedeutet Karriere eben auch, zu wissen, wann man nach den Regeln spielen muss und wann besser nicht.
Und wie auch schon erwähnt hat Makeup durchaus seine Vorzüge. Nicht umsonst werden SchauspielerInnen unabhängig vom Geschlecht geschminkt und auch "seriöse" Politiker achten darauf, im Licht der Öffentlichkeit nicht auszusehen wie nach einer durchzechten Nacht oder wie ein Teenie mit Akne. Da gilt es zumindest gepflegt und "zurecht gemacht" auszusehen, damit sich niemand fragt, wie diese Person eine Abteilung, einen Konzern oder ein Land leiten soll, wenn sie es nicht mal schafft, ihr Äußeres halbwegs aufzupolieren.
Aus persönlicher Erfahrung heraus würde mir auch noch einfallen, dass anscheinend viele Männer "geschminkt" und "ungeschminkt" gar nicht auseinanderhalten können. Für die bedeutet "Makeup" so viel wie "in den Farbtopf gefallen", und dezenter Puder, Lidstrich, Wimperntusche und etwas Rouge registrieren gar nicht als geschminkt, sondern als Minimum an Pflege.
Ich frage mich gerade, wie du "Schminken" definierst. Wenn du damit schrilles Make-up und lange Plastiknägel meinst dann gibt es natürlich Branchen, in denen so ein Look eher nicht zum konservativen Dresscode passt.
Auf der anderen Seite gibt es aber wahrscheinlich wenig Branchen, zu denen es nicht passt, wenn Frau eine dezente Creme auflegt um eine gleichmäßigere Gesichtsfarbe zu haben, sich die Wimpern tuscht oder die Nägel ordentlich manikürt hat.
Das sind alles Sachen, die in der heutigen Zeit doch mehr oder weniger dazu gehören wenn man gepflegt aussehen will. Und du glaubst nicht wirklich, dass eine Frau, die einen eher ungepflegten Eindruck macht, wirklich bessere Karrierechancen hat, oder?
Täubchen hat geschrieben:Mir fällt spontan nur eine Dozentin ein, die sich regelmäßig geschminkt und auch die Haare gefärbt hat, alle anderen haben eher Wert auf Effizienz gelegt. Das muss aber nichts heißen, meine "Stichprobe" ist bestimmt nicht repräsentativ.
Ich denke, dass das meiste schon gesagt wurde und schließe mich der Meinung der Mehrheit an. Allerdings frage ich mich trotzdem, was du mit dieser Aussage meinst. Inwiefern ist eine geschminkte und aufgehübschte Frau weniger effizient? Wenn man sich zurechtmacht hat man doch kein Handicap oder so. Wir wissen doch ohnehin nichts über die Morgenroutine dieser Dame.
Vielleicht ist gerade dieses Denken der Grund dafür warum sich manche Frauen ganz bewusst nicht schminken. Denn den ungeschminkten Damen wurde gleich die positive Eigenschaft der Effizienz zugesprochen, der einen Frau die sich schminkte wurde diese Eigenschaft sogleich abgesprochen. Zumindest liest es sich so. Tatsächlich kenne ich beides. Frauen die sehr auf ihre Karriere fokussiert sind und wenig Wert auf Äußerlichkeiten legen und auch diese die Karriere machen und gerade deswegen sehr auf ihr Äußeres achten. Vermutlich kommt es auch ganz darauf an in welcher Branche man arbeitet.
Denn leider ist es in vielen Branchen oder wohl generell in unserer Gesellschaft so das man weniger ernst genommen wird je mehr „aufgetakelter“ man ist. Gerade Männer nehmen eine gestylte Frau weniger ernst, aber auch bei Frauen habe ich diese Verhaltensweise schon erlebt. Ich weiß noch nicht einmal woran es liegt, aber irgendeinen psychologischen Grund wird das Ganze schon haben. Zum Beispiel gibt es Studien dazu das Frauen mit geschlossenen Harren, also zum Beispiel mit einem Zopf oder einer Hochsteckfrisur, ernster genommen werden als wenn Sie Ihre Haare offen tragen. Vermutlich liegt es daran das Sie dadurch den Männern ähnlicher werden und somit eher in die „Gruppe“ aufgenommen werde. Aber dies ist nur eine Theorie meinerseits.
Aus Zeitgründen braucht man aufs Schminken nicht zu verzichten. Das dauert doch nur ein paar Minuten, wenn überhaupt. Das kann kein Argument sein. Vielleicht war es anno dazumal so, dass geschminkten Frauen, was auch immer, unterstellt wurde und eine Frau männlich wirken musste, um Karriere zu machen. Das ist doch schon lange nicht mehr so. Es gibt viele sehr weiblich wirkende Frauen, die Karriere machen, wie etwa Sawsan Chebli, Manuela Schwesig oder Mai Thi Nguyen-Kim. Bei Bewerbungsgesprächen sollte man sich vielleicht nicht zu stark schminken, aber auch als Mann sollte man ja im Outfit auch nicht übertreiben. Aber wenn man einmal "drin", kann ich mir nicht vorstellen, dass selbst stark geschminkte Frauen Nachteile haben - vermute ich zumindest.
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