Als Chef Überforderung der Mitarbeiter nicht sehen wollen?
Wir haben seit einiger Zeit eine neue Chefin auf Arbeit, wobei diese immer noch damit beschäftigt ist alles umzustrukturieren und ihren eigenen Stempel aufzudrücken. Das finde ich völlig legitim, allerdings stößt mein Verständnis auch auf Grenzen. So sind die Gelder zwar ausreichend vorhanden, sie ist aber dennoch dagegen, weiteres Personal zur Entlastung einzustellen. Stattdessen wird nur Personal eingestellt, das Aufgaben übernimmt, die gar nicht so dringend sind.
Das Sekretariat ist zur Zeit völlig überlastet. Eine Kollegin A arbeitet Vollzeit, muss aber 200 Prozent arbeiten, da sie noch eine Kollegin vom Aufgabenbereich her ersetzen muss, die im Juli gegangen ist. Ende des Jahres wird eine weitere Kollegin aus dem Sekretariat (50 Prozent-Stelle) gehen, sodass A dann 250 Prozent leisten muss. Die ist jetzt schon völlig fertig und überlastet. Die Chefin sieht aber nicht ein, dass A irgendwie Unterstützung braucht und lässt auch niemanden A zuarbeiten.
Da sind dann noch ein paar Kollegen, die überlastet sind und durchaus Hilfe von beispielsweise Werkstudenten gebrauchen könnten, was die Chefin aber als unnötig ansieht - auch wenn das Geld wie gesagt vorhanden ist. Ich denke, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis einer nach dem anderen wegen Burnout ausfällt oder sich etwas anderes suchen wird. Könnt ihr nachvollziehen, dass ein Chef die Überforderung der Mitarbeiter so gar nicht sehen möchte und auch so gar nicht auf konstruktive Kritik reagiert? Interessanterweise hört die Chefin nicht mal auf den Stellvertreter und weiß alles besser.
Wenn man von mehreren Seiten Kritik bekommt, dann schaltet man vielleicht auf stur und nimmt sich die Ratschläge oder Warnungen nicht an. Vielleicht muss eben erst einmal etwas passieren, bevor die Chefin wirklich einsieht, dass da mehr Mitarbeiter benötigt werden.
Bei meinem vorhergehenden Job war es auch so, dass mir zu viel aufgehalst wurde und es wollte auch keiner hören, wenn ich ich darüber beschwert habe. Dann habe ich es entweder nur halbherzig gemacht, etwa dass Konzepte schreiben sollte und dafür hatte ich keine Zeit, da habe ich halt was von anderen Webseiten abkopiert und minimal umgeschrieben oder ich habe es einfach nicht gemacht.
Beispielsweise war es damals meine Aufgabe, mich um eine Art Firmenblatt zu kümmern, was ausgehängt wird und dafür waren mehrere Teilaufgaben zu bewältigen, Abstimmungen usw., was ich einfach nicht zeitlich noch geschafft habe und da habe ich es sein lassen. Das gab zwar mehrfach Ermahnungen, aber irgendwann hatte man es kapiert und mich damit in Ruhe gelassen.
Ich kenne es eigentlich auch nicht anders, als dass die Arbeitsbelastung der MitarbeiterInnen uninteressant ist, solange die Arbeit irgendwie gemacht wird. Ob dafür jemand 200 Prozent geben müsste und sich entsprechend langfristig aufreibt, weil das niemand auf Dauer hinbekommt oder ob viele Aufgaben unzureichend oder halbherzig erledigt werden, weil die Mitarbeiter ihren Selbstschutz in den Vordergrund stellen, interessiert meiner Erfahrung nach nicht.
Deswegen bin ich auch auf den "Selbstschutz" umgestiegen, als meine Mini-Abteilung von 3,5 auf 1,5 Stellen zusammengekürzt wurde, und zwar bei gleichbleibender Arbeitslast. Meine letzte verbliebene Kollegin sorgen zwar nach wie vor brav dafür, dass der Laden läuft, aber der Service und Umfang der Leistungen, die ursprünglich vorgesehen waren, ist natürlich erheblich geschrumpft und etliches bleibt auch liegen oder wird, wie Zitronengras schon beschreibt, halbherzig gemacht, weil sonst keine Zeit mehr für die Hauptaufgaben bleibt.
Feuern können sie uns schließlich nicht, weil es allmählich schwierig wird, ohne Personal wieder jemanden einzuarbeiten, der das Chaos natürlich erst einmal vergrößert und noch mehr Arbeit macht, bevor sich die Wogen wieder glätten. Es reißt sich auch nicht mehr jeder um eine Stelle, bei der offensichtlich ist, dass die Arbeit locker für zwei reicht. Von daher bin ich selber zu dem Entschluss gereift, dass es mir auch egal sein kann, ob und wie die Arbeit gemacht wird, wenn es der Chefetage so offensichtlich egal ist, ob ich 75, 100 oder 200 Prozent zu geben versuche.
Ich finde es auch immer schade, aber ich kann mir auch vorstellen, dass es vielfach so ist, dass dann keine neuen Leute eingestellt werden, wenn es doch schon irgendwie läuft. Dass das teilweise auch bedeutet, dass die Leute sich für die Arbeit aufreiben und komplett überlastet sind, das sehen einige Chefs dann wohl einfach nicht.
Ich denke auch, dass man nicht viel machen kann, wenn die Chefin schon auf den Stellvertreter nicht hört und auch auf Kritik, die von anderen Stellen geäußert wird. Das ist natürlich sehr schade, aber ich muss sagen, dass ich in dem Moment auch nur noch das nötigste machen würde, was eben geht. Es nützt ja auch nichts, wenn man dann auch noch mit Burnout ausfällt oder so.
Wobei das vielleicht auch etwas bringen würde, dass die Chefin es mal merkt, was sie den Angestellten antut. Wenn dann die einzig verbliebene Kraft ausfällt, dann wird es mit dem Einarbeiten neuer Kräfte natürlich noch einmal sehr viel schwerer.
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