Als Ex-Jugendstraftäter als Streetworker arbeiten

vom 28.01.2015, 13:59 Uhr

Der Sohn einer Bekannten ist mittlerweile 25 Jahre alt und hat noch nie eine richtige Perspektive im Leben gehabt. Er wurde schon früh straffällig und hat auch schon ein paar Wochen Jugendarrest hinter sich. Er hat dann auch zwei Jahre auf der Straße gelebt und ist so auf den Berufswunsch "Streetworker" gekommen. Er hat dann bei einem Streetworker angefragt und der hat ihn dann mitgenommen zu seinen Schützlingen auf der Straße.

Eigentlich dachte ich immer, dass man eine sozialpsychologische Ausbildung oder eine sozialpädagogische Ausbildung haben muss. Aber der junge Mann arbeitet nun bei der Stadt als Streetworker ohne Ausbildung und nur auf Empfehlung des Streetworkers. Er ist somit von der Straße und verdient Geld.

Aber ist es üblich, dass man so zu einem Job als Streetworker kommt? Ist es nicht komisch, dass ein Ex-Jugendstraftäter so einen Job bekommt? Muss man denn dafür doch keine Ausbildung haben?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ich bin studierte sozial Pädagogin und habe ebenfalls viele Jahre als Streetworkerin gearbeitet. Im Regelfall ist es so, da hast Du recht, dass wir ein Studium in sozial Pädagogik beenden müssen. Danach ist es jedoch auch nicht immer gleich so, dass wir sofort als Streetworker auf die Menschheit losgelassen werden. Denn während des Studiums ist es möglich, schon mit einem erfahrenen Streetworker auf die "Piste" zu gehen, um das Leben zu lernen, den rauen Umgangston & Co.

Doch es gibt eben auch Ausnahmen, wie Dein Fall zeigt. Dies ist keine Seltenheit und es sind auch Menschen mit 28 bis 35 Jahren bereits als Quereinsteiger in diesem Beruf gerutscht. Dies setzt jedoch meist voraus, dass man mit einem erfahrenen Streetworker unterwegs ist. Dies kann schnell oder länger dauern, je nachdem wie viel Vertrauen der Schützling genießt.

Nach einiger Zeit ist es dann letzten Endes so, dass der Streetworker Anwärter ohne Studium dann zwischenzeitlich auch alleine arbeiten muss, ehe er letzten Endes wirklich als Streetworker arbeiten kann. Jede Kommune und jeder Streetworker agiert hier jedoch anders.

Wer die richtigen Hebel setzt und die guten Kontakte pflegt, der kann auch in wenigen Monaten/Jahren ganz ohne Studium in die Streetworker Gemeinde einsteigen. Klingt komisch, ist aber so. Ein Studium ist normalerweise für den direkten Einstieg vom Vorteil, aber es gibt eben Menschen, die sich durch erlebtes für den Job besser auszeichnen als jeder gut betuchte Student, wenn Du verstehst, wie ich das meine.

Eine Freundin von mir ist durch ihre Therapie auf diese Idee gekommen, dass sie Streetworkerin werden möchte. Sie ist in einem Rotlichtmilieu mit allem was dazugehört aufgewachsen, Schlägereien, Bedrohungen, Drogen, Prostitution, Ausstieg usw. All das macht sie nicht zu einem besseren Streetworker, doch sie spricht aus eigenen Erfahrungen und kann da schon etwas besser als "Muttis Liebling - dem nie was böses zu Leide kam" agieren. Sowas lieben wir in der Szene und das schenkt in jedem Bereich mehr vertrauen, als wenn XY kommt und nur sozial Pädagogik studiert hat und nach Floskeln agiert.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


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