Als Eltern wollen, dass es die Kinder später besser haben?
Meine Eltern haben vor allem während meiner Kindheit immer wieder erwähnt, dass sie unbedingt wollen, dass ich es später besser haben würde, als sie damals oder auch jetzt. Meinen Eltern ging es finanziell nie richtig schlecht, allerdings mussten sie schon oft zurückstecken, wenn es um einige Dinge geht. Allerdings könnten sie sich viele Dinge wiederum auch ermöglichen, wenn sie es nur wollen würden.
Ich denke aber, dass es der Anspruch vieler Eltern ist, dass die Kinder es später besser haben sollen als sie nun. Haben eure Eltern das auch gesagt oder sagt ihr das selbst auch zu euren Kindern? Was versteht ihr unter "besser" und was haben eure Eltern selbst genau darunter verstanden? Hat sich das tatsächlich auch so bewahrheitet bei euch?
Was "besser" ist liegt doch einfach an den Umständen selbst. Mein Vater zum Beispiel hatte nicht viele Möglichkeiten bei der Berufswahl und hat von zwei ihm angebotenen Alternativen das kleinste Übel gewählt. Er ist Handwerker und sein Beruf ist körperlich sehr anstrengend. Er hatte immer den Wunsch, dass seine Kinder einen Beruf erlernen, der körperlich nicht so anstrengend ist und man den gewählten Beruf theoretisch auch bis zur Rente ausüben könnte. Er hat das auch immer vermittelt.
Ob ich jedoch eine Ausbildung oder ein Studium absolviere, war ihm egal. Er ist da eher der unterstützende Typ und hat sich nicht in die Berufswahl eingemischt und in eine Richtung gedrängt, die man nicht unbedingt haben wollte. Er ließ da sehr viel Freiraum zur Selbstentfaltung.
Meine Eltern standen finanziell nie schlecht da, daher habe ich solche Sätze nicht gehört oder auch nicht erlebt, dass sie da etwas für mich wollten. Ich denke, dass es ganz gut ist, wenn man seinem Kind etwas gönnt. Bei meinen Kindern möchte ich es auch, dass sie es besser haben als ich, aber auch nicht finanziell, sondern emotional. Ich möchte, dass sie keine Angst vor mir haben, sich geliebt fühlen und auch zu dem stehen, was sie empfinden und wenn das so sein sollte, dann habe ich erreicht, was ich erreichen wollte.
Ich denke mal, dass das Eltern so an sich haben, dass sie nur das "beste" für ihr Kind wollen. Jeder möchte, dass es sein Kind mal besser hat. Wobei wir oft vergessen, dass es da gar nicht mehr so viel Spielraum nach oben gibt, da es uns eigentlich wirklich schon ziemlich gut geht. Wir haben genug zu Essen, saubere Kleidung und ein Dach über den Kopf. Das ist schon mehr als ein Großteil der Weltbevölkerung. Aus diesem Grund ist "besser" ein relativer Begriff. Vielleicht wäre es günstiger Mal an dem Punkt der Zufriedenheit anzusetzen. Nicht immer mehr und mehr haben zu wollen, sondern einfach das was man hat zu schätzen zu wissen und damit zufrieden zu sein.
Wenn es darum geht, dass die junge Generation es "besser" haben soll, haben die letzten Generationen (die meinige mit eingeschlossen) wohl gründlich versagt. Die Umwelt ist am Abkacken, ein paar wenige Privilegierte zocken den Rest der Welt nach Strich und Faden ab und die Zeiten sind auch vorbei, als ein "einfacher Arbeiter" wie mein Vater eine Familie ernähren und sich zumindest ein kleines Eigenheim leisten konnte und sogar eine recht ordentliche Rente bekommt. Während die erwachsenen "Kinder" der Altersarmut in einer kaputten Umwelt ins Auge blicken. Für mich sind das alles nur inhaltsleere Phrasen.
Außerdem ist mir auch aufgefallen, dass viele Eltern die Bemühungen ihrer Kinder, es mal "besser" zu machen und zu haben, schlichtweg sabotieren. Die Kinder sollen es nicht "besser" haben, sondern genauso wie ihre Eltern. Dass es für das individuelle Kind besser sein könnte, beispielsweise in einer Großstadt als Künstler ein selbst bestimmtes Leben mit schmalem Geldbeutel, aber voller Abenteuer zu führen, kommt den Altvorderen nicht in den Sinn. Selber vegetieren sie seit Jahrzehnten in einer lieblosen Zweckgemeinschaft in einem gesichtslosen Vorort mit todlangweiligem Job dahin, aber wenn Sohnemann oder Töchterlein vor einem ähnlichen Schicksal zurückschrecken, ist es auch wieder nicht recht.
