Als Arzt entscheiden können Amokläufer zu behandeln?

vom 30.11.2017, 20:04 Uhr

In einer Krankenhausserie gab es den Fall, dass dort ein Amokläufer eingeliefert wurde und auch einige Opfer, auf die er geschossen hatte. Der Täter selbst wurde durch eine Kugel der Polizei verletzt. Im OP kam dann heraus, dass es sich um die Täter handelte und ein paar der anwesenden Ärzte weigerten sich dann, diesen zu behandeln, da noch Opfer darauf warteten versorgt zu werden und sie nicht einsahen, dass der Täte da Vorrang haben sollte.

Ich weiß, dass es nur gespielt ist, daher kann ich mir nicht vorstellen, dass so etwas in einem Krankenhaus wirklich vorkommt. Immerhin leisten Ärzte doch einen Eid, dass sie jeden Menschen behandeln und versuchen dessen Leben zu retten oder nicht? Da es wohl ein amerikanisches Krankenhaus ist, weiß ich nicht, wie es da läuft, aber ich denke doch nicht viel anders oder? Kann man sich als Arzt dazu entschließen einen Amokläufer nicht behandeln zu wollen ohne Konsequenzen befürchten zu müssen?

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



In Deutschland leisten Ärzte weder automatisch den Hippokratischen Eid, noch legen sie das Genfer Gelöbnis ab. Letzteres dient allerdings durchaus als Basis für medizinische Entscheidungen und an der Formulierung arbeiten auch immer mal Gruppen der Bundesärztekammer mit. Nur kann man eben nicht sagen, dass in Deutschland jeder Arzt einen Eid leistet und deshalb an bestimmte Regeln gebunden ist, die außerhalb der normalen Gesetzgebung liegen.

Prinzipiell hat der Patient freie Arztwahl und der Arzt hat freie Patientenwahl. Allerdings werden diese Rechte durch weitere Regeln eingeschränkt. Ein Privatarzt muss\darf keine Kassenpatienten behandeln, außer sie bezahlen selbst und er kann sich aussuchen, wen er behandeln möchte. Kassenärzte sind dagegen vertraglich verpflichtet, Kassenpatienten zu behandeln, sofern sie einen Termin frei haben.

Abbrechen können sie eine Behandlung nur unter der Bedingung, dass das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört ist. Das wäre der Fall, wenn die Behandlung unmöglich ist, weil man sich nicht an die Anweisungen hält. Oder wenn der Patient rechtswidrige Handlungen fordert wie Sterbehilfe oder Abrechnungsbetrug. Wer seinen Arzt ständig belästigt, hat auch schlechte Karten.

Im Gegenzug muss jeder Arzt im Notfall handeln. Da gilt ganz normal der Straftatbestand der unterlassenen Hilfeleistung. Nur weil jemand schuldig ist oder erscheint, darf man den nicht unbehandelt oder sterben lassen. Man darf auch keinen Kassenpatienten mit Herzinfarkt auf der Schwelle der Privatklinik liegen lassen und den Rettungsdienst rufen.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Cooper hat in dieser Hinsicht ja schon eine sehr ausführliche Antwort gegeben. Daher möchte ich eher Ergänzungen anführen und keine Wiederholungen. Meiner Ansicht nach sollte man von dem Gedanken der Selbstjustiz komplett wegkommen, besonders als Arzt. Ein Arzt sollte nur das tun, wofür er bezahlt wird und das ist eben, den Patienten zu helfen, wieder gesund zu werden. Die Justiz kann sich hinterher immer noch um Kriminelle und Amokläufer kümmern und ihnen dann die gerechte Strafe zuführen.

Ein Arzt hat aber meiner Ansicht nach nicht die Kompetenz zu entscheiden, wer Hilfe bekommen "darf" und wer überleben "darf" und wer nicht. Dass ein Arzt nicht jeden retten kann, sollte klar sein, schließlich sind Ärzte auch nur Menschen. Aber Selbstjustiz ist der falsche Weg und ein Mensch, der andere für Verbrechen verurteilt und dann aber durch unterlassene Hilfeleistung den Tod anderer Menschen herbei führt ist doch moralisch gesehen kein Stück besser.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



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