Derartige schwülstige Sprüche konnte ich mir eine Kindheit und Jugend lang sehr gut verkneifen. Meine Tochter hatte das Glück, ohne derartige Worthülsen aufzuwachsen. Jeder Mensch soll glücklich werden, aber bitteschön nach seiner Fasson. Das wusste schon der alte Fritz und der hat ja bekanntermaßen Toleranz nicht in die Wiege gelegt bekommen. Aber er war ein lebenskluger Mensch.
Du sollst es einmal besser haben, klingt für mich schon sehr nach Einpeitscherei und Dressur. Sorry Kind, ich muss dich quälen. Aber doch nur, dass du es mal besser hast als ich. Wie stünde ich denn da, gäbe ich zu, dass es mir nicht gut ginge und andere sich bemühen sollten, dass es ihnen mal besser ginge?! Für mich ein unmöglicher Zustand.
Inzwischen ist das Kind erwachsen, hat eine sichere und gut bezahlte Anstellung und ebensolchen Partner. Trotz Schweigen meinerseits eine ganze Kindheit und Jugend lang, hat sie es geschafft, dass es ihr heute tatsächlich besser geht, als mir. Das macht mich wirklich glücklich und zufrieden. Denn ich will schon, dass es ihr gut geht. Ginge es ihr aber nicht gut, wäre sie doch trotzdem mein Kind, welches ich über alles liebe, völlig ohne Anspruch, was aus ihr wurde (Massenmörderin oder andere Hochkrimininelle mal ausgenommen).
Ja, das haben Eltern in der Regel einfach gemeinsam: sie wollen nur das Beste für ihre Kinder. Sie wünschen sich dass ihre Kinder später in der Zukunft finanziell gut abgesichert sind, dass sie eine sichere Wohnung haben und so weiter. Das ist auch ganz natürlich, haben sie ihre Kinder doch von klein auf großgezogen.
Häufig gibt es zwischen der Wünsche der Eltern für ihre Kinder und den Wünschen der Kinder selbst Differenzen, was ja auch vollkommen normal ist, schließlich möchten Kinder auch gerne ihr eigenes Leben leben. Dies könnte sich beispielsweise auf das Thema Beruf beziehen: Mutter und Vater möchten, dass ihr Kind Jura studiert, das Kind selbst möchte jedoch eigentlich Erzieher*in werden. In solchen fällen ergeben sich oft Diskussionen, die aber völlig normal sind.
Meine Eltern haben solche Sprüche nie von sich gegeben. Allerdings wurde, als ich alt genug war es zu verstehen, in gemeinsamen Gesprächen erklärt, was sie in ihrer Kindheit als unschön empfanden. Und ja, sie haben es bei mir besser gemacht, als sie es selbst erlebt haben. Mir ging es gut, ich konnte viele Entscheidungen schon sehr früh allein treffen und meine Eltern haben es akzeptiert.
Sie haben mir auch sehr viel ermöglicht, was finanziell recht kostspielig war. Dafür haben sie auch Entscheidungen getroffen, welche ich als negativ für mich empfunden habe. Denn ich war als Kind gerade an Feiertagen, wie Ostern oder Weihnachten alleine zu Hause, weil meine Eltern arbeiten mussten. Es ist auch für ein Kind nicht toll, wenn die Geburtstagsfeier ohne die Eltern stattfindet.
Das sind dann Dinge, die ich wieder bei meinen Kindern anders gemacht habe. Zum Geburtstag habe ich bis vor vier Jahren nie gearbeitet. Sie sollten einfach einen schönen Tag erleben und nicht alleine zu Hause sitzen nach der Schule. Auch habe ich lieber auf Einkommen verzichtet, indem ich hier und da Aufträge einfach nicht angenommen habe, um mehr Zeit für meine Kinder zu haben. Dafür habe ich dann lieber bei meinen eigenen Wünschen entsprechende Abstriche gemacht.
Was das Leben an sich angeht, so ist das eher ein Einstellungssache, was man als besser empfindet. Wem nutzt es denn, wenn man das Kind durch Abitur prügelt, damit es dann ja etwas studiert, was viel Geld bringt, wenn es darauf so gar keine Lust hat? Meine Eltern haben mir da freie Wahl gelassen und so habe ich das mit meinen Kindern auch gemacht. Es gab Ratschläge, aber keine Vorschriften. Denn sie entscheiden dabei über ihre Zukunft.
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